Navigation auf uzh.ch
Am Schluss der Podiumsdiskussion blieben die Kontrahenten bei ihren Meinungen: Auf der einen Seite bekräftigte Ernst Fehr, Professor für Mikroökonomie und Experimentelle Wirtschaftsforschung am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Zürich, die Bedeutung von Spenden für die Universität und verneinte jegliche Einflussnahme der Grossbank UBS auf Forschung und Lehre.
Auf der anderen Seite hielt auch die Studentenvertreterin Michelle Jatuff Mathis an ihrem Standpunkt fest und wertete die Geldspende als bedenklichen Schritt hin zu einer schleichenden Privatisierung der Universität. Zusammen mit Kathy Riklin, Mitglied des Universitätsrates und Annette Hug, Zentralsekretärin des vpod, hatten die Podiumsteilnehmerinnen und -Teilnehmer gute anderthalb Stunden über das kontroverse Thema Sponsoring und Drittmittel diskutiert.
Unter der umsichtigen Leitung von Barbara Bleisch, Mitarbeiterin des UFSP Ethik und von Fernsehen SRF, standen vor allem die Themen Unabhängigkeit der Universität und das Verhältnis von privater zu staatlicher Finanzierung zur Diskussion. Die Podiumsdiskussion war Schlusspunkt der Ringvorlesung über finanzielle Zuwendungen Dritter an Universitäten, die Peter Schaber, Professor für Ethik und Leiter der Ethikkommission der UZH, organisiert hatte.
Ausgangspunkt der Diskussion im Hauptgebäude am Dienstagabend war die Spende von 100 Millionen Franken der UBS im Frühling 2012 an das mit der UZH verbundene International Center of Economics in Society, das Ernst Fehr leitet. Der Wirtschaftsprofessor machte deutlich, dass der Vertrag vorbildlich sei und keine Eingriffe von Seiten der Bank erlauben würde: «Die UBS nimmt weder Einfluss auf die Auswahl der Professoren noch auf Forschung oder Lehre.»
Dem widersprachen hingegen die Kritikerinnen. Michelle Jatuff Mathis meinte, dass eine Beeinflussung stattfinde. Und Annette Hug erklärte dazu: «Die Wechselwirkungen sind subtil und indirekt.» Firmenspitzen nähmen «im gemeinsamen Milieu» Einfluss auf Fragestellungen. Ernst Fehr hingegen schloss dies aus und verwies dazu auf die erst vor kurzem unter seiner Leitung erschienene Studie über das unehrliche Verhalten von Bankern. Dies sei die einzige kritische Bankstudie weit und breit. «Ich lasse mir von niemandem den Mund verbieten», sagte Fehr.
Einig waren sich die Podiumsteilnehmerinnen, dass Hochschulen einen grossen und steigenden Finanzierungsbedarf haben. Uneinigkeit herrschte darüber, ob Gelder von Firmen und Sponsoren das richtige Mittel zur Deckung des steigenden Finanzbedarfs sind. Michelle Mathis Jatuff sieht in diesen Drittmitteln einen gefährlichen Trend hin zur Privatisierung von Universitäten. «Der Staat darf sich nicht zurückziehen, dies ist der falsche Weg.»
Für Ernst Fehr dagegen sind Gelder von dritter Seite zusätzlich zur Grundfinanzierung durch den Staat nötig. Diese Mittel erlaubten es, in die weltweite Spitze der Forschung aufzusteigen. Darum wende er viel Zeit für Fundraising auf. «Es ist wie in der Champions League», sagte Fehr. «Wenn wir ganz oben mitspielen wollen, brauchen wir zusätzliche Mittel.» Kathy Riklin nahm eine ausgleichende Position ein und befürwortete Gelder von dritter Seite, allerdings müssten sie in einem vernünftigen Rahmen liegen und dürften nicht zu hoch sein. In diesem Zusammenhang beurteilte sie die UBS-Spende verhalten positiv: «Die Chancen sind grösser als die Risiken.»
In der Diskussion wurde deutlich, dass zwischen Drittmitteln und Sponsoring, Grundlagenforschung und Auftragsforschung unterschieden werden muss. Problematisch seien vor allem Sponsorengelder, da hier per Definition eine Gegenleistung erwartet wird. In diesem Spannungsfeld sind die UBS-Gelder genau genommen kein Sponsoring, sondern eine Spende oder Donation, die für die Grundlagenforschung verwendet wird.
Ernst Fehr pflichtete den Kritikerinnen bei, dass im Unterschied dazu Auftragsforschung heikel sein kann, denn hier könne es passieren, dass Auftraggeber das Design oder die Fragestellung einer Studie beeinflussten. Aus diesem Grund verlangen die meisten Publikationsorgane Hinweise auf die Geldgeber der publizierten Studien. Zudem müssen finanzielle Verbindungen offen gelegt werden.
In der anschliessenden Diskussion wurde klar, dass Sponsoring gerade mal drei Prozent des Jahresbudget der UZH ausmacht. Von amerikanischen Verhältnissen ist man in Zürich weit entfernt, die Privatisierung ist kein Thema. Und für Drittmittel an der Univeristiät Zürich sei vor allem eines wichtig: Transparenz. Kathy Riklin setzte sich dafür ein, dass die UZH allfällige Verträge in Zukunft offen legen sollte. Das Votum passt gut zu einer kürzlichen Stellungnahme des Senats: Auf Antrag der Vertreterinnen und Vertreter des Verbandes der Studierenden (VSUZH) spricht sich der Senat darin für grösstmögliche Transparenz bei der Finanzierung durch Drittmittel zu Handen der Erweiterten Universitätsleitung aus.
Michelle Jatuff Mathis forderte zudem eine unabhängige Stelle, die diese Verträge prüfen sollte. Ein Vorschlag, dem niemand widersprach. So schloss die Veranstaltung trotz unterschiedlicher Meinungen fast einvernehmlich. Gewünscht hätte man sich für die interessante Debatte nur ein etwas grösseres Publikum.