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25 Jahre Artificial Intelligence Lab

«Roboy» geht auf Tour

Im Labor für künstliche Intelligenz entwickeln Forschende der UZH einen verblüffend menschenähnlichen Roboter. In technischer Hinsicht setzt er neue Massstäbe – und auch die Finanzierung mittels Crowdfunding ist innovativ. Am kommenden Samstag soll «Roboy» am Weltkongress «Robots on Tour» in Zürich der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Felix Würsten
Schon mit zwei Franken ist man dabei: Der humanoide «Roboy» wird über Crowdfunding finanziert.

Er ist 130 Zentimeter gross, hat ein freundliches Gesicht, kann greifen, sprechen und Gesichter erkennen, und er öffnet der Universität Zürich eine neue Finanzierungsquelle: der humanoide Roboter «Roboy», der zurzeit am Labor für künstliche Intelligenz (AI Lab) zusammengebaut wird.

Läuft alles nach Plan, werden die Projektpartner den Roboter am 9. März, zum 25-Jahre-Jubiläum des Labors, erstmals der Öffentlichkeit vorführen. Dass die Präsentation just im März stattfindet, ist kein Zufall: Das 40-köpfige Team um Rolf Pfeifer, Direktor des AI Lab, entschloss sich im Mai 2012, innerhalb von nur neun Monaten einen Roboter von Grund auf neu zu entwickeln – also in der gleichen Zeit, in der auch ein biologischer Mensch entsteht.

Dank seiner sehnengesteuerten Antriebsmotorik wird sich Roboy viel eleganter bewegen als seine Vorgänger. Und er wird für ein Fachgebiet werben, das sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelt hat.

Letzte Feineinstellung: Roboy soll bald Hände schütteln können.

Aus der Not eine Tugend gemacht

Angesichts der äusserst knapp bemessenen Zeit war es nicht möglich, das Projekt über die üblichen Förderkanäle zu finanzieren. Die Wissenschaftler machten aus der Not eine Tugend und entschlossen sich zu einem unkonventionellen Finanzierungsweg, der durchaus zur Open-Source-Philosophie des Projekts passt: Crowdfunding.

Nicht gewichtige Investoren oder Förderinstitutionen wie der Nationalfonds sollen die Entwicklung der Maschine ermöglichen, sondern zahlreiche kleinere und grössere Spenden und Beiträge von Projektpartnern und Privatpersonen. Insgesamt 500 000 Franken wollen die Forschenden zusammenbringen, Anfang März fehlen noch rund 140 000.

Boom einer neuen Finanzierungsform

Crowdfunding – auch Schwarmfinanzierung genannt – sorgte erstmals in den USA für Schlagzeilen. Dort konnten verschiedene Vorhaben, vor allem aus dem kulturellen Bereich, erfolgreich durch Beiträge von Internetusern finanziert werden. Seit einigen Jahren erlebt diese Finanzierungsart einen regelrechten Boom, auch in Europa. In der Schweiz gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Online-Plattformen, auf denen man entsprechende Projekte ausschreiben kann.

Auch das Team des AI Lab versuchte sein Glück und schrieb sein Projekt auf C-Crowd aus. Pascal Kaufmann, einer der Initiatoren des Projekts, stellte jedoch schnell fest, dass es mit dem Aufschalten auf einer Plattform nicht getan ist. «Gerade wissenschaftliche Projekte haben es schwer, sich durchzusetzen. Denn auf den Plattformen suchen in erster Line Jungunternehmer und Künstler Geld für ihre Ideen.»

Fotoshooting mit Roboy

Das Team vom AI Lab setzt deshalb primär auf die eigene Website, um die benötigten Mittel einzuwerben. Bereits mit einem Beitrag von zwei Franken ist man mit von der Partie. Je mehr man spendet, desto grösser ist die Gegenleistung: Ab einem Betrag von 25 Franken wird der eigene Name auf den Rücken des Roboters eingraviert, für 100 Franken der Name oder das Firmenlogo auf einem Bein verewigt.

Ab einem Beitrag von 500 Franken gibt es bei der offiziellen Präsentation ein Fotoshooting mit Roboy, bei einem Engagement von 5000 Franken kommt der Roboter sogar mit seinem geistigen Vater Rolf Pfeifer zu einem Besuch in der Firma vorbei.

Den Wissenschaftlern des Roboter-Projekts geht es bei all dem nicht ausschliesslich darum, Geld für ein innovatives Forschungsvorhaben zu sammeln. Roboy soll vor allem als sympathischer Botschafter helfen, eine breit vernetzte Community aufzubauen und einen Diskurs anzustossen, wie Menschen und Maschinen künftig interagieren könnten.

Präzise Montage: Der Roboter besteht aus über 1000 Bauteilen.

Crowdfunding ist harte Knochenarbeit

Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Crowdfunding sind bei Roboy besonders günstig: Das AI Lab ist international bekannt und pflegt enge Kontakte nach Japan und in die USA. Es konnte mit dem laboreigenen «Club of Intelligent Angels», einem Zusammenschluss von privaten Investoren, bereits Erfahrungen mit neuen Finanzierungsinstrumenten sammeln, und es ist mit seiner Forschung immer wieder in den Medien präsent.

Mit Roboy legt die Gruppe nun ein besonders publikumswirksames Projekt vor. «Wir haben den Roboter bewusst niedlich gestaltet», verrät Kaufmann. Das Kalkül ist aufgegangen, wie die positiven Medienberichte zeigen: Roboy vermag die Menschen für sich zu gewinnen. Und so erstaunt es nicht, dass der kindliche Roboter bereits über 3000 Facebook-Freunde hat.

Ohne mediale Präsenz funktioniere Crowdfunding nicht, ist Pascal Kaufmann überzeugt. «Es reicht nicht, ein gutes Projekt zu einem relevanten Thema zu lancieren», meint er. «Man muss das Vorhaben auch gezielt vermarkten und für möglichst viel Aufmerksamkeit sorgen.» Crowdfunding, so viel wird im Gespräch mit Kaufmann klar, ist harte Knochenarbeit: «Die Grundidee, viele kleine Beiträge ergeben eine grosse Summe, klingt zwar simpel. Aber in der Praxis ist die Sache nicht so einfach.»

Kaum im grossen Stil

Tatsächlich vergisst man ob der Erfolgsmeldungen schnell, dass es auch unzählige Projekte gibt, bei denen Crowdfunding kläglich scheiterte. Kaufmann ist deshalb skeptisch, ob sich diese Finanzierungsart innerhalb des Wissenschaftsbetriebs je im grossen Stil durchsetzen wird.

Das Team vom AI Lab jedenfalls nutzt die ganze Palette an Instrumenten, um für sein Anliegen zu werben. Die Forschenden setzen nicht nur auf Medienberichte, sondern auch auf soziale Medien, um auf den knuddeligen Roboter aufmerksam zu machen. Sie haben sich sogar professionelle Unterstützung für Fundraising und internationale Pressekontakte geholt. «Das ist ein grosser Aufwand», räumt Kaufmann ein. «Doch wenn wir auf diese Weise 500 000 Franken sammeln, hat sich der Effort für uns gelohnt.»

Weiterführende Informationen

Hinweis

Dieser Artikel erschien im Journal 1/2013