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Pneumologie

Der Sog der Tiefe

Taucher sollten physiologische Grundkenntnisse besitzen, um nicht Schaden zu nehmen. Von den Gefahren des Tauchens berichtete Pneumologie-Professor Erich Russi an einem Vortrag des Zentrums für Integrative Humanphysiologie. Zum Thema Tauchen stellen wir unseren Leserinnen und Lesern ein kniffliges Rätsel. Der Gewinn: Eine Schwimmbrille mit Schnorchel. 
Marita Fuchs
Mut und Vorsicht – beides gehört zum Tauchen: Eistaucher unter der Eisdecke.

Schnorcheln, Höhlen-, Eiswasser- oder Wracktauchen: Es gibt viele Arten des Sporttauchens. Gesundheitsschädlich kann Tauchen dann sein, wenn gewisse Regeln nicht beachtet werden, sagte Erich Russi, Professor für Pneumologie an der Universität Zürich, an einer Veranstaltung des Zentrums für Integrative Humanphysiologie vergangene Woche.

Für alle Taucharten jedoch gilt: Je tiefer man taucht, desto höher ist der Wasserdruck, der auf den Körper einwirkt.

An der Wasseroberfläche herrscht ein Oberflächendruck von einem Bar. Sitzt der Taucher noch im Boot, hat er ein Lungenvolumen von sechs Litern. Beim Tauchen nimmt der Wasserdruck alle zehn Meter um ein Bar zu. Die Lunge des Tauchers wird zusammengepresst, je tiefer er taucht. Das ist eine besondere Herausforderung beim Apnoetauchen, dem Tauchen ohne Sauerstoffgerät.

Bei angehaltenem Atem in grosse Tiefen tauchen: Apnoetaucher.

Extreme Tiefen stecken voller Gefahren

Unter den Tauchern zieht das Apnoetauchen in extreme Tiefen vor allem Abenteurer an. Der österreichische Apnoetaucher Herbert Nitsch, Weltmeister im Apnoe-Tauchen, und bekannt als «The Deepest Man on Earth», scheiterte kürzlich beim Versuch, den Weltrekord auf 244 Meter Tiefe zu steigern. Er kollabierte und musste nach dem Auftauchen notärztlich versorgt und in eine Klinik geflogen werden.

Die Gefahr beim Apnoetauchen liegt im steigenden Kohlendioxydspiegel im Körper. Wenn man die Luft anhält, werden die Organe und das Gehirn noch eine gewisse Zeit mit dem im Blut verbliebenen Sauerstoff versorgt. Gleichzeitig steigt aber der Kohlendioxydspiegel, da das Gas nicht ausgeatmet wird. Rezeptoren im Körper registrieren sowohl den Sauerstoffgehalt als auch den Anteil an Kohlendioxyd. Übersteigt der Kohlendioxyd-Spiegel einen bestimmten Wert, schaltet der Körper blitzschnell ein Notfallprogramm ein. 

Der erhöhte Wasserdruck beim Tauchen löst mehr Stickstoff und Sauerstoff im Blut und im Gewebe: Sporttaucher in Aktion.

Wichtiger Druckausgleich

Anders als beim Apnoetauchen kann der Taucher mit einem Atemgerät (SCUBA) unter Wasser Sauerstoff aufnehmen. Das Lungenvolumen des Tauchers ändert sich unter Wasser nicht. Beim Auftauchen dehnt sich die komprimierte Luft in den Hohlorganen wie dem Mittelohr und den Nasennebenhöhlen jedoch aus. Wenn der Taucher also in zehn Metern Tiefe sechs Liter Luft einatmet, dann entsprechen diese einem Volumen von zwölf Litern an der Wasseroberfläche. Atmet man also in etwa 20 Metern Tiefe Luft ein und steigt in grosser Angst oder in Panik ohne Druckausgleich nach oben, wird das Mittelohr überdehnt, was enorme Schmerzen verursacht. Beim Gerätetauchen ist deshalb der Druckausgleich – ähnlich wie beim Fliegen – ganz entscheidend.

Gefürchtete Dekompressionsunfälle

Will der Taucher zu schnell noch oben, kann es auch zur gefürchteten Dekompressionskrankheit kommen. «Dabei werden Mikrogasblasen in Körperflüssigkeiten und Körpergeweben gebildet, so wie bei einer schnell aufgedrehten Flasche mit Mineralwasser», erläuterte Russi. Verursacht wird das durch den hohen Wasserdruck, der mehr Stickstoff und Sauerstoff im Blut und im Gewebe löst. Der Stickstoff kann jedoch – im Gegensatz zum Sauerstoff – nicht abgebaut werden und reichert sich während des Tauchens im Körper an. Beim Auftauchen und mit Nachlassen des Wasserdrucks beziehungsweise des Umgebungsdrucks kann der Stickstoff als Gasblasen «ausperlen». Diese Gasblasen bewirken im Gewebe oder in die Blutbahn Schäden.

Abhängig von der Menge der entstandenen Bläschen und den davon betroffenen Organen kann es zu Hautproblemen, Muskel- und Knochenschmerzen, Gelenkschmerzen bis zu Lähmungen kommen. Es sei deshalb wichtig, langsam – entsprechend der Angaben des Tauchcomputers – oder anhand von Tabellen, aufzutauchen. Nur so weicht der Stickstoff nach und nach aus dem Körper – ohne Bildung von Blasen.

«Will der Taucher zu schnell noch oben, kommt es zur Dekompressionskrankheit» Erich Russi, Professor für Pneumologie an der Universität Zürich.

Ohne Panik auftauchen

Eine gefürchtete und nicht seltene Komplikation ist das so genannte Barotrauma. Es ist eine Verletzung von luftgefüllten Körperteilen, und zwar durch die Einwirkung einer Druckdifferenz zwischen Gasdruck im Hohlraum und Aussendruck. Barotraumen können zum Beispiel die Lunge, die Ohren, die Zähne oder in seltenen Fällen auch den Magen betreffen, sagte Russi.

Als Beispiel nannte Russi ein Barotrauma beim Zahn. Hat der Taucher unter einer Zahnfüllung einen Hohlraum, der durch einen Haarriss eine Verbindung nach aussen hat, treten Schmerzen beim Auftauchen auf. Der Druck kann so gross sein, dass der Zahn gesprengt wird. Häufiger als bei den Zähnen sind jedoch Druckausgleichsprobleme im Bereich des Mittelohrs. Eine Beratung durch einen tauchmedizinisch versierten Hals-Nasen-Ohren-Arzt ist vor allem bei Tauchneulingen angezeigt.