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Medienkompetenz

Allein im Internet

Junge Schweizer surfen in ihrer Freizeit zunehmend im Internet. Dabei gehen sie häufig arglos mit diesem Medium um. Eine aktuelle Studie der UZH mit über 1000 Jugendlichen aus dem Kanton Zürich befasst sich mit der Frage, welche Massnahmen eingesetzt werden könnten, um Internetkompetenz zu vermitteln und welche Instanzen sich im Jugendalter als Vermittler eignen. 
Marita Fuchs
Faszination Internet: Gut ein Drittel der Schweizer Jugendlichen surft in der Freizeit am liebsten im Internet.

Laut einer repräsentativen Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) aus dem Jahr 2010 sind 98 Prozent der zehn- bis 18-jährigen Schweizer regelmässig online und gut ein Drittel beschäftigt sich in der Freizeit am liebsten mit den vielfältigen Internetdiensten. Die Kehrseite: 18 Prozent der Befragten gaben an, dass man bereits versucht habe, sie im Internet fertig zu machen. Wer hilft den Jugendlichen, wenn sie plötzlich zu den Opfern des Internets gehören? Und wer vermittelt ihnen die Kompetenzen, negative Seiten des Internets zu erkennen und damit fertig zu werden?

Leitfaden der Internetkompetenz

Diesen Fragen geht eine aktuelle, repräsentative Studie der UZH von Medienwissenschaftlerin Eveline Hipeli nach. Um die Einstellung und Akzeptanz von Jugendlichen gegenüber so genannten Netzguidance-Massnahmen und ihrer Vermittler zu ermitteln, hat sie für ihre im März 2012 erscheinende Studie etwa 1100 Jugendliche zwischen 12 und 20 Jahren aus dem Kanton Zürich schriftlich befragt.

Hipeli wollte von den Jugendlichen wissen, wie sie sich im Umgang mit dem Internet und bei Problemen mit dem Internet verhalten. Sind Vater, Mutter und Geschwister wichtige Ansprechpartner, oder sind es die Lehrer oder externe Experten in den Schulen? Welche Rolle spielen Freunde und Kollegen? Die Forscherin interessierte sich auch für die Akzeptanz von Massnahmen wie Hotlines, Internetführerscheinen, klassischen Lehrmitteln, externen Beratern in Schulen, Projekt- oder Internetkursen.

Wichtige Peer Group

Die Auswertung der Studie zeigt nun, dass die Jugendlichen gegenüber Netzguidance-Massnahmen insgesamt eine eher positive Einstellung haben. Je älter die Befragten, desto eher lehnen sie jedoch ‚offizielle’ Massnahmen wie zum Beispiel einen Internetführerschein ab.

Medienwissenschaftlerin Eveline Hipeli: «Medienkompetenz sollte Bestandteil der Lehrpläne werden.»

Deutlich zeigt sich auch die Tendenz, dass die Jugendlichen Probleme zunächst selbst zu lösen versuchen, indem sie im Internet – zum Beispiel in Foren, Blogs oder Suchmaschinen – nach Hilfe suchen. Falls das nicht hilft, werden am ehesten Freunde um Rat gebeten. «Die peer to peer-Unterstützung ist für die meisten Jugendlichen naheliegender als die Aufklärung durch Eltern, Lehrer oder andere Personen», sagt Hipeli.

Lehrpersonen spielen eine untergeordnete Rolle

Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren fragen bei eher technischen Problemen häufig den Vater – die Mutter wird diesbezüglich als deutlich weniger kompetent wahrgenommen. Doch mit zunehmendem Alter beanspruchen die Jugendlichen die elterliche Hilfe immer weniger und wenden sich vermehrt Freunden und Gleichaltrigen zu. «Positives und Lustiges aus der Cyberwelt wird im Sinn einer Anschlusskommunikation zwar eher gemeinsam besprochen als Negatives, doch sind bei Problemen im Internet die Freunde als Ansprechpersonen viel wichtiger als etwa Lehrpersonen», stellt Hipeli fest.

Die Lehrer werden als Autoritätspersonen wahrgenommen, die im Bedarfsfall – zum Beispiel beim Cybermobbing – kaum um Hilfe gebeten werden, dies im Gegensatz zu den Mitgliedern der peer group. Innerhalb der peer group nehmen die Jugendlichen sich gegenseitig als kompetent wahr.

«In Deutschland beispielsweise hat man gute Erfahrungen mit speziell geschulten jugendlichen Experten gemacht, die nicht viel älter als die Jugendlichen selbst sind, und in die Schulen gehen, um Medien- und damit auch Internetkompetenz zu vermitteln», sagt Hipeli. Eine Massnahme, die auch in der Schweiz greifen könnte. Es gehe darum, die Offenheit der Jugendlichen gegenüber Peers zu nutzen.

Hipelis Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Jugendlichen über diverse Internetrisiken zwar zumindest Bescheid wissen, sich jedoch nicht immer ausreichend kritisch im Internet bewegen. Idealerweise fände Medienkompetenz und damit auch der Umgang mit persönlichen Daten im Netz Einzug in die Lehrpläne der Schulen. Denn obwohl die Lehrpersonen nicht Ansprechspartner Nr. 1 der Jugendlichen sind, was das Internet angeht – die Schule stellt dennoch einen Ort dar, wo sie sich gern intensiver mit dem Thema auseinandersetzen würden.

Interessierte Teilnahme

Hipeli war positiv überrascht, dass die Jugendlichen den Fragebogen in der Regel ausführlich und seriös ausgefüllt haben, immerhin war dazu etwa eine Stunde erforderlich. Dies deutet auch darauf hin, dass die Jugendlichen für das Thema Interesse zeigen. Überraschend auch, dass sich keine Unterschiede zwischen Sekundarschülern, Langzeitgymnasiasten, Berufsschülern und Kurzzeitgymnasiasten zeigen. Dafür zeigen sich Geschlechterunterschiede und Unterschiede je nach Alter der Jugendlichen, was ihre Einstellung gegenüber Netzguidance-Massnahmen und der Vermittler von Internetkompetenz betrifft.

Ingesamt wird auch deutlich, dass alle Instanzen (Eltern, Lehrpersonen, Peers etc.) bei der Internetkompetenzförderung Jugendlicher eingesetzt werden und ihren Teil zum Gelingen dieses Unterfangens beitragen können – es bedarf lediglich eines gezielten Einsatzes. Die Ergebnisse der Studie werden im März 2012 unter dem Titel «Netzguidance für Jugendliche. Chancen und Grenzen der Internetkompetenzförderung und ihrer Vermittlung» im VS Verlag für Sozialwissenschaften in der Reihe «VS Research» veröffentlicht. Eveline Hipeli schrieb ihre Arbeit am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich.