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Zwei liebenswürdige Schwestern mit Hang zum Morbiden haben mehr als nur eine Leiche im Keller: Zwölf einsame Männer haben die beiden Tanten schon umgebracht, weitere sollen folgen. Ihre Tatwaffe: Selbstgemachter Holunderwein mit einem Löffelchen Arsen. Ein schlechtes Gewissen?
Im Gegenteil: Abby und Martha verstehen sich als rettende Engel. Auch Bruder Teddy, der sich für Präsident Roosevelt hält und die angeblichen Gelbsucht-Opfer fleissig entsorgt, leidet offensichtlich unter Wahnwitz. Überhaupt scheint Mord als Hobby in der Familie verbreitet zu sein, denn auch Neffe Jonathan hat ein Dutzend Menschen umgebracht. Wenigstens ist der andere Neffe Mortimer bei Verstand: Er versucht zu verhindern, dass dieser mörderische Wettkampf weiter ausartet.
Alterstüddelige, drollige Tanten in Spitze, die vergifteten Holunderwein reichen – die Textvorlage von Josef Kesselring ist aus dem Jahr 1939 und mittlerweile reichlich verstaubt. Mussten Sie erst einmal einen Grossputz ansetzen?
Nein, gar nicht, wir haben den Text nur etwas gekürzt und die Tanten moderner und jünger interpretiert. Der absurde Humor von «Arsen und Spitzenhäubchen» hat etwas Zeitloses an sich. Die Ideen und Dialoge funktionieren heute wie damals. Monty Python hat diese Art von Humor in den 1970er Jahren perfektioniert – heute findet man ihn bei vielen Comedians.
«Arsen und Spitzenhäubchen» ist boulevardeske Schmunzel-Unterhaltung. Wie umgehen Sie das Fettnäpfchen der drolligen Vollklamotte?
Es sind die feinen Zwischentöne und die frische Interpretation der beiden Tanten, die den Reiz unserer Inszenierung ausmachen. Sicherlich ist das Stück Boulevard-Theater – und als solches beste Unterhaltung! Aber unsere Schauspieler sind zum Glück so gut und erfahren, dass wir auf Klamauk verzichten können. Denn das ist nach meinem Geschmack in den seltensten Fällen komisch – höchstens mal durch Zufall.
Musikalisch beschwören Sie die Zeit der 1920/30er Jahre herauf. Im Zuschauerraum darf also geswingt werden?
Oh ja, die Swing-Musik dieser Zeit transportiert unglaublich viel Atmosphäre und Leichtigkeit. Vielleicht tanzen wir am Ende noch alle zusammen mit dem Publikum – das wäre ein grosser Spass.
Die Figuren im Stück sind Chargen, bedienen also Stereotype und Klischees. Wie sind Sie damit umgegangen?
Die meisten Figuren sind tatsächlich stark überzeichnet. Aber der Neffe der beiden Tanten, Mortimer Brewster, zeigt normale menschliche Reaktionen – während um ihn herum die Welt in stereotype Scherben zerfällt. Dieser Kontrast ist aus psychologischer Sicht sehr spannend.
Was sind die beiden mörderischen Schwestern für Menschen?
Abby und Martha sind sehr liebenswürdige Damen, die jedoch mit einer gewissen Distanzlosigkeit gesegnet sind. Sie sind sehr aufdringlich in ihrer Gastfreundschaft, selbst wenn sie keinen Holunderwein servieren.
Wovon lebt das Stück – von der absurden Geschichte, dem schwarzen Humor?
Von beidem, das ist nicht zu trennen. Es lebt von der Beiläufigkeit, mit der das Morden im Wohnzimmer Einzug hält. Von der vollkommenen Absurdität der Situation, die sich immer weiter zuspitzt, und deren Komik oftmals ohne explizite Pointen auskommt.
Nehmen Sie in Ihrer Inszenierung Bezug zum Filmklassiker mit Cary Grant von 1944?
Nein. Ich kenne den Film zwar von früher, wollte ihn mir aber ganz bewusst nicht noch einmal anschauen, um freier zu sein für eigene Ideen. Auch die Regieanweisungen im Text haben wir weitgehend ignoriert. Es ist ganz und gar unsere eigene Inszenierung.