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Alter und Internet

«Probier das doch auch mal»

Die Über-65-Jährigen in der Schweiz nutzen moderne Informations- und Kommunikationstechnologien intensiver als ihre Altersgenossen im europäischen Ausland. Trotzdem tut sich im Vergleich zur jüngeren Generation eine grosse Kluft auf. Abhilfe schaffen könnten interaktive Zugänge, die auch ungeübte Nutzer zum Ziel führen.  
Marita Fuchs

Eine Studie des Zentrums für Gerontologie an der Universität Zürich listet Gründe für die Nutzung und Nichtnutzung des Internets durch Senioren auf. Im Interview mit Studienleiter Hans Rudolf Schelling fragt UZH News nach den Ursachen.

Wie wichtig ist der Internetzugang und die Internetnutzung für die Generation «65 plus»?

Hans Rudolf Schelling: Viele Über-65-Jährige geben an, dass das Internet nicht so wichtig für sie sei. Das ist jedoch eine Fehleinschätzung, denn die Bedeutung des Internets nimmt zu. So sind etwa Einzahlungen per Internet kostenlos und man kann sie bequem von zu Hause aus erledigen. Daneben bietet das Internet ein breites Informationsangebot an. Beim Einkauf von Produkten oder Dienstleistungen kann man sich umfassend informieren und Anbieter miteinander vergleichen. Gerade für ältere Leute, die nicht mehr sehr mobil sind, ist das von Vorteil.

Digitale Lesestunde: Nur für 40 Prozent der Über-65-Jährigen in der Schweiz eine Selbstverständlichkeit.

Viele Informationen werden auf Dauer überhaupt nur noch im Netz zugänglich sein, denn das ist für die Firmen oder Anbieter günstiger. Hinzu kommt die One-to-one-Kommunikation, wie E-Mail mit der Kontakte zu Verwandten und Freunden einfach und günstig aufrecht erhalten werden können. 

Wie häufig nutzen Menschen ab 65 Jahren das Internet?

Etwa 40 Prozent der Befragten nutzen das Internet relativ intensiv, allerdings ist die Nutzung altersabhängig – während 58 Prozent der 65- bis 69-Jährigen das Internet intensiv oder mindestens gelegentlich benutzten, sind es bei den 80- bis 84-Jährigen erst 17 Prozent und bei den 85-Jährigen und älteren 8 Prozent. Die Internetnutzung im Alter ist in der Schweiz – zusammen mit den skandinavischen Ländern – im europäischen Vergleich jedoch sehr hoch. In vielen Ländern ist die digitale Spaltung im Alter ausgeprägter als in der Schweiz.

Worin besteht denn die Gefahr einer digitalen Spaltung zwischen Alt und Jung?

Falls ältere Menschen nicht ins kommunikationstechnologische Boot geholt werden, verlieren sie auf Dauer den Zugang zu wichtigen Informationen. Es wäre zynisch zu behaupten, dass sich das Problem ja irgendwann von selbst löst, wenn die ältere Generation stirbt.

Es geht grundsätzlich darum, dass die Gesellschaft bei der Entwicklung und Nutzung neuerer Technologien auch an die älteren Anwender denkt, sonst bleibt die Schere immer offen.

Schauen Sie, ich bin noch keine fünfzig Jahre alt und trotzdem weiss ich nicht genau, wie man twittert, und ich habe auch kein Konto bei Facebook. Das könnte ja später auch für mich zu einem Problem werden, wenn mir niemand zeigt, wie es geht.

Was müsste also getan werden, um die Ängste oder die Abwehrhaltung der Älteren gegenüber neuen Technologien abzubauen?

Viele Ältere haben Angst vor der Technik. Deshalb sollten bei der Programmierung und Umsetzung von Webangeboten intuitive Zugänge geschaffen werden, die auch ungeübte Nutzer zum Ziel führen. Motivieren kann man die Älteren, wenn man ihnen klar macht, dass interessante Inhalte auf sie warten.

Wie kann man den Älteren den Einstieg erleichtern?

Weder Kurse noch Internetecken in den Gemeinschafts- oder Alterszentren können Neueinsteiger wirklich motivieren. Erst wenn Freunde und Bekannte der eigenen Generation sagen: «Probier es doch auch mal aus, ich zeig Dir, wie es geht», dann ist der Erfolg am grössten.

Zudem ist die Nutzung der neuen Technologien auch schichtspezifisch unterschiedlich, je höher der Bildungsgrad, um so weniger tief sitzt die Angst vor der neuen Technologie.

Das Einkommen spielt auch eine Rolle. Etwa 30 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen die Kosten für einen Computer und einen Internetzugang zu hoch seien. Deshalb sollte man neben der Vereinfachung von Benutzeroberflächen und der Verbesserung der Usability von Webseiten Älteren in materiell engen Verhältnissen finanzielle Erleichterungen bei Abonnementgebühren des Breitbandzugangs bieten.

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