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Chinesisch als populäre Fremdsprache

Mandarin memorieren

Chinesisch lernen, ist das nicht viel zu schwierig? Nein, gar nicht, sagt Brigitte Kölla, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ostasiatischen Seminar. Sie hat an der Universität Zürich eine Tagung organisiert, an der Chinesisch-Didaktiker und -Experten sich treffen, um neue Wege in der Vermittlung des Mandarin zu diskutieren.
Marita Fuchs

Ungläubig schaut Brigitte Kölla auf ihren Bildschirm. Eine chinesische Website weist auf die 16. Tagung über modernen Chinesischunterricht hin, die in einer Woche an der Universität Zürich stattfindet. Doch was unter der Domäne «uzh.ch» umsonst zu haben ist, kostet auf der Website des chinesischen Betreibers Bares: 3 Yuan (50 Rappen) pro Download der umfangreichen Abstracts in Deutsch und Chinesisch.

Adaption einer UZH-universitären Website ins Chinesische.

Kölla ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ostasiatischen Seminar und hat die Tagung zusammen mit Professor Wolfgang Behr organisiert. Einerseits freut sie sich über das Interesse der Chinesen, auf der anderen Seite findet sie die ungefragte Übernahme der Daten ziemlich frech. Eines zeigt der Datenklau jedoch: Das Thema der Tagung, «Chinesisch auf dem Weg zur populären Fremdsprache», ist aktuell – nicht nur in China.

Aus der exotischen Ecke holen

Seit das Reich der Mitte zur riesigen Wirtschaftsmacht geworden ist, ist die Hochsprache des Chinesischen – Mandarin – in. Das zeigen nicht nur überbuchte Volkshochschulkurse. Brigitte Kölla sieht es auch an den zahlreichen Studierenden, die ihre Einführungsseminare ins Chinesische an der Universität Zürich belegen. Dass viele von ihnen später nicht Sinologen werden, sondern die erworbenen Kenntnisse als Sprachausweis etwa im Wirtschaftsstudium benutzen, stört Kölla nicht. «Mir geht es darum, das Chinesische aus der exotischen Sprachecke herauszuholen und Vorurteile abzubauen.»

Und: «Chinesisch kann jeder genauso gut erlernen wie Englisch oder Französisch», sagt sie. Anfänger hätten das Handicap, dass sie kaum an Bekanntes anknüpfen können. Und das Erlernen der Schrift erfordere eine grosse Gedächtnisleistung. Doch mit etwas Hartnäckigkeit komme man schnell zum Ziel.

Kölla gibt schon seit Jahren Chinesischkurse. Aufgrund ihrer grossen Erfahrung und weil chinesische Lehrbücher recht trocken sind, hat sie zusammen mit einer chinesischen Kollegin ein neues Lehrmittel verfasst, das auch an Gymnasien und Volksschulen der Schweiz eingesetzt wird. Bei Gestaltung und Aufbau hat sie sich von europäischen Lehrbüchern für Englisch oder Französisch inspirieren lassen. Die Lektionen knüpfen an Bekanntes an: Die Hauptstadt Peking zum Beispiel kennt schliesslich jeder. Durch das «Pinyin», die phonetische Umschrift auf der Basis des lateinischen Alphabets, wird die korrekte Aussprache leicht gemacht: Běijīng -北京. Versuchen Sie es selbst. (Firefox-Browser benutzen).

Knifflig: die Schriftzeichen

Und Kölla bestätigt: Chinesisch sprechen zu lernen ist nicht so schwierig, wie weithin angenommen wird, auch die Grammatik versteht man schnell. Schwieriger ist die Schrift. «Doch ohne Schriftkenntnisse sind die Chinesischkenntnisse nicht vollständig», meint Kölla. Lesen im Internet und das Schreiben von E-Mails gehöre heute zur Kommunikation mit Chinesen dazu.

An Bekanntes anknüpfen: Zhang Yimou ist ein berühmter Regisseur («Heros»), den viele in der Schweiz kennen.

Wie man nun am besten Sprache und Schrift lehrt, ist Gegenstand der Tagung, die vom 1. bis 3. September an der Universität Zürich stattfindet. Eingeladen hat der Fachverband «Chinesisch e.V.», deren Mitglied Kölla ist. Experten werden dann kontrovers methodische und didaktische Aspekte der Sprachvermittlung diskutieren, etwa wie die interkulturelle Kompetenz im Unterricht vermittelt werden kann oder wie interaktive Websites dabei helfen können, kommunikative und schriftliche Fähigkeiten zu unterstützen.

Chinesisch als reguläres Fach an Gymnasien

Erst wenn Chinesisch an Mittelschulen als reguläres Fach eingeführt wird, wird es sich als populäre Sprache neben Englisch, Französisch und Spanisch etablieren, ist Brigitte Kölla überzeugt. Hier seien unsere nördlichen Nachbarn weiter als die Schweiz: In Deutschland zum Beispiel gibt es über dreissig Schulen, die Chinesisch als Grundkurs oder Wahlpflichtfach in der gymnasialen Oberstufe anbieten. In der Schweiz steht Chinesisch als Freifach an Mittelschulen mit zwei Wochenstunden zur Wahl: «Das ist viel zu wenig», sagt Kölla. «Es ist frustrierend für die Schülerinnen und Schüler, weil sie nicht schnell genug vorwärts kommen.» Das müsse sich ändern.