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Als Bernd Roeck, Dekan der philosophischen Fakultät, Erwin Kräutler begrüsste und zu seinem Preis beglückwünschte, sagte er scherzhaft, vielleicht erhalte der Preisträger ja auch Glückwünsche aus Rom. Auszuschliessen ist dies zwar nicht ganz, doch wohl eher unwahrscheinlich, denn der Befreiungstheologe hat andere Prioritäten als der Papst.
Der aus Vorarlberg stammende «Bischof des Regenwalds» setzt sich seit Jahrzehnten für die Rechte indigener Völker in Brasilien ein. Kräutlers Bistum ist das riesige Gebiet des Xingu, eines Nebenflusses des Amazonas. Dort plant die brasilianische Regierung ein Wasserkraftwerk, dessen Stausee Hunderte von Quadratkilometern Regenwald zum Opfer fallen würden. «Das Staudammprojekt ist eine Katastrophe für den Xingu», sagte Kräutler zu Beginn seines Vortrags. Das geplante, drittgrösste Wasserkraftwerk der Welt entziehe der indigenen Bevölkerung die Lebensgrundlage.
30'000 Menschen, ein Drittel der Einwohner der Stadt Altamira, müssten durch den Staudamm umgesiedelt werden. Bereits jetzt ist die Lage der Indios in der Region prekär. «Wir können uns gar nicht vorstellen, wie miserabel die Menschen behandelt werden», sagte Kräutler. Durch die Abholzung des Regenwalds, etwa für Soja- oder Zuckerrohrplantagen, werden die traditionellen Völker an den Rand ihrer Existenz gedrängt. «Ihnen wird die Identität abgesprochen, nur weil sie nicht produzieren», sagte Kräutler. In einem Film wurden Protestaktionen der Indios gezeigt, welche sich gegen das Energieprojekt wehren.
Im Gespräch mit Hans-Peter Manz, Botschafter der Republik Österreich in Bern, äusserte sich der Bischof zu seiner Mission. Der Befreiungstheologe beruft sich auf den Auftrag des zweiten Vatikanischen Konzils, die Liebe Gottes allen Menschen zu verkünden. «Die Bibel ist für mich die Grundlage, aber sie ist kein Werk, das man anderen aufdrängt.»
Kräutler erzählte, wie seine Gemeinde das Gleichnis des barmherzigen Samariters dramatisiert hatte. Die Indios spielten im Theater nicht nur einen Mann, eine Frau und ein Kind, welche «auf dem Weg von Jerusalem nach Jericho unter die Räuber gefallen» waren. Nein, sie schlossen auch einen Baum und einen Strauch ein, denen sich der barmherzige Samariter annahm.
«Die Menschen wissen, dass der Schutz der Natur dazugehört», sagte der Bischof. Den bedrängten Völkern im Amazonas fehle es nicht an Fortschritt, Entwicklung oder Kultur. Sondern ihnen würde schlicht das Recht auf eine Heimat verwehrt: «Die grösste Armut ist, wenn man nicht mehr sein darf.» Wahrer Fortschritt sei, dass man diese Leute und ihre «Mitwelt» respektiere.
Gegründet wurde die Right Livelihood Award Stiftung vom Schriftsteller Jakob von Uexküll in Stockholm. Dessen Neffe Ole von Uexküll ist heute Direktor der Stiftung, die auch über eine Tochterorganisation in der Schweiz verfügt.
Ole von Uexküll wies in seiner diesjährigen Begrüssungsrede in der Aula der Universität Zürich auf die besondere Wirkung des Preises für das Engagement für eine bessere Welt.
Die Ärztin Monika Hauser, die Preisträgerin von 2008, habe den Preis als Türöffner gelobt. Die Spendeneinnahmen für ihre Organisation «medica mondiale» hätten sich nach der Auszeichnung verdoppelt und ihr Anliegen, den Opfern von Vergewaltigung im Krieg zu helfen, sei seither vermehrt ein Medienthema.
Der letztjährige Preisträger und Referent der «Right Livelihood Lecture», der Biologe René Ngongo, kämpfe in der Demokratischen Republik Kongo gegen die Zerstörung des Regenwaldes. Vor dem Preis sei Ngonos Organisation durch staatliche Instanzen schikaniert worden, erzählte Uexküll, nach der Auszeichnung sei der Biologe mit einem Staatsempfang begrüsst worden. Zudem seien dank der öffentlichen Aufmerksamkeit dreissig Umweltaktivisten aus dem Gefängnis entlassen worden.