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Veterinärphysiologie

Weibliche Epo-Mäuse mit atypischem Verhalten in Höhenlage

Christine Pfistner konnte in ihrer Dissertation in Mäuseversuchen nachweisen, dass das Hormon Erythropoetin, besser bekannt unter dem Namen Epo, die Wirkung weiblicher Sexualhormone blockiert. Für ihre Arbeit wurde die Jungforscherin von der Vetsuisse-Fakultät mit dem Semesterpreis ausgezeichnet.
Marita Fuchs

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Christine Pfistner, Veterinärmedizinerin: «Überraschender Befund.»

Das Keuchen beim Aufstieg auf den Pilatus auf 2132 Meter über Meer kommt nicht nur vom opulenten Frühstück: Ab einer Höhe von 1500 Meter über Meer sinkt die maximale Sauerstoffaufnahme der Lunge um rund ein Prozent pro 100 Höhenmeter. Der Mensch reagiert darauf mit einer höheren Atemfrequenz und grösserem Atemvolumen.

Diese ventilatorische Antwort auf Sauerstoffarmut im Gewebe ist die unmittelbare Reaktion des Körpers auf den verminderten Sauerstoffpartialdruck in der Höhe. Erfolgt der Aufstieg zu schnell, können sich Atemnot, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen einstellen – typische Symptome der Höhenkrankheit.

Auf den Höhenaufenthalt reagiert der Körper mit der Ausschüttung des Hormons Erythropoetin, besser bekannt unter dem Kürzel Epo, das die Bildung von roten Blutkörperchen anregt. Diese Zunahme der Erythrozyten im Blut erhöht die Transportkapazität des Sauerstoffs im Blut.

Die Höhenkrankheit trifft nicht jeden gleich stark

«Häufig sind Frauen im Vergleich zu Männern nicht so stark von der Höhenkrankheit betroffen und können sich schneller auf tiefere Sauerstoffkonzentrationen einstellen», erklärt Christine Pfistner, «dies dank der weiblichen Sexualhormone Östrogen und Progesteron».

Die Veterinärmedizinerin wollte den Zusammenhang zwischen weiblichen Sexualhormonen und Epo in  ihrer Dissertation auf die Spur kommen. Für das Resultat wurde sie mit dem Semesterpreis der Vetsuisse-Fakultät ausgezeichnet.

«Als Frau Pfistner zu uns ins Labor kam und dieses Projekt innert kurzer Zeit bewältigen wollte war ich sehr skeptisch», meint der Doktorvater  Max Gassmann, «doch ihr Enthusiasmus kombiniert mit experimentellem Geschick und schneller Auffassungsgabe haben mich innert Kürze überzeugt.»

«Die Höhenkrankheit ist nicht nur ein Problem für Bergsteiger und Kletterer», erläutert Christine Pfistner, «auch Menschen, die in grosser Höhe leben, können plötzlich von der Höhenkrankheit befallen werden». Linderung bringt dann nur ein Umzug auf Meereshöhe oder Spritzen mit Östrogen und Progesteron. – Für Männer keine wirklich akzeptable Lösung.

«Epo blockiert die Wirkung weiblicher Hormone»

Unter normalen Umständen benötigen Menschen etwa zehn Tage, bis sie sich mit erhöhter Atemfrequenz und verändertem Atemvolumen an eine Höhe von etwa 4000 Metern angepasst haben. Zum Vergleich: Katzen benötigen zwei Tage, Mäuse drei.

Pfistner setzte Wildmäuse und so genannte Tg6-Mäuse – das sind Mäuse mit einem ständig hohen Epo-Wert im Blut –  in eine Sauerstoffkammer. Dort simulierte sie eine Höhe von 4000 Meter über dem Meeresspiegel. Resultat: Die Wildmäuse passten sich – wie erwartet – innerhalb von drei Tagen den neuen Bedingungen an; die weiblichen Wildtypen schneller als die männlichen.

Die Epo-Tg6-Mäuse hingegen zeigten ein atypisches Verhalten: Anders als bei ihren «wilden» Geschlechtsgenossinnen war bei den weiblichen Tg6-Mäuse keine bessere Anpassung an die dünne Luft feststellbar. «Epo blockierte die Wirkung der weiblichen Hormone», resümiert Pistner. «Das ist ein überraschender Befund», so die Veterinärmedizinerin.

Rezeptoren in der Nähe der Schlagader entscheidend

«Wir konnten zudem nachweisen, dass nicht das Gehirn die Schaltstelle für den Zusammenhang von weiblichen Hormonen und Epo ist, sondern Rezeptoren in unmittelbarer Nähe der Schlagader (Glomus caroticum) eine entscheidende Rolle spielen», so Pfistner.

«Ich habe Forscher-Glück gehabt und konnte relativ schnell eindeutige Resultate vorweisen», sagt Christine Pfistner rückblickend, «doch während meiner Arbeit im Labor hat mir der Umgang mit den Grosstieren gefehlt, deshalb werde ich nicht in der Forschung bleiben sondern  als Tierärztin arbeiten.»

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