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Psychologie

Mit gutem Rat zur richtigen Sportart

Tanzen, Joggen oder doch lieber Yoga? Den passenden Sport zu finden und auch dabei zu bleiben, ist gar nicht so einfach. Die Psychologin Julia Schüler hat untersucht, woher die Motivation kommt. Über die Ergebnisse berichtete sie auf dem 9. Kongress für Gesundheitspsychologie, der letzte Woche an der Universität Zürich stattfand.
Marita Fuchs
Allein oder
im Team: Für jeden gibt es die richtige Sportart.

Bewegung fördert die Gesundheit, das wissen alle. Doch wie kommt eine «Couch-Potato» zum Sport und – viel wichtiger – wie bleibt sie auf Dauer am Ball? Sport ist nämlich dann am wirkungsvollsten, wenn er langfristig betrieben wird.

Den «Flow» erleben

Warum erreichen manche Personen beim Sport einen so genannten «Flow»? Also einen Zustand höchster Konzentration, beim dem sie ganz in der Tätigkeit aufgehen und Spass haben. Gekoppelt mit dem Gefühl, die gewählte Sportart kompetent auszuüben. Und weshalb wenden sich andere frustriert von einer Sportart ab?

Julia Schüler, Psychologin am Psychologischen Institut der Universität Zürich (UZH), wollte es genau wissen. In einem Kooperationsprojekt mit dem Akademischen Sportverband Zürich (ASVZ) hat sie untersucht, ob sich bestimmte Sportarten für einige Personen besser eignen als für andere. Die Resultate präsentierte sie am 9. Kongress für Gesundheitspsychologie, der vom 26. bis 28. August an der UZH stattfand.

Schüler befragte Schweizer Studierende, die beim ASVZ eingeschrieben waren und Studierende einer amerikanischen Universität. Die Daten wurden zu Beginn und am Ende des Semesters erhoben. Das Ziel: Festzustellen, wer die gewählte Sportart beibehalten hat, wie viel Spass er oder sie dabei hatte und weshalb.

Gleichzeitig wurden die Studierenden auch nach ihren Charaktereigenschaften befragt. Etwa, ob für sie Leistung wichtig sei, oder ob sie sich eher von sozialen Motiven leiten lassen. Zudem wurden die Studierenden befragt, ob sie in der ausgewählten Sportart neue Fähigkeiten erwerben konnten und sich dabei kompetent und gut gefühlt hätten.

Julia Schüler: Leistungsorientierte Probanden kamen schneller zum Flow-Erlebnis.

Zwei theoretische Ansätze unter einem Hut

Theoretische Grundlage der Erhebung bilden zwei Theorien aus der Motivationspsychologie, die bisher recht unverbunden nebeneinander standen.

Die eine Theorie ist die Selbstbestimmungstheorie der amerikanischen Forscher Edward L. Deci und Richard M. Ryan. Die beiden Wissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen psychische Grundbedürfnisse haben und die angeborene Tendenz, diese zu befriedigen mit dem Ziel sich persönlich zu entwickeln und psychisches Wohlbefinden zu erreichen – letztendlich intrinsisch motiviert zu sein.

So habe zum Bespiel jeder Mensch das Bedürfnis, sich als kompetent zu erleben. Übersetzt auf den Bereich des Sports heisst das: Jeder möchte sich gut fühlen, jeder gern den «Flow» erfahren. Wird dieses Bedürfnis befriedigt, ist der Mensch auch motiviert und läuft, turnt oder schwimmt weiter. 

Der zweite, persönlichkeitstheoretische Ansatz geht davon aus, dass Menschen unterschiedliche Grundmotive haben, die nicht biologisch, sondern sozial determiniert sind. Jedoch lassen sich bestimmte Motivationsschwerpunkte feststellen: Manche Menschen lassen sich eher durch Leistung motivieren. Einige wollen stark und mächtig erscheinen, und wieder andere lassen sich eher von sozialen Motiven leiten.

Julia Schüler hat beide Ansätze zusammengebracht und sowohl das Kompetenzerleben der Probanden eruiert als auch deren persönliche Grundmotive, die das Leben ausserhalb des Sports bestimmen.

Jedem das Seine

Dabei fand sie heraus, dass leistungsorientierte Probanden schneller zum Flow-Erlebnis kommen, als Personen, die sich nicht so stark an der Leistung orientieren. Durch das Flow-Erlebnis können sie sich auch weiterhin und besonders gut für die jeweilige Sportart motivieren.

Allerdings ist gerade diese Gruppe auch sofort frustriert, wenn sie nicht relativ rasch gute Erfahrungen mit der Sportart machen. «Sie geben dann schneller auf, als die Personen, die sich nicht so stark über Leistung motivieren lassen», sagt Schüler.

Für Leistungsmotivierte sei ein Sport gut, bei dem die Möglichkeit besteht, über ständiges Feedback die eigene Leistung einzuordnen und sich stets zu verbessern. Diese Menschen motivieren sich zum Beispiel durch ihre Lauf- oder Schwimmzeiten, die sie steigern möchten.

Andere, die im Sport eher das soziale Erlebnis suchen, bleiben beim Sport, weil sie ihn als sozialen Event erleben. «Sie bleiben am Ball, wenn das Team gut ist», sagt Schüler. Wieder andere suchen ihre Kompetenz in individuell erfahrbaren, kleinen Schritten, die vom Sportlehrer aktiv unterstützt werden, wie zum Beispiel beim Yoga.

«Die befragten Studierenden hatten in manchen Fällen einfach den falschen Sport gewählt, weil er persönlich nicht zu ihnen passt», stellt Schüler fest. «Wer ein hohes Bedürfnis nach sozialem Anschluss und Austausch hat, sollte nicht alleine joggen gehen, sondern sich einem Sportteam anschliessen.» Hier sei ein Flow-Erlebnis sehr viel wahrscheinlicher – ein Erlebnis also, das auch langfristig für den Sport motivieren würde.

Sportwillige sollten sich deshalb von kompetenter Seite beraten lassen, meint Schüler. «Bevor jemand sich für eine Sportart entscheidet, sollte er sich Gedanken darüber machen, ob diese Sportart auch zu ihm passt.»

Einen Unterschied zwischen US-amerikanischen und Schweizer Studierenden konnte Schüler übrigens nicht ausmachen. Sie ist davon überzeugt, dass zur Überwindung der Trägheit überall nur einer kleiner Impuls gehört: Die persönlich passende Sportart.

Nicht zuletzt aus diesem Grund möchte Schüler künftig zusammen mit dem ASVZ die Sportberatung ausbauen.