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Medienforschung

Migrationsthemen bei TV und Radio kaum präsent

Migrantinnen und Migranten sind für elektronische Medien vor allem dann interessant, wenn es um Kriminalität oder soziale Probleme geht. Migrationsexperten fordern mehr positive Geschichten. Dies fördere die Integration.
Roland Gysin
Heinz Bonfadelli, Professor für Publizistikwissenschaft, Zürich: Migrantinnen und Migranten in elektronischen Medien häufig negativ dargestellt.

Migrantinnen und Migranten sind für Radio und Fernsehen kaum ein Thema. So das Resultat einer Studie über «Migration, Medien und Integration» des Instituts für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich (IMPZ) in Zusammenarbeit mit «Klipp und Klang Radiokurse», Zürich, einem Verein, der unter anderem Ausbildungen für Radiojournalisten durchführt.

Im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom) untersuchten die Medienwissenschafter über einen Zeitraum von fünf Monaten, wie Privatradios und die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten von Radio DRS über Migrantinnen und Migranten berichten. Ebenfalls. miteinbezogen wurde das Angebot des Schweizer Fernsehens (SRG). Speziell erfasst wurden sechs nichtkommerzielle Lokalradios, darunter Radio Lora (Zürich), Radio X (Basel) oder Kanal K (Aarau).

Medien mit Vermittlerrolle

Weil die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweiz wenig Kontakte zu Migrantinnen und Migranten hat, übernehmen die elektronischen Medien eine wichtige Vermittlerrolle. Im Mittelpunkt steht die Frage: Was tragen sie zum Ausländerbild und zur Integration bei?

Ein Resultat der Studie: Zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern ist die Berichterstattung über Migrationsthemen anteilsmässig in etwa gleich. Von 7268 Inlandbeiträgen der öffentlich-rechtlichen Anstalten befassten sich 468 (6,4 Prozent) mit Migrationsthemen. Mit acht Prozent am meisten Beachtung fanden diese Themen beim Zürcher Lokalsender Tele Züri. Im gesamteuropäischen Vergleich, so Projektleiter Heinz Bonfadelli, Professor am IMPZ, liegt der Durchschnittswert bei zehn Prozent.

Negative Berichterstattung dominiert

Wenig erstaunt waren Bonfadelli und seine Mitarbeiter über die Ausrichtung der Sendungen. «Es dominiert die negative Berichterstattung.» In fast der Hälfte aller Berichte seien eindeutige Wertungen erkennbar. Dabei würden Migrantinnen und Migranten häufig primär dargestellt als Kriminelle, Unruhestifter und als Menschen, die den Sozialstaat ausnehmen. Vor allem die Privatradios würden Negativberichte in den Vordergrund stellen. Auffallend: Migrantinnen und Migranten aus Afrika machen zwar nur drei Prozent der ausländischen Wohnbevölkerung aus, kommen aber im untersuchten Zeitraum in zwanzig Prozent der Sendungen vor.

Grosse Programmvielfalt bei Komplementäradios

Dass es auch anders geht, zeigen nichtkommerzielle Komplementärradios. Im Durchschnitt strahlen sie pro Woche 15 Sendungen für Migrantinnen und Migranten aus. An der Spitze: Radio Lora mit 45 Sendungen, am Schluss Radio RaSA (Schaffhausen) und Radio X (Basel) mit je vier Sendungen.

Bonfadelli streicht vor allem die «grosse Programmvielfalt» hervor. Zudem werden 40 Prozent aller Sendungen zweisprachig produziert. Im Vordergrund stehen Ratgebersendungen etwa über den Umgang mit Behörden, Berichte über die entsprechenden Heimatländer oder kulturell-feuillonistische Beiträge. Kaum berichtet wird über religiöse Themen. Programme gibt es in zwanzig verschiedenen Sprachen. An erste Stelle Spanisch, mit deutlichem Abstand folgen Sendungen für Menschen aus Balkanländern, der Türkei, Italien und Portugal.

Die Macherinnen und Macher dieser Sendungen verfügen in der Regel selbst über einen Migrationshintergrund. Bei kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Sendern weisen hingegen nur sechs Prozent der Medienschaffenden diesen direkten Themenbezug auf.

Mehr positive Geschichten gefordert

Von den öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehkanälen fordern die Verfasser der Studie unter anderem spezifische Sendegefässe mit Migrationsthemen. So schreibt Artikel 2 der seit 2008 gültigen Sendekonzession der SRG unter anderem vor, dass die Programme «das Verständnis, den Zusammenhalt und den Austausch unter den Landesteilen, Sprachgemeinschaften, Kulturen, Religionen und den gesellschaftlichen Gruppierungen» fördern sollen.

Vor allem an die Adresse der Privatradios richtet sich der Wunsch nach mehr positiven Geschichten. Zum Beispiel über Migrantinnen und Migranten, die unser Gesundheitssystem am Laufen halten, Restaurantküchen putzen, Strassen und Häuser bauen oder an Universitäten unterrichten.