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Vergangenen Freitag hatte Bildungsdirektorin Regine Aeppli (SP) die Studierenden noch als Demonstrationsumzug vor ihrem Bürofenster erlebt. Sie freue sich, jetzt in einen Dialog eintreten zu können, begrüsste sie die Anwesenden. Diese nutzten die Gelegenheit, um unter anderem auf Sparabsichten, zu geringe Stipendien und eine zu hohe Verschulung des Studiums aufmerksam zu machen. Die Regierungsrätin legte ihre Standpunkte dar, musste allerdings etwa betreffend des Staatsbeitrages an die UZH oder der Stipendien auf die Grenzen ihrer Kompetenzen hinweisen und auf den Kantonsrat verweisen: «Ich habe nicht die Macht, einfach selber zu bestimmen.»
Keine Privatisierung in Sicht
«Bildung ist ein öffentliches Gut, das für alle unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund zugänglich sein muss», stellte Aeppli klar. Es bestehe keinerlei Absicht, Universitäten in der Schweiz zu privatisieren. Was die Finanzierung der UZH betreffe, so erhalte diese bei einem Gesamtbudget von rund 1,1 Milliarden Franken nur gerade 75 Mio. Franken von privater Seite.
Sie verstehe die Kritik am Universitätsrat nicht, so Aeppli auf eine Frage aus dem Publikum. Die Universität habe im Vergleich zu früher mehr Autonomie. Der Universitätsrat als ihr Aufsichtsorgan bestehe aus Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft. Dazu gehöre die Wissenschaft, der Sozialbereich, die Kultur, aber eben auch die Wirtschaft als Teil unserer Gesellschaft.
Wie es möglich sei, dass mit einer SP-Bildungsdirektorin die Idee entsteht, der Universitätsrat solle den Rektor in eigener Regie wählen, wollte ein Student wissen. Die Idee, die Wahl des Rektors näher beim Universitätsrat anzusiedeln, entstand im Kantonsrat und sei nicht beschlossene Sache, stellte Aeppli klar. Der Universitätsrat selber sei der Ansicht, die Universität als Expertenorganisation sollte den universitären Ständen und dem Senat eine Mitsprache bei der Wahl des Rektors einräumen. Das Ergebnis der Diskussion sei noch offen.
Machbarkeitsdenken überbordete
Wie schon Rektor Andreas Fischer wehrte sich auch Regine Aeppli gegen den Vorwurf, die Wirtschaft übe einen zu grossen Einfluss auf die Universität aus. Falls mit der Kritik der «Ökonomisierung» aber die Tendenz gemeint sei, alles messbar zu machen, so teile sie die Bedenken der Studierenden. Die Bologna-Reform sei vom Geist der 1990er Jahre geprägt, alles messbar zu machen, inklusive Bildungsleistungen und Bildungsrenditen.
Dies habe bisweilen zu einer unnötigen Bürokratisierung geführt. Jetzt müsse zurückbuchstabiert werden von diesem Messbarkeitsdenken. Die Bologna-Reform stehe nicht als Ganzes zur Debatte, sondern es gehe darum, nötige Anpassungen vorzunehmen, so Aeppli.
Sie sei wie Rektor Andreas Fischer gegen eine Verdoppelung der Studiengebühren. Eine solche würde allerdings eine Änderung des kantonalen Universitätsgesetzes bedingen, weil dort festgehalten sei, dass die Studiengebühren an der UZH mit denjenigen an anderen Schweizer Universitäten vergleichbar sein müssen. Eine solche Gesetzesänderung würde dem Referendum unterstehen, zeigte Aeppli die politischen Einflussmöglichkeiten auf.
Ob man angesichts der starken Zunahme der Studierendenzahlen in den letzten Jahrzehnten nicht eher eine Verdoppelung der Bildungsausgaben ins Auge fassen müsste, wollte ein Student wissen. Der Staatsbeitrag an die UZH sei immerhin seit ihrem Amtsantritt 2003 von 420 auf heute 560 Mio. Franken gestiegen, antwortete Aeppli.
Rund 30 Prozent des Budgets des Kantons Zürich werde für Bildung aufgewendet, was doch auch deren Stellenwert zeige. Man können sie nicht für die Steuersenkungen der letzten Jahre verantwortlich machen, so Aeppli. Diese seien mehrfach bei Volksabstimmungen beschlossen worden. Sie werde sich aber natürlich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass das Bildungswesen genügend Mittel erhalte: «In Bildung zu investieren, heisst, in die Zukunft zu investieren.»
Was die Stipendien anbelange, so sprach Aeppli von «hohen Hürden» im Kanton Zürich. Die schweizweite Harmonisierung der Stipendien sei schon vor knapp 40 Jahren ein Thema gewesen und es bestehe nach wie vor Handlungsbedarf. Allerdings sei es nicht einfach, politische Mehrheiten zu finden. Insofern sei es begrüssenswert, wenn sich die Studierenden im politischen Prozess engagieren.
Reflexionsfähigkeit als Ziel
Mehrere Studierende beklagten die zunehmende Verschulung des Studiums, den Mangel an Zeit für eigene Gedanken und die starke Ausrichtung der Hochschulbildung auf den Arbeitsmarkt. Die Reflexionsfähigkeit sei weiterhin ein wichtiges Ziel der Hochschulbildung, betonten Fischer und Aeppli. Es sei auch nicht so, dass alle Studiengänge gleich stark strukturiert seien. Das Medizinstudium etwa habe schon vor der Bologna-Reform einen straffen Fahrplan gehabt.
«Wir sollten aber auch nicht so tun, als sei Bologna ganz anders herausgekommen, als es 1999 gedacht war», so Fischer. Das Studium stärker zu strukturieren, die Studienleistungen und -abschlüsse vergleichbar zu machen und die Arbeitsmarktfähigkeit zu erhöhen, gehörten zu den Zielen der Reform. Das bedeute nicht, die Studiengänge ausschliesslich auf den Arbeitsmarkt hin auszurichten.
«Arbeitsmarktfähigkeit ist nicht a priori schlecht», so Fischer. Zudem stehe es allen frei, Studiengänge zu wählen, die mehr an den Grundfragen des Lebens als an konkreten Berufszielen orientiert sind.
Viele Fragen, die in den letzten Wochen aufgeworfen oder schon im Raum gestanden seien, bedürften vertiefter und bisweilen je nach Fachrichtung separater Diskussionen, sagte Aeppli. Der Universitätsrat wolle mit der Universitätsleitung demnächst besprechen, in welcher Form diese Diskussion unter Einbezug der Studierenden, Dozierenden und des Mittelbaus sinnvollerweise geführt werden kann.
Entsprechend wollten Fischer und Aeppli zur Enttäuschung von «unsereuni» kein separates Gespräch über deren Forderungskatalog vereinbaren. Die heutige Veranstaltung habe Raum geboten, Fragen und Antworten zu diskutieren.