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Ausgezeichnete Seminararbeiten

Nachwuchsförderung mit Semesterpreisen

Jedes Semester werden zwanzig Seminararbeiten von der Universität Zürich prämiert. Diese Semesterpreise haben eine lange Tradition und sind ein wichtiges Instrument der Nachwuchsförderung. Gleichzeitig spiegeln sie die Vielfalt von Forschung und Lehre an der Universität Zürich. unipublic stellt zwei Arbeiten vor, die im März 2008 ausgezeichnet wurden.
Marita Fuchs, Adrian Ritter

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Wie ist es um die Lebensqualität Alleinlebender in der Schweiz bestellt? Oder: Wenn immer mehr Privatpersonen vor den internationalen Gerichtshöfen klagen, wie verändert sich das Völkerrecht? Beantwortet werden diese Fragen jeweils in der Lizenziats- bzw. Seminararbeit der Zürcher Studierenden Cornelia Bänziger und Daniel Decurtins. Und weil sie besonders sorgfältig und kreativ gearbeitet haben, wurden sie im März 2008 vom Rektor prämiert. Die Preisträger erhalten eine Urkunde und 600 Franken Preisgeld. «Die Semesterpreise fördern bereits auf Seminarebene akademische Talente», begründet Generalsekretär Kurt Reimann die Motivation der Universität Zürich für diese Auszeichnung. Sie seien ein bewährtes Instrument der Nachwuchsförderung und werden bereits seit dem Wintersemester 1949/50 jedes Semester verliehen.

Kinderlosigkeit kein Defizit

Cornelia Bänziger hat sich in ihrer Lizenziatsarbeit im Fach Soziologie mit dem Thema «Support, der Kreise zieht» mit Supportnetzwerken und ihrem Einfluss auf die Lebenszufriedenheit Alleinlebender in der Schweiz befasst. «Ich habe zum Glück während des Schreibens von einer guten Betreuung profitieren können, die mich angespornt hat », erzählt Cornelia Bänziger rückblickend. Sie hat ein Jahr Zeit in ihre Lizenziatsarbeit investiert. «Der Preis freut mich sehr und zeigt, dass die Mühe nicht umsonst war.»

Sie war von der Hypothese ausgegangen, dass ältere, alleinlebende Personen mit Kindern zufriedener seien, als diejenigen ohne Kinder. Dass jedoch Kinderlose genau so zufrieden mit ihrem Leben sind, war für sie überraschend. «Es gibt keinen Unterschied in der subjektiv empfundenen Lebensqualität zwischen Personen mit Kindern und solchen ohne.»

Preisträgerin Cornelia Bänziger-Küng untersuchte die Lebenszufriedenheit Alleinlebender in der Schweiz.

Unterschätzte Nachbarschaft

Ebenso überraschend fielen auch ihre Ergebnisse zum sozialen Netzwerk von Alleinlebenden aus: Nachbarn sind in etwa so wichtig wie Freunde, fand Bänziger heraus. «Sie sind meist eher da, wenn gerade jemand gebraucht wird». Der nächste Schritt wäre, noch differenzierter herauszuarbeiten, wann Nachbarn und wann Freunde zum Zuge kommen, betont die Preisträgerin. Sie möchte das allerdings nicht in einer Dissertation vertiefen. Die 45-Jährige fand auf dem zweiten Bildungsweg zum Studium. Als Mutter zweier, inzwischen erwachsener Kinder, arbeitete sie – auch während des Studiums – als Buchhalterin. «Ich möchte meine Kenntnisse jetzt in einem neuen beruflichen Umfeld umsetzen, sagt Bänziger.

Statistik in lebhafte Sprache umgesetzt

Soziologieprofessor Marc Szydlik hat Cornelia Bänzigers Arbeit zusammen mit seiner Assistentin Martina Brandt betreut und für den Semesterpreis vorgeschlagen. «Anspruchsvolle Abschlussarbeiten am Soziologischen Institut behandeln gesellschaftlich relevante Fragen und bieten dabei theoriegeleitete empirische Forschung, das heisst, sie überzeugen sowohl in theoretischer als auch empirischer Hinsicht», sagt Szydlik. Wichtig sei gerade auch die gelungene Verbindung von Theorie und Empirie. «Cornelia Bänziger hat mit anspruchsvollen statistischen Methoden gearbeitet und die gesellschaftliche Relevanz der Ergebnisse aufgezeigt, zudem ist die Arbeit sehr gut geschrieben», begründet Szydlik seine Auswahl und freut sich darüber, dass sein Vorschlag von der Fakultät angenommen wurde. Marc Szydlik ist davon überzeugt, dass seiner Studentin die Auszeichnung bei einer Stellenbewerbung helfen wird. «Die Urkunde beeindruckt Arbeitgeber».

Rüstzeug für eine akademische Karriere

Daniel Decurtins studierte im siebten Semester Rechtswissenschaft, als er das Seminar «Zukunft des Völkerrechts» bei Professorin Helen Keller besuchte. In seiner Seminararbeit widmete er sich der Individualisierung des Völkerrechts. Er beschreibt eine Entwicklung, die im Begriff ist, das Gesicht der Völkerrechtsordnung grundlegend zu verändern, indem Individuen vom Objekt zum Subjekt des Völkerrechts werden und auf internationaler Ebene mehr Rechte übernehmen und beispielsweise vor internationalen Gerichtshöfen klagen können.

Daniel Decurtins erhielt seinen Semesterpreis für seine Arbeit über die Individualisierung des Völkerrechts.

Daniel Decurtins beleuchtet in seiner Arbeit anhand von Beispielen die Vor- und Nachteile der umstrittenen Individualisierung. Sehen die Befürworter eine Stärkung der internationalen Gerichtsbarkeit, so befürchten die Kritiker, dass Staaten zurückhaltender werden, völkerrechtliche Verträge abzuschliessen oder solche zu kündigen und dadurch das Völkerrecht sogar schwächen.

In einer «sehr klaren und differenzierten Weise» habe sich Decurtins mit dem Thema auseinandergesetzt, lobt Helen Keller. Die Arbeit zeuge von einem tiefen, aber auch breiten Verständnis des Völkerrechts. Nicht nur sei die Arbeit sprachlich von einer hohen Qualität, sondern dem Autor gelinge es, eine eigene Position zu vertreten, die er überzeugend begründen könne. Für Helen Keller sind die Semesterpreise ein wichtiges Instrument der Nachwuchsförderung. «Ich möchte damit dem Preisträger signalisieren, dass er das nötige Rüstzeug für eine Dissertation und vielleicht auch für eine akademische Karriere hat.»

Daniel Decurtins freut das Lob: «Der Preis gibt mir Selbstvertrauen und Mut, mich weiteren Herausforderungen zu stellen». So weiss er denn auch bereits, dass er seine berufliche Zukunft dem internationalen Recht widmen wird. Besonders faszinierend sei daran die Interdisziplinarität, indem es philosophische, politische und rechtliche Aspekte berücksichtigt.