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Hula-Hoop mit Atomkernen

Im Bereich der Kernresonanz gehört Zürich seit je zu den wichtigsten Forschungsplätzen. Nobelpreisträger Richard Ernst erinnerte am «17th Swiss NMR Symposium» an der Universität Zürich an die Geschichte dieser noch längst nicht ausgeschöpften Methode.
Oliver Zerbe

Kernspintomographen sind aus der Medizin bekannt und schon mancher hat bereits selber für eine Untersuchung in einer solchen «Röhre» gelegen. Das Phänomen der Kernresonanz (Nuclear Magnetic Resonance, NMR), das dem Tomographen zu Grunde liegt, ist jedoch auch eine der wichtigsten Analytikmethoden in der modernen Chemie und hat darüber hinaus Einzug in die moderne Biologie, Physik und Materialwissenschaft gehalten.

Einer der Nobelpreisträger in Sachen Kernresonanz: Prof. Richard Ernst blickte am «17th Swiss NMR Symposium» auf eine erfolgreiche Zürcher Forschungsgeschichte zurück.

Vier Nobelpreise

Der Standort Zürich ist eng mit der Entwicklung dieser Technik verbunden. Bereits viermal wurde ein Nobelpreis im Zusammenhang mit der Kernresonanz verliehen (Felix Bloch und Edward Purcell 1952, Richard Ernst 1991, Kurt Wüthrich 2002 und Paul Lauterbur und Peter Mansfield 2003), zwei davon gingen nach Zürich. Am «17th Swiss NMR Symposium», das am Dienstag an der Universität Zürich am Irchel stattfand, erinnerte Richard Ernst auf humorvolle Weise an die herausragende Rolle Zürichs in diesem Gebiet.

Die ersten Experimente zu NMR wurden jedoch nicht in Zürich, sondern von Georg Bene in Genf durchgeführt, wie Ernst zum Erstaunen seiner Zuhörer berichtete. Im Folgenden schilderte er aber mit Nachdruck die Leistungen der Zürcher Forscher auf diesem Gebiet. Erstaunlich sei, dass Felix Bloch nach seinen sehr frustrierenden Erfahrungen während seiner Dissertation auf dem Gebiet der Supraleitung (« ...der Umzug von Leipzig nach Zürich war gekennzeichnet durch den Übergang von Optimismus zu Pessimismus») trotzdem der Forschung treu blieb. Das Beharrungsvermögen zahlte sich aus: Nach seinem Umzug nach Stanford erhielt er den Nobelpreis für die Erforschung der Grundlagen der Kernresonanz.

Hans Heinrich Günthard demonstriert mit einem Hula-Hoop den Kernspin in Atomen.

Hula-Hoop zur Veranschaulichung

Die sehr erfolgreiche NMR-Forschung an der ETH wurde von Hans Heinrich Günthard begründet, dessen Nachfolger Hans Primas, und insbesondere der Referent Richard Ernst, die theoretischen und experimentellen Grundlagen für die moderne NMR Spektroskopie legten. Dass Günthard auch zu unkonventionellen Methoden griff, wenn es darum ging, das neue Gebiet zu veranschaulichen, zeigte Ernst mit einem Foto: Darauf demonstriert Günthard mit einem Hula-Hoop Reifen die Prezessionsbewegung der Spins. Ernst selber musste sich zum Beginn seiner Laufbahn eine Baracke auf dem Dach des Gebäudes des Physikalischen Chemie mit Kurt Wüthrich teilen, der später ebenfalls Weltruhm für seine Arbeiten zur Strukturaufklärung von Proteinen mittels NMR Spektroskopie erlangte.

Richard Ernst als Experimentator in Amerika bei der Entwicklung der Fourier-NMR Spektroskopie.

An der Universität Zürich begründete der Physiker Hans Staub die NMR Schule, die sich mit Ernst Brun, Detlef Brinkmann, Hans Fischer, Peter Boesiger und Klaas Prüssman bis heute sehr erfolgreich fortgesetzt hat. Wolfgang von Philipsborn in der Organischen Chemie hat dann die Messung auf andere Kerne ausgedehnt, und somit viel Neuland im Periodensystem den NMR Spektroskopikern erschlossen.

Direkter Blick ins Hirn

Nach dem Rückblick durch Ernst gab eine Reihe von Vorträgen Einblick in die aktuelle Forschung zur NMR. Eine am Universitätsspital angesiedelte Imaging Gruppe weist beispielsweise mittels räumlich lokalisierter Spektroskopie Metabolite direkt im Hirn oder Rückenmark nach, ohne dem Patienten Proben entnehmen zu müssen. Eine Erkenntnis aus diesen Arbeiten war, dass Patienten, die an Depressionen leiden, offensichtlich reduzierte Level an Glutamin und erhöhte Level an Glutamat aufweisen.

Eine grössere Zahl Referenten berichtete über Strukturuntersuchungen von Proteinen und RNA mittels NMR, in deren Zentrum Fragestellungen der modernen Strukturbiologie oder Pharmaindustrie standen. Dazu wurden Techniken der Lösungs- wie auch der Festkörper-NMR eingesetzt. Die ganze Bandbreite der Techniken wurde schliesslich in einem Vortrag eines Mitarbeiters von Nestle deutlich, bei dem es darum ging, die Diffusion von Gasen in Schokolade zu messen. All die interessanten Beispiele zeigten, dass das Potential der NMR Spektroskopie trotz der vier Nobelpreise noch längst nicht ausgeschöpft ist.

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