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Holographien ohne störende Zwillinge

Mit der Holographie können Objekte dreidimensional abgebildet werden. Bisher liess sich jedoch dabei eine Unschärfe, das so genannte «twin image» nicht vermeiden. Tatiana Latychevskaia vom Physik-Institut der Universität Zürich hat nun eine Methode gefunden, um das «twin image» zu eliminieren. Die holographische Abbildung von Molekülen rückt damit in den Bereich des Möglichen.
Theo von Däniken

Die Szene ist bekannt: Der Bösewicht ist auf ein Überwachungsvideo gebannt, das Gesicht jedoch unscharf und schlecht belichtet, die Person nicht erkennbar. Nun tritt der Computerexperte auf den Plan: Schritt für Schritt wird das Bild nachgeschärft und korrigiert, bis sich aus dem unklaren Pixelsalat langsam das Gesicht des Schurken herausschält.

Tatiana Latychevskaia hat eine Methode gefunden, um das störende «twin image» aus Holographien zu eliminieren.

Was in den Filmen meist wenig plausibel wirkt, hat Tatiana Latychevskaia vom Physik-Institut der Universität Zürich für holographische Bilder realisiert und damit eines der wichtigsten Probleme der jahrzehntealten Methode gelöst. In der Holographie, die dreidimensionale Abbildungen von Objekten ermöglicht, sind Unschärfen, das so genannte «twin image» nicht zu vermeiden. Sie entstehen zwangsläufig, wenn das holographische Bild aus einem Strahlungsmuster rekonstruiert wird.

Tausend Schritte zum scharfen Bild

Werden grosse Objekte holographisch abgebildet, ist das «twin image» kein Problem, weil das Bild trotz der Unschärfe klar erkennbar ist. Will man aber kleine und kleinste Objekte, wie Atome, Moleküle oder Proteine abbilden, dann ist kaum zu unterscheiden, welche Teile nun dem «richtigen» Bild und welche dem «twin image» zugerechnet werden müssen. Latychevskaia hat nun eine Methode gefunden, wie sich das «twin image» rechnerisch aus den Holographien entfernen lässt.

Holographische Abbildung einer Tungsten-Spitze, ohne Korrektur (l.) und nach 500 Durchläufen (r.): Die negativen Werte sind ganz verschwunden, das Bild ist scharf.

«Wenn man die Phasen- und Absorptionswerte eines Hologramms betrachtet, dann gibt es Bereiche mit negativen Werten», erläutert Latychevskaia den Ansatz ihrer Berechungen. «Solche negativen Werte rühren vom «twin image» her, denn sie wären physikalisch gar nicht möglich, wenn es nur das Objektbild gäbe.» Latychevskaia korrigiert nun diese Werte und berechnet das Bild neu. Dies wird so lange wiederholt, bis die negativen Werte ganz verschwunden sind: Nach mehreren Hundert bis Tausend Rechendurchläufen steht das Objekt scharf und ohne störendes «twin image» da.

Abbildungen statt Modelle

Mit der Eliminierung des «twin images» ist ein wesentliches Problem gelöst, um mittels Hologrammen künftig molekulare Strukturen dreidimensional abbilden zu können. «Die Holographie ist gegenüber herkömmlichen Methoden, dreidimensionale Modelle von solchen atomaren Strukturen zu erhalten, wesentlich weniger aufwändig», erklärt Latychevskaia. Bisher müssen aus einer riesigen Datenmenge Modelle errechnet werden. «Mit der Holographie können tatsächliche Abbildungen – nicht Modelldarstellungen – von molekularen Strukturen hergestellt werden.» Damit könnten beispielsweise Biologen oder Mediziner viel einfacher als bisher die Struktur von Proteinen oder Molekülen studieren.

Das Innere des Elektronenstrahl-Mikroskops für die holographischen Aufnahmen mit der Strahlenquelle (links der Mitte) und dem Objektträger (rechts der Mitte auf dem orangen Sockel).

Der Vorteil von Latychevskaias Korrekturmethode ist, dass sie unabhängig ist von den Umständen, unter denen das holographische Bild entstanden ist. So werden keine Informationen über das Objekt oder über das Trägermaterial an sich benötigt. Wichtiger noch, das Herausrechnen des «twin image» ist nicht abhängig von der Wellenlänge der Strahlenquelle. So spielt es keine Rolle, ob ein holographisches Bild mit sichtbarem Licht – beispielsweise mit Laser – oder mit Elektronenstrahlen kleiner Wellenlänge erstellt wurde. Solche etwa sind nötig, um Strukturen in der Grössenordnung von Molekülen erfassen zu können.

Europäisches Forschungsprojekt

Bisher hat Latychevskaia mit Bildern aus einer Laserquelle gearbeitet. Um Moleküle dreidimensional sichtbar machen zu können, experimentiert sie nun im Labor von Professor Hans-Werner Fink mit einem nieder-energetischen Elektronenstrahl, einer so genannten Low Energy Electron Point Source (LEEPS). Mit der Apparatur erstellt sie holographische Bilder von DNA-Sequenzen. Die Experimente laufen im Rahmen des Europäischen Forschungsprojektes Sibmar (www.sibmar.org). Ziel ist, so Latychevskaia und Fink, bis 2009 erstmals eine tatsächliche dreidimensionale Abbildung eines Moleküls zu erhalten.