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Yakuza, Karate und die Meiji-Renovation

Die Förderung des akademischen Nachwuchses fängt früh an. Der universitäre Forschungsschwerpunkt «Asien und Europa» prämierte zum ersten Mal Maturaarbeiten zum Thema Asien.
Theo von Däniken

Die Preisträger von links nach rechts: Simon Keller, Simon Schwager (beide Kantonsschule Wiedikon) und Damian Lüthi (Kantonsschule Hohe Promenade).

Asien und insbesondere Japan üben auf die Zürcher Maturandinnen und Maturanden offenbar eine grosse Faszination aus. Zahlreiche Maturaarbeiten jedenfalls befassen sich mit dem Kontinent, der zwar mit Europa verbunden, gleichzeitig aber doch recht fern ist. Dieses Interesse an Asien ist für den Universitären Forschungsschwerpunkt (UFSP) «Asien und Europa» ein Ansatzpunkt, um die Brücke zwischen Gymnasium und Universität zu schlagen.

Erstmals hat der UFSP dieses Jahr deshalb herausragende Matura-Arbeiten zu Asien ausgezeichnet. «Die Maturandinnen und Maturanden und die Wissenschaftler in verschiedenen Fachrichtungen, die sich mit Asien befassen, teilen ein gemeinsames Interesse», sagte der Islamwissenschaftler Prof. Ulrich Rudolf anlässlich der Preisübergabe für die drei besten Arbeiten. «Und Interessierte sollten eine Gelegenheit haben, sich zu treffen und auszutauschen.»

«In den Arbeiten ist ein grosses persönliches Engagement spürbar», freute sich der Islamwissenschaftler Prof. Ulrich Rudolph bei der Preisübergabe.

Die prämierten Arbeiten könnten sich mit Proseminararbeiten an der Universität durchaus messen, lobte Rudolph. «Uns hat vor allem die Ausführlichkeit der Arbeiten, aber auch die Genauigkeit in der Argumentation überzeugt.» Alle drei Arbeiten zeichneten sich zudem durch eine starke persönliche Identifikation der Autoren mit dem Thema aus.

Ist Karate japanisch?

Der persönliche Zugang zum Thema war bei Damian Lüthi augenfällig: Seine mit dem zweiten Preis ausgezeichnete Arbeit zum Ursprung des Karate präsentierte er im Karategewand. «Seit mehr als der Hälfte meines Lebens übe ich Karate als Sportart aus», sagte Lüthi. Zusammen mit seinem Interesse an Geschichte und Philosophie sei es deshalb nahegelegen, den Ursprüngen dieser Kampfsportart nachzugehen.

Damian Lüthi betreibt seit Jahren selber Karate und kam so zum Thema für seine Matura-Arbeit.

Dabei ist er auf Überraschendes gestossen: Karate stammt nämlich nicht eigentlich aus Japan, sondern entstand ab dem 15. Jahrhundert auf der zum Königreich Ryukyu gehörenden Insel Okinawa – als «Waffe» der einheimischen Bevölkerung gegen die japanischen Besatzer. Mit der Integration Okinawas als japanische Präfektur im 19. Jahrhundert gelangte die Kampfkunst nach Japan und wurde von dort aus in der ganzen Welt bekannt.

Yakuza als Ordnungsmacht?

Persönliche Begegnungen lagen auch dem ebenfalls zweitplatzierten Beitrag von Simon Keller zu Grunde: Als Austauschschüler in Japan kam er nämlich mit dem Phänomen der Yakuza – der japanischen Mafia – in Kontakt. Und zwar nicht nur thematisch, sondern auch real: «Ein befreundeter Austauschschüler war in einer Familie untergebracht, deren Vater sich offen als Yakuza-Mitglied bezeichnete», erzählte Keller. Durch ihn sei er in Kontakt gekommen mit anderen Yakuza-Mitgliedern: «Richtig interviewen konnte ich sie allerdings nicht.»

Simon Keller zeigte während seines Austauschjahres keine Berührungsängste zu den berüchtigten Yakuza.

Dafür berichtete er in seiner Arbeit umso plastischer vom Auftreten der Yakuza-Mitglieder, von ihrem Dresscode – hüten Sie sich vor überdimensionierten Krawatten und knalligen Hemden – und ihren nicht nur illegalen Methoden. «Vielleicht sei seine Arbeit etwas zu unkritisch ausgefallen», räumte Keller im Rückblick ein. Seine These lautete nämlich, dass die Yakuza, zusammen mit dem Staat und der Polizei eine wichtige Ordnungsmacht in Japan darstellen.

Modernisierung um jeden Preis?

Die mit dem ersten Preis ausgezeichnete Arbeit befasste sich mit der raschen Modernisierung Japans in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, der so genannten Meiji-Renovation. Simon Schwager zeigte in einer sehr breiten Darstellung die Gründe der erzwungenen Öffnung Japans um 1850 und die Folgen, die die rasche Aneignung westlicher Technik und Lebensformen in Politik und Gesellschaft Japans nach der rund 200 Jahre dauernden Phase der Abschottung zeitigten.

Simon Schwager beeindruckte mit seiner umfassenden Behandlung der Öffnung Japans.

«Der raschen Modernisierung wurde damals alles andere untergeordnet», brachte Schwager seine Erkenntnisse auf den Punkt. Hauptantriebskraft war dabei der Wille, sich nicht von westlichen Ländern kolonialisieren zu lassen. Eine Folge davon war die imperialistische japanische Aussenpolitik, die sich – bereits kurz nach dem Beginn der Modernisierung – erfolgreich gegen Russland und China wendete.

Beeindruckende Präsentationen

Die Arbeiten der drei prämierten Maturanden fanden im akademischen Publikum eine gute Aufnahme und regten zu Nachfragen an. Diese beantworteten die drei Preisträger kompetent und schlagfertig. Überhaupt beeindruckten alle drei mit gut vorbereiteten und souverän vorgetragenen Präsentationen. Ulrich Rudolph zog jedenfalls ein positives Fazit: «Die Zürcher Lehrer werden auch künftig von uns Post erhalten», sagte er im Hinblick auf künftige Ausschreibungen des Preises.