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Mit dem Klimawandel handeln

Können Finanzinstrumente zur Lösung anstehender sozialer und ökologischer Probleme beitragen? Mit dieser Frage befasste sich eine Tagung des Swiss Finance Institute.
Theo von Däniken

Der Klimawandel braucht nicht nur technische und politische Antworten. Auch die Wirtschaft und mit ihr die Finanzmärkte sind gefragt, taugliche Instrumente für den Umgang mit den ökologischen Herausforderungen zu finden. Im Bereich der Treibhausgase ist der Handel mit Emissionszertifikaten eine Möglichkeit, ökologische Ziele mit Mitteln des Marktes zu erreichen.

Sind die grossen Überschwemmungen in Europa der vergangenen Jahre Einzelereignisse oder Folge des Klimawandels? Martin Grosjean erläutert, wie aus Datenreihen Prognosen werden.

Wie tauglich dieser Ansatz ist, wurde an der Tagung «Financial Innovation for Societal Risks» des Swiss Finance Institutes am Dienstag erörtert. Obwohl die Klimaszenarien selbst bei nüchterner Betrachtung doch eher Anlass zu Sorge geben, waren sich die Fachleute einig, dass die Herausforderungen des Klimawandels mehr als Chance, denn als Gefahr aufzufassen sind.

Soziale Folgen weitgehend unbekannt

Dass sich das Klima erwärmt und dass die von Menschen erzeugten Emissionen an Treibhausgasen die wichtigste Ursache davon sind, ist wissenschaftlich schon lange anerkannt, wie der Geografie-Professor Martin Grosjean, Leiter des NCCR Climate des Schweizerischen Nationalfonds, in Erinnerung rief: «Die Fakten, auf die sich beispielsweise Al Gore oder Nicholas Stern beziehen, sind im Wesentlichen seit rund zwanzig Jahren bekannt.»

Aufgrund langjähriger Datenreihen sind die Einflussfaktoren, die das Klima bestimmen, gut untersucht und der Einfluss der Treibhausgase kann von anderen Faktoren unterschieden werden. Dies erlaubt es, Szenarien für die Zukunft zu entwerfen, welche die Effekte einer Zunahme der Treibhausgase aufzeigen.

Wieviel Wasser braucht es 2100?

«Wir wissen viel über das Klima, was wir jedoch kaum wissen, sind die sozialen Auswirkungen, die die Klimaänderungen haben werden», sagte Grosjean. So könnten beispielsweise aufgrund des anzunehmenden Temperaturanstieges Aussagen über die Wassermenge in den europäischen Flüssen im Jahr 2100 gemacht werden. «Was jedoch fehlt, sind Aussagen über die dannzumalige Nachfrage nach Wasser.» Denn bereits Mitte des 21. Jahrhunderts werde die Schweizer Landwirtschaft im Sommer nicht mehr ohne Bewässerung auskommen.

Es brauche deshalb Pläne, wie mit dem Klimawandel umgegangen werden könne. Bisher habe aber nur Finnland als einziges europäisches Land einen nationalen Plan dafür. Dabei seien verschiedene Probleme zu lösen, insbesondere die der Finanzierung und der globalen Zusammenarbeit. So müsse beispielsweise verhindert werden, dass Länder zu Trittbrettfahrern werden können und die Kosten der Klimaverbesserung anderen Ländern überlassen.

Geografie-Professor Rodney R. White sieht in der Klimaproblematik eine Chance für einen echten Nord-Süd-Dialog, weil die Industrieländer auf die Treibhausgasreduktionen in den Entwicklungsländern angewiesen sind.

CO2 ist global

Das Problem der Treibhausgase ist ein echt globales Problem, bekräftigte auch Rodney R. White, Geografieprofessor an der Universität von Toronto und Autor eines Buches zu «Carbon Finance – The Financial Implications of Climate Change». Denn im Gegensatz zu anderen Luftschadstoffen wie etwa Schwefeldioxid verbleibe CO2 über Jahrzehnte in der Atmosphäre und könne sich weit verteilen. Lösungen müssen deshalb auch auf globaler Ebene gefunden werden. White befasste sich im Besonderen mit der Frage, inwieweit Finanzmarktmechanismen eingesetzt werden können, um Umweltprobleme zu lösen. Der Erfolg von ökologischen Finanzprodukten zeige sich an zwei Faktoren: Erstens müssen die Produkte einen Markt finden und zweitens muss das Produkt die Umweltziele erreichen, für die es ausgestaltet worden ist.

Funktionierender Markt – kollabierte Preise

Für den seit 2005 eingerichteten Handel mit CO2-Emissionszertifikaten der EU lässt sich die Erfolgsfrage noch nicht beantworten, wie White ausführte. Seit 2005 müssen Unternehmen und Einrichtungen ab einer gewissen Grösse Zertifikate zum Ausstoss von CO2 erwerben. Firmen, die mehr CO2 ausstossen als vorgegeben, können zusätzliche Zertifikate erwerben. Im Gegenzug können Firmen, die die Vorgaben unterschreiten, ihre Zertifikate verkaufen und so ihre Investitionen in die CO2-Reduktion rückfinanzieren.

Der Markt für die Zertifikate etablierte sich rasch und der Handel sowie der Preis für die Zertifikate stieg ab 2005 kontinuierlich an, zeigte White auf. Allerdings brach er im April 2006 ein, als bekannt wurde, dass die meisten Firmen die vorgegebenen Ausstoss-Ziele bereits erfüllen. Die von den Ländern vorgegebenen Reduktionsziele erwiesen sich als zu wenig ambitioniert, weshalb die Nachfrage einbrach und der Preis für Emissionszertifikate zerfiel.

White zeigte sich aber dennoch optimistisch für die Zukunft des Emissionshandels, denn es habe sich eine Infrastruktur nicht nur für den Handel, sondern auch für die Festlegung und die Überprüfung der CO2-Emissionen etabliert. Zudem dürften in einer zweiten Phase, die ab 2008 bis 2012 vorgesehen ist, die Reduktionsziele deutlich strenger werden.

«Jetzt geht's los»: Robert Rabinowitz sieht im den Emissionshandel ein grosses Marktpotential.

Stetig wachsender Markt

Gute Marktchancen verspricht sich auch Robert Rabinowitz, Direktor der Climate Exchange (Europe), vom Handel mit Emissionszertifikaten: «Umweltregulationen werden nie schwächer. Ist ein Ziel erreicht», so Rabinowitz, «kommt die nächste Runde der Reduktionen.» Der Markt für Reduktionszertifikate werde sich deshalb ständig ausweiten, nicht nur durch stetig strengere Regulationen, sondern auch durch den Einbezug von immer mehr Wirtschaftsbereichen und Regionen in die Reduktionsziele.

Rabinowitz, dessen Unternehmen Märkte und Instrumente für den Emissionshandel entwickelt und betreibt, ist auch von der Wirksamkeit des Instruments überzeugt. Dies zeige beispielsweise der in den 90er Jahren in den USA eingeführte Handel mit Emissionszertifikaten für Schwefeldioxid und Stickoxide für Energieproduzenten. Nicht nur habe sich rasch ein funktionierender Markt etabliert, sondern auch die Reduktion des Ausstosses sei erreicht worden; dies bei gleichzeitig steigender Stromproduktion.

Zudem konnte die Reduktion zu einem günstigeren Preis erreicht werden, als dies vorher geschätzt wurde. Mit dem Emissionshandel können Unternehmen entscheiden, ob sie Kapital investieren, um ihren Ausstoss zu senken, oder ob sie dieselbe Menge CO2 über den Kauf von Zertifikaten «einsparen».

Je nach Preis der Zertifikate kommt sie dies günstiger. «Das Ziel des Emissionshandels ist, den effizientesten Einsatz von Kapital zu ermöglichen, um ein bestimmtes Reduktionsziel zu erreichen», erklärte Rabinowitz. Auch längerfristig sieht er Einsparungen, weil er davon ausgeht, dass die Kosten, um Reduktionen zu erreichen dank der Weiterentwicklung der Technologien sinken werden.

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