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Krebs unter dem Mikroskop

Dr. Massimo Lopes ist neuer Förderungsprofessor am Institut für molekulare Krebsforschung. Er versucht, die Ursachen von Krebs und anderen Erkrankungen unter dem Elektronenmikroskop sichtbar zu machen.
Adrian Ritter

Der neue Förderungsprofessor Massimo Lopes mit seinem Arbeitsinstrument, einem Transmissionselektronenmikroskop (TEM).

Dass er sich während des Studiums der Biologie an der Universität Milano auf Molekularbiologie spezialisierte, sei Zufall. Oder besser gesagt: «Ich hatte einen hervorragenden Professor, der über den Zellzyklus forschte und mich mit seinem Enthusiasmus ansteckte», so Lopes.

Den Zellen und insbesondere ihren möglichen Problemen beim Kopieren der DNA ist Lopes bis heute treu geblieben. Im Moment richtet der bald 33-Jährige für die Forschung an entsprechenden Fragen an der Universität Zürich-Irchel sein Labor und Büro ein. Der Schweizerische Nationalfonds ermöglicht ihm im Rahmen einer Förderungsprofessur, in den nächsten vier Jahren nach Möglichkeiten zu suchen, Fehler bei der DNA-Replikation bildlich sichtbar zu machen.

Bilder für die Titelseite

Helfen wird ihm dabei vor allem das so genannte Transmissionselektronenmikroskop (TEM). «Keine andere Methode liefert ohne Umwege über Berechnungen und Computer-Rekonstruktionen derart hochauflösende Bilder der Struktur der Chromosomen», schwärmt Lopes. Das TEM hält zum Beispiel im Bild genau fest, an welcher Stelle das Erbgut gerade getrennt wird, um die genetische Information zu kopieren.

Gesunde Hefezelle unter dem Elektronenmikroskop: Die Aufnahme zeigt die «Y-Struktur», wie sie bei der Replikation der Erbsustanz auftritt. Links der noch nicht getrennte DNA-Strang (unrepliziert, U), rechts die replizierten Stränge (R).

Kein Wunder, hat die Wissenschaftszeitschrift «Science» die damit ermöglichten Bilder von Massimo Lopes schon auf ihre Titelseite gesetzt. Seine Bilder und Analysen brachten zum Beispiel der Krebsforschung neue Hinweise auf die Entstehung der Krankheit und ihm selber zahlreiche Forschungspreise wie den «Brupbacher Young Investigator Award» (2003) oder den «Ernst Th. Jucker Preis» (2006).

Von der Hefe zum Menschen

Geehrt wurde er damit für seine wissenschaftlichen Beiträge als Postdoktorant an der ETH Zürich in den Jahren 2002 bis 2005. Während diesen Jahren lernte er bei Dr. José Sogo auch den Umgang mit dem TEM. «Dafür bin ich sehr dankbar, denn weltweit sind nur etwa zehn Labors in der Lage, mit TEM qualitativ gute Bilder der DNA-Replikation herzustellen», so Lopes.

Der Wechsel ans Institut für molekulare Krebsforschung der Universität Zürich im Jahre 2005 war ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt. Hatte er zuvor ausschliesslich Hefezellen untersucht, stand jetzt der Schritt zur Forschung mit menschlichen Zellen an.

Hindernisse im Erbgut

Lopes interessiert dabei vor allem die so genannte «stressed replication» – Replikationen des Erbgutes unter schwierigen Bedingungen. So sind für die Zelle beispielsweise gewisse sich wiederholende Basenkombinationen in der DNA schwierig zu replizieren.

Man vermutet, dass sie sich im Erbgut zum Beispiel in der Form von Schleifen in der Doppelhelix äussern – kein pathologisches Phänomen zwar, aber eine mögliche Fehlerquelle. Gewisse Erbkrankheiten führen nämlich dazu, dass die Replikation bei solchen «Hindernissen» im Erbgut zwangsläufig schief geht. Eines der Ziele der Förderungsprofessur von Lopes wird es sein, die vermuteten Strukturen mit dem TEM sichtbar zu machen.

Eine abnormale oder «X-Struktur» der Erbsubstanz. Ähnliche Strukturen werden als eine Ursache für die Neuordnungen der Erbinformation vermutet, die man häufig bei Krebszellen findet.

Mutationen und Krebs

Dass die Replikation aufgrund von Hindernissen gestoppt wird, kann auch damit zusammenhängen, dass es der Zelle nicht gelingt, Fehler in der DNA vor der Replikation zu reparieren. «Solche Schäden sind zwar alltäglich und meistens gelingt die Replikation trotzdem fehlerfrei», so Lopes. In seltenen Fällen aber können hierbei fehlerhafte Neuordnungen des Erbgutes entstehen, wie man sie häufig in Krebszellen findet.

Ausgelöst werden solche Fehler paradoxerweise auch durch Medikamente gegen Krebs: «Das Ziel eines Krebsmedikamentes ist es nicht nur, gegen Krebszellen zu wirken. Es soll vor allem auch keinen Einfluss auf gesunde Zellen haben», erläutert Lopes.

Welche Effekte auf das Erbgut solche Medikamente genau haben, will Lopes in den nächsten Jahren ebenfalls untersuchen. Mit den entsprechenden Studien hat er bereits in den letzten zwei Jahren als Postdoktorand an der Universität Zürich begonnen. Diese Arbeiten werden demnächst in Fachzeitschriften veröffentlicht.

Den Weg zur Krebszelle kennen

Der dritte Schwerpunkt seiner Förderungsprofessur wird die früheste Entstehung von Krebs betreffen. «In allen Krebsformen gibt es Frühformen, bei denen meistens die Replikationsrate erhöht ist.» Kürzlich erschienene und für die Krebsfoschung wichtige Studien legen auch hier einen Zusammenhang zu «stressed replication» nahe. Die genauen Umstände kennt man allerdings nicht, was Lopes ändern will.

«Meine Arbeit ist Grundlagenforschung, welche die Frage beantworten will: Wie wird eine normale Zelle zu einer Krebszelle?», so der Nachwuchsforscher. Die Förderungsprofessur wird es ihm nun in einem ersten Schritt erlauben, ein Team von vier Forschenden zusammenzustellen. Neben einem Postdoktoranden und einer technischen Assistenz sollen dazu auch zwei Doktorierende gehören.

Für sie bestehen gemäss Lopes im Raum Zürich mit dem «Cancer Network Zurich» sowie «Molecular Life Science» zwei hervorragende PhD-Programme. Lopes selber freut sich darauf, sein Wissen über den Umgang mit dem Transmissions- elektronenmikroskop nun ebenfalls weitergeben zu können.