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Hoffnung für Multiple Sklerose-Kranke

Die Forschergruppe von Professor Burkhard Becher beschäftigt sich mit Multiple-Sklerose Grundlagenforschung. Dabei wird insbesondere das Immunsystem untersucht, das bei Störungen das zentrale Nervensystem angreift, was zu erheblichen Entzündungen führen kann. Jetzt konnten Burkhard Becher und sein Team eine weitere Tür zum Verständnis der Kommunikation zwischen Immunzellen aufstossen.
Marita Fuchs

Der Neuroimmunologe Professor Burkhard Becher spricht von einem Paradigmenwechsel in der Zellforschung. Seine Forschergruppe konnte nachweisen, dass andere als die ursprünglich angenommenen hormonähnlichen Botenstoffe das Verhalten der Immunzellen bei Multipler Sklerose (MS) beeinflussen. Die jüngsten Ergebnisse könnten Therapien ermöglichen, die den Krankheitsverlauf blockieren, ohne eine massive Einschränkung des Immunsystems zu verursachen. Die Ergebnisse der jüngsten Forschungen Burkhard Bechers und seines Teams wurden am Sonntag in der Fachzeitschrift «Nature Immunology» publiziert.

Burkhard Becher (obere Reihe 3. v. l.). und sein Team. Ilona Gutcher (untere Reihe Mitte) war massgeblich an der Forschungsarbeit beteiligt.

Hinter dem Interesse der Forscher steht die Verzweiflung über die schwer behandelbare Krankheit. MS-Patienten haben unterschiedlichste Symptome: Es kann zu Lähmungserscheinungen, Fühl- und Sehstörungen oder kognitiven Störungen kommen. Manchmal ist auch die motorische Koordination betroffen. Den MS-Patienten – 10’000 sind es allein in der Schweiz – haben die Therapeuten bisher nicht allzu viel zu bieten. Zwar stehen Präparate zur Verfügung, doch die Stoffe zeigen bestenfalls moderate Wirkung. Sie müssen gespritzt werden, haben gravierende Nebenwirkungen und sind sehr teuer.

Irrwege des Immunsystems

Die Multiple Sklerose gehört zu den Autoimmunerkrankungen, bei denen das Immunsystem körpereigene Zellen nicht mehr als solche erkennt und sie angreift. In der Folge treten Entzündungen im Gehirn und im Rückenmark auf. Die angegriffene Myelinscheide umgibt die Nervenzellen und ist für die Weiterleitung elektrischer Signale unabdingbar. Diese Schutzhülle der Nervenzellen wird dabei nach und nach zerstört und kann die Signale immer schlechter weiterleiten.

Interleukin-18Ra als Verursacher entdeckt

Bei Mäusen mit MS-ähnlicher Krankheit konnte Burkhard Becher nun nachweisen, dass Interleukin-18R - ein Rezeptor auf der Oberfläche von Zellen des Immunsystems - wichtig für das Überleben bösartiger Immunzellen ist. Wird dieser Rezeptor oder der daran bindende Botenstoff blockiert, könnte man spezifisch die Entwicklung von fehlgeleiteten Myelin-angreifende T Zellen unterdrücken, ohne die allgemeine Schutzfunktion des Immunsystems einzuschränken. Nicht nur das Entstehen der MS-ähnlichen Krankheit konnte dabei verhindert werden, auch konnten bereits kranke Mäuse geheilt werden. «Man könnte sagen, dass die bösartigen T Zellen so ähnlich wie abgerichtete Kampfhunde sind, die das Gehirn angreifen. Abgerichtet und kontrolliert werden diese aber von anderen Immunzellen, die wir Verräterzellen nennen», erklärt Burkhard Becher. Nun ist es der Forschergruppe gelungen, die Kommunikation zwischen diesen Zelltypen zu analysieren und spezifisch zu stören. Das Resultat: Die Angreifer haben keine klaren Instruktionen mehr und sind dadurch ungefährlich.

«Nachdem die besondere Relevanz des Interleukin-18 Rezeptors entdeckt ist», sagt Burkhard Becher, «werden wir nach dem Molekül suchen, dass Interleukin-18R bindet. Je mehr wir über die Kommunikation zwischen Immunzellen lernen können, um so eher kann spezifisch eingegriffen werden.» Ein Hoffnungsschimmer für viele Kranke.