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Positiv bewertet

Positive Psychologie ist ein relativ junger Bereich der Psychologie. Zwei ausgezeichnete Lizentiatsarbeiten im Fachbereich für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik zeigen, dass sich die Universität Zürich intensiv damit auseinandersetzt. Professor Willibald Ruch, Persönlichkeitsforscher an der Universität Zürich, erklärt, was neu ist an diesem Ansatz.
Marita Fuchs

«Die positive Psychologie beschäftigt sich mit den psychologischen Aspekten des Lebens, die es lebenswerter machen. Die Blickrichtung zielt auf Phänomene der menschlichen Psyche, die im positiven Sinne angeschaut werden. Ein Beitrag der positiven Psychologie ist beispielsweise die Klassifizierung und Messung von Charakterstärken und Tugenden», sagt der Humorforscher Professor Willibald Ruch, der dem Fachbereich für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik vorsteht. Ursprünglich wurde der Begriff Positive Psychologie von dem amerikanischen Psychologen Martin E.P. Seligman geprägt, der einer breiteren Öffentlichkeit vor allem durch sein Buch «Gelernte Hilflosigkeit» bekannt ist. Gleich zwei Lizentiatsarbeiten des Fachbereichs für Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik der Universität Zürich sind im Herbst 2005 ausgezeichnet worden. Beide Arbeiten behandeln unterschiedliche Forschungsfragen, stehen jedoch – vom theoretischen Ansatz her – im Rahmen der Positiven Psychologie.

Animateure als herausragende Berufsgruppe

Die Lizentiatsarbeit von Annette Müller und Julia Wenger, die kürzlich von der Schweizerischen Gesellschaft für Arbeits- und Organisationspsychologie ausgezeichnet wurde, arbeitet mit der Einteilung in Charakterstärken. Die Studentinnen wollten die charakteristischen Eigenschaften von Angehörigen einer Berufsgruppe analysieren. Sie entschieden sich für Ferienclubanimateure. Mittels eines Fragebogens wurden 110 Animateurinnen und Animateure aufgefordert, sich selbst – unter den vorgegebenen 24 Charaktereigenschaften – diejenigen zuzuweisen, die in besonderem Mass auf sie zutrafen. Sie benutzten das am Institut standardisierte Instrument VIA-IS, ein Inventar zur Erfassung der Charakterstärken und Tugenden von Menschen.

Julia Wenger (links) und Annette Müller (rechts) untersuchten die Charakterstärken von Animateuren.

Mangel an Bescheidenheit

Das Ergebnis der Untersuchung zeigte, dass sich Animateure insbesondere Soziale Intelligenz, Humor, Kreativität, und Führungsvermögen als ihre Hauptstärken zuschreiben. Derselbe Versuch mit einer Vergleichsgruppe, die in Alter und Geschlecht mit den Animateuren identisch war, aber anderen Berufsgruppen angehörten, zeigte ein durchmischtes Bild der selbst zugewiesenen Charakterstärken. Ausser in der Bescheidenheit schätzten sich die Animateure gegenüber der Vergleichgruppe in allen Eigenschaften höher ein, stellten die beiden Psychologinnen fest. Die Arbeit, zielt im weitesten Sinn darauf ab, Stellenprofile für Berufsgruppen aufzustellen. «Falls man mehr über die Stärken einer Berufsgruppe weiss, kann man auch gezielter nach den geeigneten Personen suchen», sagen die beiden Studentinnen.

Lachen senkt die Schmerzempfindlichkeit

Die zweite ausgezeichnete Arbeit von Sandra Baumann und Iwana Städeli konnte belegen, dass durch herzhaftes Lachen beim Betrachten eines lustigen Films die Schmerztoleranz erhöht wird. Sie unterzogen Versuchspersonen einem Eiswassertest, bei dem die Hand  in eiskaltes Wasser gehalten wird und massen die Schmerztoleranz, indem sie genau verzeichneten, wie lange die Hand im Eiswasser verblieb. Anschliessend wurden die Probanden aufgefordert, sich einen lustigen Film anzusehen – die Auswahl bestand zwischen Monty Python oder Emil. Dabei wurden sie gefilmt. Im Anschluss an den Film wurde wiederum ein Eiswassertest durchgeführt.

Wurden im Herbst auf einem Kongress in Washington ausgezeichnet: Iwana Städeli (links) und Sandra Baumann (rechts). In der Mitte Professor Willibald Ruch (rechts) und Professor Ed Diener (links).

Echtes und falsches Lachen unterscheiden

Die beiden Studentinnen konnten nachweisen, dass Häufigkeit und Intensität des echten Lächelns und Lachens während des Films die Schmerztoleranz im anschliessenden Eiswassertest erhöhte. «Wir haben die Mimik jedes Teilnehmers anhand der Filmaufnahmen genau analysiert», sagt Sandra Baumann. «Grundlage dafür lieferte uns das «Facial Action Coding System» von Ekman und Friesen, so hatten wir eindeutige Kriterien, wie wir beispielsweise echtes von unechtem Lachen und Lächeln unterscheiden konnten». Auf einem Kongress in Washington wurde ihre Arbeit unter sechzig eingereichten mit einem der weltweit ausgeschriebenen «Student Fellowships» der Positiven Psychologie ausgezeichnet. Die beiden Studentinnen hoffen, dass ihre Forschungsrichtung eines Tages für Schmerzpatienten von Belang werden könnte.

Aufbau eines Charakterstärkeninventars

«Das Interesse an den Themen der positiven Psychologie ist gross», sagt Ruch, «bisher wurden diese Themen mehrheitlich dem populärwissenschaftlichen Feld überlassen.» Die positive Psychologie versucht nun wissenschaftlich die Phänomene aufzugreifen. «Wir werden in Anlehnung an Seligmann die deutsche Fassung eines Charakterstärkeninventars aufbauen.» Dazu benötigt Ruch jedoch zusätzliche Daten, die er mit einem im Internet zugänglichen Fragebogen erheben will. Wer mitmacht, erfährt zugleich etwas über seine Persönlichkeit: «Personen, die den Fragebogen ausfüllen» so Ruch, «erhalten eine Analyse ihrer Charakterstärken. Das ermöglicht ihnen, ihre Hauptstärken zu erkennen und verstärkt im Arbeits- und Privatleben zu nutzen.»