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Gebündelte Kompetenz in Herzenssachen

Im Kampf gegen Herzinfarkt und Schlaganfall ist die Universität Zürich Weltklasse. Damit dies so bleibt, haben Universitätsrat und Universitätsspital einen Schwerpunkt für Kardiovaskuläre Wissenschaften gegründet.
Paula Lanfranconi

«Forschung», sagt Professor Thomas F. Lüscher, Abteilungsleiter Kardiologie am Universitätsspital, «will andere Forschung bewegen und das Forschungsgebiet stimulieren». Lüscher weiss, wovon er spricht, denn im Bereich Herz und Kreislauf publizierten die Zürcher zwischen 1986 und 2000 unter allen Schweizer Forschern am meisten Arbeiten.

Angesichts stagnierender Mittel und steigender Kosten will nun die Medizinische Fakultät der Universität Zürich ihren Erfolg gezielter nutzen: Im letzten Frühling beschlossen Universitätsrat und Spitalleitung, den neuen Schwerpunkt Kardiovaskuläre Wissenschaften zu schaffen.

Der neue Forschungsschwerpunkt Kardiovaskuläre Wissenschaften soll das Know-How verschiedener Forschergruppen an der Universität Zürich zusammenführen.

Die Zürcher Forschungserfolge seien keine Zufälle, sagt Thomas F. Lüscher. «Ein pionierhafter Entscheid war die Berufung von Ake Senning, dem Erfinder des Herzschrittmachers.» Dank Senning blühte die Herzchirurgie in den 60-er Jahren in Zürich auf. Entwicklungen wie die Koronarangiografie oder die Erfindung der Ballonerweiterung der Herzkranzgefässe durch Andreas Grüntzig machten Zürich zu einem internationalen Herzzentrum.

Was hält das Blut flüssig?

«Heute», sagt Thomas F. Lüscher, «ist Zürich Weltklasse in der Arteriosklerose-Forschung.» Dabei geht es um die zentrale Frage, wie Herzinfarkt oder Hirnschlag entstehen. Oder umgekehrt gefragt: Was hält das Blut flüssig?

Zürcher Forscher konnten zeigen, dass die Blutgefässe eine Art Teflonbeschichtung aufweisen, die Endothel-Zellschicht. Sie hält das Gefäss glatt, setzt aber auch Substanzen frei, die es ausweiten und zusammenziehen. Zudem hält die Endothelschicht die Blutplättchen flüssig. Wenn dieser Mechanismus gestört ist, entstehen die gefürchteten Ablagerungen.

Ein weiteres zukunftsträchtiges Forschungsfeld ist das Tissue Engineering, die Herstellung körpereigener, lebender Gewebe. Hier glückte einer Zürcher Forschergruppe um Gregor Zünd und Simon Hoerstrup eine Weltpremiere. In Zusammenarbeit mit der Harvard Medical School stellte sie die ersten, ganz aus körpereigenen Zellen bestehenden Herzklappen her und testete sie an Schafen. Das Besondere an den Zürcher Implantaten: Sie wachsen mit und könnten somit auch Kindern mit angeborenem Herzfehler eingesetzt werden.

Kreislaufsystem sichtbar machen

Zürcher Nuklearkardiologen waren 2003 weltweit auch die Ersten, welche für die Untersuchungen des Herzens einen so genannten PET-CT-Scanner verwendeten, also eine Verbindung von Positronen-Emissions-Tomografie und Computer-Tomografie. Mit diesem hoch potenten Bild gebenden Verfahren kann man mit noch nie da gewesener Präzision und vor allem nichtinvasiv zeigen, wie gut Herz und Koronararterien durchblutet sind und wo sich allfällige Gefässverschlüsse befinden.

Know-how zusammenführen

Internes Ziel des neuen Schwerpunkts Kardiovaskuläre Wissenschaften ist, das Know-how der verschiedenen Forschungsgruppen näher zusammenzuführen und zu vernetzen. Zwei Mal pro Jahr sollen so genannte Cardiovascular Grand Rounds stattfinden. «Dazu», so Thomas Lüscher, «laden wir internationale Big Shots ein. Und drei unserer jungen Forschenden stellen ihre zum Thema gehörenden Projekte vor.» Der nächste dieser Anlässe gilt dem Tissue Engineering. Geplant sind auch Forschungsseminare und ein Ausbildungsgang in Vascular Biology, worin man in zwei Jahren den PhD machen kann.

Weiter Weg vom Behandeln zum Heilen

Bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen habe man zwar grosse Erfolge erzielt. «Aber», relativiert Lüscher, «wir behandeln nur, wir heilen nicht.» Zum Heilen benötige man neue, regenerative Technologien. Eine davon ist die Gentherapie. In der Praxis erweist sie sich allerdings als unerwartet schwierig.

Der zweite Weg ist die Stammzelltherapie. «Das Grundproblem», so Lüscher, «ist, dass die meisten Organe ab fünfzig wegen der Bildung von freien Sauerstoff-Radikalen zu versagen beginnen.» Für Lüscher ist es theoretisch denkbar, dass man versucht, diesen Mechanismus zu unterbrechen und durch das Einbringen oder körpereigene Vermehrung adulter Stammzellen zu erreichen, dass die Gefässe immer wieder neu ausgekleidet und so verjüngt werden.

Letztlich geht es also um nichts Geringeres, als dem Altern den Kampf anzusagen. Und damit Gott ins Handwerk zu pfuschen? «Das», lacht Lüscher, «tun wir schon lange.»