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«Revolutionäre Technologie»

Eine Technologie mit Potenzial: Es besteht berechtigte Hoffnung, dass im Labor erzeugte Repeat-Proteine eines Tages Krebszellen im Körper erkennen und vernichten können. Patrik Forrer und sein Team haben das Verfahren in der Arbeitsgruppe von Professor Andreas Plückthun an der Universität Zürich entwickelt und bringen es nun auf den Markt. Mit ihrer Spinoff-Firma Molecular Partners haben die Biochemiker eben den Swiss Technology Award 2005 gewonnen.
Mit Patrik Forrer sprach Roger Nickl

Patrick Forrer, Gewinner des Swiss Technology Award 2005.

Herr Forrer Sie und Ihr Team haben am biochemischen Institut in der Gruppe von Professor Andreas Plückthun die Designed-Repeat-Protein-Technologie entwickelt. Was kann diese neue Technologie?

Patrik Forrer: Der Körper produziert Antikörper, Proteine, die Viren oder andere Krankheitserreger spezifisch erkennen können. Antikörper werden heute aber auch, beispielsweise in der Forschung, als Tool zur Erkennung von molekularen Strukturen eingesetzt. Wir haben nun nach Alternativen für diese Antikörper gesucht und sind dabei auf die sogenannten Repeat-Proteine gestossen. Unsere Technologie erlaubt es uns neuartige Repeat-Proteine im Labor zu erzeugen, die ein grosses Potenzial haben als Ersatz für Antikörper in der Forschung, Diagnostik und Therapie eingesetzt zu werden.

Was sind die Vorteile von Repeat-Proteinen gegenüber den natürlichen Antikörpern?

Forrer: Antikörper werden seit rund 20 Jahren in der Forschung und der Medizin sehr rege und auch erfolgreich eingesetzt. Ihre Produktion ist allerdings aufwändig und teuer. Und ihre medizinische Anwendung ist oft patentrechtlich geschützt. Mit unserer neuen Proteinklasse kann man einerseits solche Patente umgehen, anderseits ist ihre Produktion in Bakterien sehr kostengünstig. Wichtig ist auch, dass Repeat-Proteine viel einfacher aufgebaut sind und, unter gewissen Umständen, wesentlich stabiler sind als Antikörper. Im Gegensatz zu letzteren können sie auch im innerzellulären Bereich angewendet werden.

Sie sprechen von einer revolutionären Technologie. Was ist das Revolutionäre daran?

Forrer: Es gab diesen Sommer für uns eine Überraschung: Ein amerikanisches Forscherteam hat zeigen können, dass in einem niederen, kieferlosen Fisch das adaptive Immunsystem mit Repeat-Proteinen funktioniert. Diese werden dort also wie die Antikörper der höheren Wirbeltiere eingesetzt. Unsere Technologie hat quasi ein Prinzip vorweggenommen, dass in der Natur bereits existiert, vor kurzem aber erst entdeckt wurde. Das ist schon revolutionär.

Wo kann die Designed-Repeat-Protein-Technologie in der Praxis angewendet werden?

Forrer: Es gibt mindestens drei wichtige Bereiche: Forschung, Diagnostik und Therapie. In der Forschung werden heute Antikörper sehr breit eingesetzt, entsprechend viele Möglichkeiten bieten sich hier unseren Repeat-Proteinen. Dies auch, weil sie, wie bereits erwähnt, auch intrazellulär angewendet werden können. Unzählige Anwendungsmöglichkeiten gibt es in der Diagnostik: Zum Beispiel, Schwangerschafts- oder Bluttests basieren heute oft auf Antikörpern, die spezifische Zielmoleküle erkennen können. Hier können wir einen kostengünstigen Ersatz oder eine Alternative zu den Antikörpern liefern. Das grösste Potenzial haben unsere Proteine aber in der Therapie: Zielgenaue Therapien liegen im Trend. Auch hier haben wir eine vielversprechende Alternative zu Antikörpern.

Jetzt wollen Sie mit dieser Technologie auf den Markt. Ende letzten Jahres haben Sie die Spinoff-Firma Molecular Partners gegründet. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?

Forrer: Das Potenzial ist, so glaube ich, sehr gross. Wenn man sich etwa den Diagnostik- und Therapie-Markt für Antikörper anschaut – da geht es um Milliardenbeträge. Wenn man da nur ein kleines Stück des Kuchens ergattern kann, ist das bereits signifikant. Insgesamt rechnen wir uns gute Chancen aus. Zumal auch der Markt für Protein-Therapeutika sehr stark am Wachsen ist.

Mit ihrer Spinnoff-Firma Molecular Partners können Sie bereits erste Erfolge verbuchen: Im letzten Jahr haben sie den Businessplan-Wettbewerb Venture 2004 gewonnen. Jetzt erhalten Sie den Swiss Techology Award. Wie wichtig sind solche Auszeichnungen?

Forrer: Sie sind natürlich sehr wichtig, weil sie mindestens schweizweit für grosses Aufsehen sorgen.Und natürlich erhält das Unternehmen auch ein Qualitätssigel. Das ist für eine junge Firma essenziell und macht sie etwa für Venture-Kapitalgeber attraktiv. Verbunden mit dem Swiss Technology Award ist auch die Finanzierung und die professionelle Betreuung eines Messauftritts. Nächsten Oktober werden wir unser Projekt an der Biotechnica in Hannover präsentieren. Ein solcher Messeauftritt ist für uns eine neue Erfahrung. Da ist man natürlich um eine kompetente Unterstützung froh.

Wie geht es weiter mit Molecular Partners?

Forrer: Wir haben hier am biochemischen Institut zwei Laborräume mieten können. Die Räume sind mittlerweile eingerichtet, so dass wir ab Februar/März erste Aufträge annehmen können. In den nächsten zwei Jahre werden wir hier am Institut bleiben, gemeinsam mit Professor Plückthun weiter forschen und unser Geschäft ausbauen. Wir betrachten diese Zeit als Pilotphase, in der wir die Technologie noch weiter entwickeln und erste Partnerschaften mit Diagnostik- und Pharmafirmen eingehen. Ziel ist es, dass wir danach eine Finanzierungsrunde lancieren, die uns den Schritt aus der Universität ermöglicht.

Was erhoffen Sie für die Zukunft?

Forrer: Kurzfristig gesehen wollen wir unsere Pilotphase erfolgreich abschliessen. Zurzeit sind wir auf Kurs. Längerfristig ist es mein persönliches Ziel, hundertprozentig in unserer Firma zu arbeiten und idealerweise dort auch pensioniert zu werden.

Wie sieht es mit den wissenschaftlichen Zielen aus? Wird mit Ihrer Technologie künftig etwa die Entwicklung von Krebs-Therapeutika möglich sein?

Forrer: Natürlich hoffen wir, dass sich mittels unserer Technologie Krebs- und andere Therapeutika entwickeln lassen. Das ist ein wichtiges Ziel und wir arbeiten hart daran. Unsere bisherigen Erfahrungen stimmen uns optimistisch, aber wichtige Experimente dazu stehen noch an.

Roger Nickl ist Redaktor des unimagazins.