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Emotionen in der Sternwarte

Seit hundert Tagen leitet Prof. Gerd Folkers das Collegium Helveticum. An der Pressekonferenz vom Dienstag 25. Januar 2005 zog er eine erste Bilanz. Strukturen wurden geändert, neue Inhalte gesetzt und Bewährtes behutsam aufgefrischt. Als Forschungsschwerpunkt für die nächsten Jahre einigte man sich auf das Thema «Emotionen».
Felix Straumann

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Prof. Gerd Folkers, Leiter des Collegium Helveticum.

«Wir haben das alle noch nie gemacht», gestand Prof. Gerd Folkers, als er an der Pressekonferenz seine Pläne für die Zukunft des Collegiums vorstellte. Sechs Institutchefs aus verschiedenen Fachgebieten - der Religionsphilosoph Ingolf Ulrich Dalferth, der Volkswirtschaftler Ernst Fehr und der Historiker Jakob Tanner (alle Universität Zürich), der Forstwirtschaftler Hans Rudolf Heinimann und der Chemiker Reinhard Nesper (beide ETH Zürich) sowie der Pharmakologe Hanns Möhler (Universität und ETH Zürich) - sollen in den nächsten Jahren ein übergeordnetes Thema aus ihrem Blickwinkel erforschen. Die Experten, alle in erster Linie Professoren an der jeweiligen Hochschule, einigten sich nach intensiven Diskussionen auf den Forschungsgegenstand «Emotionen».

Die Besonderheit dabei ist die neu eingeführte Fellowstruktur, bei der die sechs Institutschefs langfristig 20 Prozent ihrer Arbeitszeit dem Collegium zur Verfügung stellen. Mit von der Partie sind als assoziierte Fellows zudem zwei Vertreter aus der Wirtschaft: Fritz Gutbrodt und Jan von Overbeck von der Swiss Re. Die gemeinsame Trägerschaft von Universität und ETH ermöglicht, dass die Wissenschaftler sich innerhalb der experimentellen Forschung über die anderen Fellows an Laboratorien beider Hochschulen anbinden können.

Die Chance, verschiedene Laboratorien zu nutzen und an deren Wissen teil zu haben, hält Folkers für einzigartig. Bei diesem transdisziplinären Ansatz würden die verschiedenen Forschungsdisziplinen voneinander lernen – im Gegensatz zur interdisziplinären Arbeitsweise, wo das Übernehmen von Methoden aus anderen Disziplinen für das eigene Fachgebiet im Vordergrund stehe, so der Leiter des Collegiums. Neben der eigentlichen Forschungsarbeit ist für das Collegium Helveticum zudem die Ausstrahlung wichtig. Nach aussen soll Wissenschaft verständlicher gemacht werden. Innerhalb der Hochschulen will man das transdisziplinäre Denken den Kollegen näher bringen.

Das Collegium Helveticum residiert in der eindrücklichen Semper-Sternwarte.

Der Austausch zwischen den verschiedenen Forschungsdisziplinen findet an regelmässigen Fellowtreffen, öffentlichen Veranstaltungen, Vorträgen, Workshops und Forschungskolloquien statt. Das Ganze sei ein Experiment mit offenem Ausgang, gab Folkers zu bedenken. Aufgrund des Klimas unter den Fellows war er jedoch zuversichtlich: «Wir verstehen einander ganz ausgezeichnet.» Wichtig sei vor allem die Toleranz gegenüber den fachfremden Kollegen während der Gespräche. Die eigentliche Herausforderung der Fellows sei, eine gemeinsame Sprache zu entwickeln, mit der man sich über die Grenzen der einzelnen Forschungsdisziplinen verständigen könne.

Das ganze Projekt wird über drei Jahre vom Psychologen Christoph Clases begeleitet. Clases ist Fachmann für kollaborative Prozesse und lehrt an der Fachhochschule Solothurn. Als Beobachter verfolgt und dokumentiert er die Prozesse, die sich in der Gruppe der Fellows abspielen. Seine Erkenntnisse sollen nach Abschluss der Arbeiten als Buch publiziert werden, um so die Erfahrungen der Gruppe auch anderen Projekten und Fachbereichen zugänglich zu machen.

Nach der Präsentation von Struktur und Forschungsschwerpunkt stellte der stellvertretende Leiter des Collegium Helveticum, Johannes Fehr, eine neue Publikation vor: Die interaktive CD-ROM mit dem Titel «Wissenschaft Kontrovers, Dokument einer Selbstbefragung über Geld, Kultur und Qualität». Sie wird durch ein beigelegtes Booklet ergänzt und ist der zweite Band der Edition Collegium Helveticum. Gegenstand ist eine Veranstaltungsreihe unter dem gleichen Titel aus dem vergangenen Jahr. Über zwei Semester hinweg trafen sich dabei durchschnittlich 150 Personen, um Fälschungsskandale, die Industrieabhängigkeit moderner Forschung, den Hype der Nanotechnologie und weitere verwandte Themen zu debattieren.