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Informatik

Simultan am gleichen Text schreiben

Das Institut für Informatik hat eine neue Software namens TeNDaX entwickelt, bei der mehrere Teilnehmer gleichzeitig am gleichen Text arbeiten können. Möglich wird das, weil der Text – zerlegt bis auf die einzelnen Characters – in einer Datenbank und nicht in einem Dokument liegt. unipublic hat den Forschungsleiter, Prof. Klaus R. Dittrich, zu dieser Innovation befragt.
Interview: Brigitte Blöchlinger

Mit TeNDaX können mehrere Leute gleichzeitig am selben Text schreiben.

Inwiefern können Studierende vom Text Native Database eXtender (TeNDaX) profitieren?

Klaus R. Dittrich: In zweierlei Hinsicht. Zum einen profitieren rund 25 Studierende der Wirtschaftsinformatik am Institut für Informatik von TeNDaX: Sie können an einem topaktuellen Forschungsprojekt in einem grösseren Team mitarbeiten und dort ihre Semesterarbeiten, Diplomarbeiten oder Praktika machen. Das kommt sehr gut an. Unser Partner, der internationale Datenbankanbieter InterSystems, organisiert zudem gelegentlich Workshops zur Weiterbildung.

Die Studenten und Studentinnen ganz allgemein sind zwar nicht unsere erste Zielgruppe, aber sie könnten durchaus einmal von TeNDaX als Produkt profitieren. Generell ist es gedacht für Leute, Institutionen, Gruppen, die zusammen an Dokumenten arbeiten wollen oder müssen.

Auch im gängigen Microsoft-Programm Word können verschiedene User ihre Änderungen vornehmen. Worin unterscheidet sich TeNDaX von Word?

Bei Word kann prinzipiell immer nur einer am Text arbeiten – sonst braucht es Kopien mit all den Problemen, die dies mit sich bringt. Bei TeNDaX können mehrere gleichzeitig an verschiedenen Stellen schreiben. Eine Gruppe kann also simultan am gleichen Text arbeiten. Dabei macht es natürlich keinen Sinn, dass alle am gleichen Satz herumbasteln. Aber gerade in grossen Dokumenten wird oftmals von verschiedenen Leuten an verschiedenen Kapiteln gearbeitet, und das ist mit TeNDaX möglich. Unser System macht jeden Schritt nachvollziehbar: Wer hat wann was geändert? Es können auch Sicherheitsmechanismen genutzt werden, damit nicht alle alles sehen und auch nicht überall beliebige Veränderungen vornehmen können.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Eine internationale Firma schreibt Strategiepapiere, das Management möchte aber zum Beispiel die Gehaltsangaben vor den Untergebenen geheim halten. Oder die Leute in Europa wollen ihren Teil noch nicht den US-Kollegen offenlegen. Dann können sie die entsprechenden Stellen «unsichtbar» machen. Das ist möglich, weil TeNDaX auf einem Datenbanksystem beruht – anders als gängige Software wie Word, die Dateien verwenden, die man sich als grobe Behälter vorstellen kann, in denen jeweils ein ganzes Dokument undurchschaubar drin steckt.

Ist das Unsichtbarmachen bei TeNDaX schwieriger zu bedienen als beispielsweise das Highlighten und Verändern von Stellen in Word?

Es braucht eine allgemeine Einführung in TeNDaX. Aber dann funktioniert die Software relativ einfach, man muss kein Informatiker sein, um sie zu bedienen. Es hat auch Menus wie bei gängigen Programmen. Auf www.tendax.net findet man ein Demo-Movie.

unitectra versucht, TeNDaX in den USA zu patentieren. Weshalb gerade in den USA?

Die USA vergibt eher Patente für Software. Europa befindet sich da mitten in einer kontroversen Diskussion; das Europäische Parlament streitet gerade darüber, inwiefern Patente Sinn machen und inwiefern eben nicht. Das Europäische Patentamt weiss in vielen Fällen nicht, wie es entscheiden soll. Viele Experten hier sind der Meinung, dass für Software der Gebrauchsmusterschutz für Produkte sinnvoller wäre als eine Patentierung von Ideen. Dann müsste man einfach für den Gebrauch der Software Lizenzen bezahlen. Im Fall von TeNDaX müsste man wohl schauen, ob einer der grossen Software-Hersteller das Patent kaufen möchte. Aber der Prozess der Patentierung wird vermutlich noch Jahre dauern.

Wird man irgendwann einmal TeNDaX im Laden kaufen können?

Naja, uns geht es zunächst um die Erforschung wissenschaftlichen Neulands, und wir validieren unsere Ideen anhand von Prototypen. Als nächstes müsste man zuerst TeNDaX in ein breit angewendetes Textverarbeitungssystem wie MS Word einbauen. Der User möchte ja nicht plötzlich wieder was ganz Neues lernen, sondern einfach seine Dokumente wie bisher schreiben und dann gemeinsam daran arbeiten können. Die Weiterentwicklungzu einem markttauglichen Produkt kann eine Universität selbst nicht leisten, das ist auch nicht ihre Aufgabe. Wir betreiben Forschung.

Was an TeNDaX wollen Sie denn als nächstes weiterentwickeln?

Neben zahlreichen weiteren Detailentwicklungen steht im Vordergrund die Inkorporation in ein gängiges Textverarbeitungssystem.

Wird das Microsoft Word sein?

Das ist naheliegend, da MS Word am verbreitetsten ist. Dazu muss man allerdings den Quellcode von Microsoft erhalten. Das scheint aber nicht ausgeschlossen. Microsoft ist in solchen Dingen durchaus kooperativ.

Brigitte Blöchlinger ist unipublic-Redaktorin und Journalistin BR.

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