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Gender-Professorin Alice Eagly zu Gast

Wenn der Boss eine Frau wäre, würde es besser

Bis jetzt wissen es vor allem die Wissenschaft und die Medien: Frauen sind die besseren Führungskräfte. Dass Frauen dennoch so selten auf Chefsesseln sitzen, liegt an hartnäckigen Vorurteilen. Die US-amerikanische Psychologieprofessorin Alice Eagly hat die geschlechtsspezifischen Unterschiede zwischen Chefs und Chefinnen untersucht und an der Universität Zürich vorgestellt.
Brigitte Blöchlinger

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Die Sozialpsychologie-Professorin Alice Eagly an ihrem Vortrag an der Universität Zürich.

Der Leistungsausweis von Professorin Alice Eagly ist wie bei allen (der wenigen) Kaderfrauen beachtlich:Sie hat an verschiedenen Universitäten, unter anderem Harvard, gelehrt und über 150 Publikationen zu sozialpsychologischen Gender-Themen veröffentlicht, was ihr Auftritte in zahlreichen Medien, etwa bei CNN, einbrachte. Ihr Spezialgebiet sind Untersuchungen zu geschlechtsspezifischen Haltungen und Verhaltensänderungen. Professorin Eagly wies unter anderem nach, wie allgemeine Gender-Vorstellungen in einer Gesellschaft die Individuen dazu bringen, sich ihrem Geschlecht entsprechend zu verhalten.

Die Zeiten haben sich zumindest in der medialen Welt geändert: Die Zeitschriften haben die Führungsqualitäten der Frauen entdeckt.

Bessere Performance dank Topmanagerinnen

An der Universität Zürich berichtete Alice Eagly letzten Donnerstag über ihre Studien zu weiblichen und männlichen Führungsstilen, deren Akzeptanz und Effektivität. Die gute Nachricht war dabei, dass Frauen bessere Führungskräfte sind, sowohl was ihre fachlichen Kompetenzen anbelangt, als auch in Bezug auf die Performance, die sie erwirtschaften. Die schlechte Nachricht war, dass Frauen nichtsdestotrotz auf Chefsesseln absolut in der Minderheit geblieben sind – auch wenn sich die Situation insbesondere in den USA langsam, aber sicher zu bessern scheint. Vor allem die Medien haben die Frauen entdeckt und feiern sie als Hoffnungsträgerinnen auf ihren Frontseiten.

Ex-Präsident Nixon war ein erklärter Sexist: Frauen waren seiner Ansicht nach zu emotional, um höhere politische Ämter einzunehmen.

Mehr Coach als Chef

Dass die Frauen so gut abschneiden, hat mit dem sich ändernden Führungsstil zu tun. Autoritäres Auftreten, wie es die alten Patrons pflegten, ist weitgehend out. Heutzutage gibt ein guter Chef nicht mehr Befehle aus und kontrolliert deren Einhaltung, sondern er coacht ein Team. Das heisst, er unterstützt seine Untergebenen, inspiriert sie und schweisst sie zu einer guten Gruppe zusammen – alles Fähigkeiten, die Frauen besser beherrschen als Männer.

Zu diesem zeitgemässen Führungsstil sind die Konzerne nicht aus Nächstenliebe gekommen, sondern weil er sich im dynamisch wechselnden, global vernetzten heutigen Wirtschaftsumfeld als erfolgreich erweist.

Männer (grünliche Balken) sind besser in nicht effektiven Führungsstilen wie Laisser-faire oder autoritärem Stil, Frauen sind besser im effektiven Führen (braun).

Alte und neue Vorurteile

Bleibt die Frage, weshalb trotzdem nicht mehr Frauen CEO werden. Die Antworten darauf widerspiegeln die alten Vorurteile, angereichert durch neue Stereotypen: Frauen würden sich lieber der Familie widmen und seien an einer Karriere nicht interessiert. Oder gerade das Gegenteil: Frauen seien zu verbissen und versuchten immer alles besser zu machen.

Sicher seien solche Haltungen unter den vielen Millionen Frauen auf der Welt anzutreffen, betonte Professorin Eagly, doch heisse das nicht, dass keine der Frauen ganz nach oben wolle (die Männer wollen ja auch nicht alle). – Wer wolle, sollte auch können, lautete Eagly’s Tenor, egal welches Geschlecht er oder sie hat. Kleiner Hinweis für Frauen, die den Chefsessel anvisieren: Am besten akzeptiert sind Chefinnen, die androgn, will heissen: nicht zu männlich (sonst wird sie als IronLady abgestempelt) und nicht zu weiblich (sonst läuft sie Gefahr, manipuliert zu werden) auftreten.

Bei schlecht wirtschaftenden Grosskonzernen in den USA sassen nur gerade 1,9 Prozent Frauen im Topmanagement. Bei erfolgreichen Firmen waren es 20,3 Prozent Frauen. Allgemein ist der Profit eines Unternehmens um etwa ein Drittel höher, wenn viele Frauen im Topmanagement arbeiten.

Progressive Unternehmen wählen eine Chefin

Eigentlich hätten die Firmen vor allem Vorteile, würden sie mehr Frauen berücksichtigen: Sie könnten ihren nächsten Chef aus einem grösseren Pool von Talenten auswählen. Die Verschiedenartigkeit von Frauen und Männern, die sich auf der Führungsetage tummeln, würde das Business anregen. Und das Unternehmen könnte sich als fortschrittlich profilieren. Ironischerweise spielen diese Überlegungen dann eine Rolle, wenn es Unternehmen schlecht geht. Sprich: Wenn Männer einen Konzern heruntergewirtschaftet haben. Dann darf ihn eine Frau wieder auf Vordermann bringen. Beispiele gefällig? Professorin Alice Eagly nannte HP, Citigroup und Xerox.

Häufig werden Frauen als CEO eingesetzt, wenn das Unternehmen in Schieflage geraten ist - wie etwa bei der Citigroup.
Brigitte Blöchlinger ist Redaktorin unipublic und Journalistin BR.