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Orientierung bei Brieftauben

«Fehlverhalten untergräbt die Wissenschaft als solche»

In einem Dokumentarfilm geben englische Forscher Resultate des Zürcher Anatomieprofessors Hans-Peter Lipp als ihre eigenen aus. Lipp will dagegen vorgehen und erhält Unterstützung durch die Universität Zürich.
unicom

Tauben orientieren sich beim Fliegen auch an Strassen. Diese Erkenntnisse des Anantomieprofessors Hans-Peter Lipp werden in einem BBC-Dokumentarfilm englischen Forschern zugeschrieben.

Am gestrigen Mittwochabend war es soweit: Die erste Folge der neuen BBC-Dokumentarfilmserie «Animal Camera» ging in England über den Sender. Die aufwändige Produktion nutzt innovative Kameratechniken - unter anderem tragen Schnecken Kleinstkameras auf ihrem Rücken - und ermöglicht damit einen völlig neuen Blick aufdie Tierwelt.

Vorgesehen ist auch ein Beitrag, der dem Geheimnis des Orientierungsvermögens von Brieftauben nachspürt. Ein Forschungsteam der Universität Oxford will die Lösung des Rätsels gefunden haben: Nicht nur Sonne, Erdmagnetfeld und Geruchssinn weisen den Vögeln den Weg nach Hause, sondern Autostrassen, Kreuzungen und Bahnlinien. Die Tauben orientieren sich daran wie auf einer Strassenkarte. Ermöglicht hat diese Entdeckung die Entwicklung des so genannten Mikrologgers, ein nur 24 Gramm schweres Mini-GPS-System, das es erlaubt, die Bewegung der Vögel exakt aufzuzeichnen.

Was das Team an der Universität Oxford als neuste Forschung präsentiert, ist allerdings gar nicht so neu. Hans-Peter Lipp, Professor am Anatomischen Institut der Universität Zürich, ist mit seiner Forschungsgruppe dem Phänomen, dass sich Brieftauben an menschlichen Verkehrswegen orientieren, schon seit längerem auf der Spur. Sein Team war es auch, das den Mikrologger zusammen mit der ETH Zürich entwickelt und die Universität Oxford in die neue Technologie eingeführt hat. Auch wurde die dortige Forschungsgruppe über die erhaltenen Befunde zum Orientierungsverhalten anhand Strassen wiederholt informiert und deren Bedeutung diskutiert.

Es besteht nun Grund zu der Annahme, dass die Forschungsgruppe an der Universität Oxford die Ergebnisse von Professor Lipp übernommen hat, ohne dies entsprechend ausgewiesen zu haben, wie Lipp gestern gegenüber dem Nachrichtenmagazin «10 vor 10» des Schweizer Fernsehens erklärte. Er hat deshalb bei der BBC interveniert und sie auf ein mögliches wissenschaftliches Fehlverhalten aufmerksam gemacht.

«Die Universität Zürich unterstützt Professor Lipp in seinen Bemühungen und hofft auf die Aufklärung der Hintergründe», kommentiert Kurt Reimann, Generalsekretär der Universität Zürich, den Vorfall. In seiner Stellungnahme weist Reimann darauf hin, dass wissenschaftliches Fehlverhaltenjeglicher Art (z. B. Fälschung von Resultaten, Plagiate, Inanspruchnahme ungerechtfertigter Meriten, Nichtkorrektur von als falsch erkannten Resultaten) die Wissenschaft als solche untergrabe, welche auf dem Prinzip der Wahrhaftigkeit und der Glaubwürdigkeit beruht. Handeln liege in diesem Fall nicht nur im Interesse von Professor Lipp oder der Universität Zürich, sondern der Wissenschaft überhaupt.

«Solche Fälle kommen in der Wissenschaft glücklicherweise selten vor, wenn sie aber vorkommen, dann sind sie gravierend», so Generalsekretär Reimann. «Die Reaktion von Professor Lipp scheint uns deshalb gerechtfertigt. Wenn es sich bewahrheitet, dass jemand die Meriten von Professor Lipp und seinem Team ungerechtfertigterweise für sich beansprucht, so erwartet die Universitätsleitung, dass - wenn ein Fehlverhalten erwiesen ist - die Heimuniversität so reagieren wird, wie die Universität Zürich dies auch tun würde, nämlich mit Disziplinarmassnahmen – natürlich mit der gebotenen Sorgfalt und unter Wahrung der Rechte der Betroffenen.» Rechtliche Massnahmen seitens der Universität Zürich seien aber nicht vorgesehen.

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