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Auf dem Weg zur Entschlüsselung der Creutzfeldt - Jakob - Krankheit

Dem Team um Professor Adriano Aguzzi vom Institut für Neuropathologie der Universität Zürich ist es gelungen, eine wichtige Voraussage der Prionenhypothese zu bestätigen. Dabei könnten sich neue Ansätze zur Diagnostik und zur Therapie von Prionenkrankheiten (BSE, neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung) ergeben. unipublic hat sich mit dem Prionenforscher über die neue Strategie, Fragen des Patentschutzes und künftige Forschungsschwerpunkte unterhalten.
Susanne Haller-Brem

Adriano Aguzzi, Prionenforscher am Institut für Neuropathologie

unipublic: Herr Prof. Aguzzi, Sie haben in Ihrer jüngsten Arbeit nachweisen können, dass die Anlagerung des fehlgefalteten Prion-Proteins ans normale Prion-Protein tatsächlich stattfindet. Ist somit die vom Nobelpreisträger Stanley Prusiner postulierte Hypothese erstmals experimentell bewiesen worden?

Aguzzi: Unsere Ergebnisse verifizieren einen wichtigen Teil der Hypothese, nämlich die Anlagerung verschiedener Formen des Prion-Proteins. Die von Stanley Prusiner aufgestellte Hypothese ist jedoch weiter gefasst und für den vollständigen Beweis wären noch viele weitere Entdeckungen nötig.

Bei Themen wie Diagnostik und Therapie denkt man schnell einmal an Patentfragen und Spin-off-Firmen? Gründet Professor Aguzzi bald eine eigene Firma?

Wir haben beide Patente, jenes zur Frühdiagnostik wie auch jenes zur Therapie, bereits angemeldet. Eigentümerin dieser Patente ist die Universität Zürich. Wenn sich die Strategien bewähren, werden die Lizenzgebühren aber Geld für unsere Forschung einbringen, und dies ist natürlich eine sehr erfreuliche Sache. Ich begeistere mich für die Grundlagenwissenschaft und habe kein Interesse, mich industriell zu betätigen. Deshalb werde ich keine Spin-off-Firma gründen, auch wenn ich - scherzhaft gesagt - wohl bald einer der letzten Universitätsprofessoren ohne eigene Firma bin. In Anbetracht einer möglichen Epidemie ist die Versuchung immer gross, vor allem angewandte Forschung zu machen. Wir dürfen dabei die Grundlagenforschung aber nicht aus den Augen verlieren, denn diese ist die eigentliche Aufgabe der Universitäten.

Sie haben einmal gesagt, man könne die angewandte Forschung im Bereich der Diagnostik der privaten Initiative überlassen. Weshalb?

Im Bereich der Prionendiagnostik und der BSE-Tests zu forschen, lohnt sich. Dies zeigen die wirtschaftlichen Erfolge der entsprechenden Firmen (z.B. Prionics http://www.spinoff.ch/en/uni_zuerich/98_388.htm, Anm. der Red.). Deshalb ist es in diesem Bereich weniger wichtig, dass die öffentliche Hand mitfinanziert.

Ganz anders sieht es hingegen bei der Therapie von Infizierten aus. Bisher sind europaweit etwa 130 Menschen an der neuen Variante der Creutzfeld-Jakob-Krankheit erkrankt. Für ein so kleines Kollektiv scheut sich die Industrie, einen grossen Forschungsaufwand zu betreiben. Wegen der langen Inkubationszeit wissen wir aber nicht, wie sich allenfalls eine Epidemie in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren entwickeln wird. Wenn die öffentliche Hand hier keine finanziellen Mittel bereit stellt, passiert gar nichts.

Das von Ihnen hergestellte Prion-Protein, an dem ein Bruchstück eines menschlichen Antikörpers anhaftet, soll sich zur Frühdiagnostik eignen und scheint ein vielversprechender Prototyp einer neuen Klasse von Antiprion-Medikamenten zu sein. Wie gehen Sie nun weiter vor, und mit welchen Zeiträumen rechnen Sie?

Im Bereich der Diagnostik werden sich Methoden, die auf unserer Entdeckung basieren, nur durchsetzen, wenn sie besser und günstiger sind als die bestehenden Tests. Das muss sich noch zeigen. Im Therapiebereich werden wir als nächstes Versuche mit kranken Mäusen durchführen. Sind diese erfolgreich, möchte ich die Methode an Rhesusaffen testen. Falls diese positiv verlaufen, wäre unter Umständen denkbar, dass erste klinische Versuche an Menschen möglich sein werden. Doch eine Voraussage, ob und wann ein Antiprion-Medikament verfügbar sein wird, kann und will ich nicht machen.

Lässt sich diese Strategie auch auf andere Krankheiten anwenden?

Die Idee, therapeutische Moleküle mit einem Stück der konstanten Region eines Antikörpers zu verbinden, ist nicht neu. Dieses Prinzip wurde beispielsweise beim Rezeptor des Tumor-Nekrosefaktors bereits erprobt. Die Fusion mit einem Antikörperteil führt zu einem Molekül, welches sehr stabil in biologischen Flüssigkeiten ist.

Erst vor kurzem war in der Wissenschaftszeitschrift Nature von einer neuen Therapiemöglichkeit der Prionenerkrankungen zu lesen. Wie beurteilen Sie dieseArbeit?

Weltweit forschen rund 20 Teams auf diesem Gebiet und es existieren einige vielversprechende Therapieansätze. In der erwähnten Nature-Arbeit hat eine britische Forschergruppe zeigen können, dass sich die Prionenerkrankung verlangsamen lässt, wenn man Antikörper in Mäuse spritzt. Einen solchen Ansatz haben wir bereits im September 2001 in der Wissenschaftszeitschrift Science veröffentlicht (Science 2001, 294:178-182), und wir verfolgen die Strategie einer Impfung gegen BSE beim Rind und die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung beim Menschen bis heute in unserer Arbeitsgruppe weiter.