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Grosse Feier für ein kleines Fach

Eine Feier, Zwei Bücher, eine Buchvernissage und eine Ausstellung - das Mittellateinische Seminar der Universität Zürich trumpft an seinem 40. Geburtstag mächtig auf.
Markus Binder

Peter Stotz, Professor für lateinische Philologie des Mittelalters nimmt das Ueberraschungsbuch, den Jubiläumsband, in der Aula entgegen.

Wann wurde wohl in der Aula zuletzt in Latein gesungen? Wohlgemerkt nicht nur von einem allein, sondern knapp hundert zusammen? Wohl ist es schon eine Weile her, vielleicht länger als der Jubilar, der am Freitag, 20. Juni, geehrt wurde, alt ist. Gegen Ende der akademischen Feier zum 40. Geburtstag des Mittellateinischen Seminars der Universität Zürich stimmten die Gäste ins «Lætitia pia et honesta» nach der Melodie von «Freut euch des Lebens» ein und ehrten damit Seminar und Latein zugleich. Überhaupt spielte die Musik eine wichtige Rolle an dieser mittellateinischen Feier. Das Ensemble «Musica tigurina» begleitete die Gäste mit einer musikalischen Reise von der Reformationszeit bis ins 19. Jahrhundert, von der Aula ins Zürcher Stadthaus.

Drei Väter des Seminars

Vor 40 Jahren wurde das Mitellateinische Seminar gegründet. Der eine Vater dieser neuen Institution war der Schaffhauser Lehrer und Bibliothekar Jakob Werner, der von 1908 bis 1913 in Zürich als Privatdozent an der Universität Zürich Mitellateinische Philologie unerrichtete und damit weltweit einer der ersten Hochschuldozenten in diesem Fach war. Vater des Mittellateins in Zürich war er vor allem auch deshalb, weil seine Bibliothek den Grundstock für das Mittellateinische Seminar bildete. Sie wurde 1962 eingeweiht. Zweiter Vater war Hans F. Haefele, der sich 1957 in Lateinischer Philologie des Mittelalters habilitierte und nach der Gründung des Seminars 1963 zum ersten Professor berufen wurde. Peter Stotz, der seit 1993 sein Nachfolger ist, lehrte bei Haefele und war in den 70er Jahren dessen Assistent. Im Gründungsjahr des Seminars begann er sein Geschichtsstudium und ist mit dem Seminar zusammen gross geworden.

«Kein Legitimationsdruck»

Rektor Hans Weder im Namen der Universität, Dekan Franz Zelger im Namen der Philosophischen Fakultät und Kulturchef Jean-Pierre Hoby im Namen der Stadt Zürich gratulierten dem Mittellateinischen Seminar. Paul Gerhard Schmidt, Professor in Freiburg im Breisgau, hielt zudem zu Ehren des Seminars einen Vortrag über die soziale und geistige Stellung es Lehrers im Mittelalter. Er stellte die These auf, der Lehrerberuf sei im Mittelalter viel angesehener gewesen als in der Antike oder in der Frühen Neuzeit. Rektor Weder betonte, wie wichtig, das Mittellateinische Seminar sei, weil alle, die sich mit dem Mittelalter beschäftigen, Texte erforschen müssten, was zum Kerngeschäft eines Mittellateiners gehöre: «Er lässt die Texte in ihrem Eigensinn reden.» Nur so könne man von den Vorurteilen gegenüber dem Mittelalter loskommen. Wegen ihrer philologischen Kompetenz seien die Mittellateiner gefragte Leute. Zelgerbetonte, die Disziplin nehme vor dem Hintergrund wachsender Interdisziplinarität einen wichtigen Platz im Fächerkanon ein und stehe unter keinerlei Legitimationsdruck.

Professor Stotz (Mitte) zusammen mit Jean-Pierre Hoby, Chef Kulturpflege im Präsidialdepartement der Stadt Zürich (links) und dem Gastredner, Professor Werner-Gabriel Zimmermann im Stadthaus.

Philologische Härte

Ein wenig zu spüren scheint Stotz, diesen Legitimationsdruck aber trotzdem. Nach einem kurzen Abriss über die Geschichte des Seminars und die Projekte und Publikationen betonte er, auch weiterhin müsse die Mittellateinische Philologie als eigenständiges Fach geführt, ja der Mittelbau-Etat wieder von 50 auf 100 Prozent aufgestockt werden, um die Bibliothek angemessen betreuen zu können. Inhaltlich forderte er neben der interdisziplinären Offenheit eine «philologisch harte Linie» und verstärkte Forschung zum «Latein der Nähe», also zu den lateinischen Handschriften, die in Zürich lagern und für Zürich bedeutsam sind.

Damit hat das Seminar bereits begonnen und die Feier zum Anlass genommen, das Buch «Turicensia Latina» herauszubringen, eine zweisprachige Anthologie mit lateinischen Texten aus und über Zürich von der Römerzeit bis 1900. Einzelne Themen daraus werden gleichzeitig in der Zentralbibliothek in einer Ausstellung präsentiert. Über Buch und Ausstellung bedankte sich Kulturchef Hoby bei Stotz und den Mitwirkenden. Zürich stehe auf römischem Boden und das Buch sei Anlass, sich diesem Teil der Vergangenheit wieder bewusst zu werden. «Dieses Buch ist ein Augen- und Ohrenöffner, ein Geschenk für die Bevölkerung Zürichs.» Gleichzeitig kam zu Stotz' grosser Überraschung noch ein zweites Buch heraus, eine Festgabe für ihn zum 40-jährigen Jubiläum des Mittellateinischen Seminars, unter grösster Verschwiegenheit herausgegeben von Martin Graf und Christian Moser. «Ich bin mit allen Details dieses Seminars und dieser Feier genauestens vertraut, aber von diesem Buch habe nichts gemerkt», sagte Stotz und strahlte.

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