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Exzellenzstipendien

Sein Potenzial entfalten

Wie klappt das Studium? Wir haben zum Semesterstart zwei talentierte Studierende gefragt. Selina Scherrer und Fabian Nägele haben kürzlich ein Exzellenzstipendium erhalten. Sie beschreiben, wie sie im Studium ihren eigenen Weg gefunden haben und was sie antreibt.
Nathalie Huber

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«Sprache hat mich seit jeher interessiert», Fabian Nägele, Gewinner eines Exzellenzstipendiums, im Deutschen Seminar

Nächste Woche beginnt das Herbstsemester an der Universität Zürich; für zahlreiche junge Erwachsene markiert dies den Beginn ihres Studiums und somit ein ganz neuer Lebensabschnitt. Jedem Anfang wohnt bekanntlich ein Zauber inne, doch Neuanfänge bringen auch viele Fragen mit sich – im Fall eines Studienbeginns etwa: Was muss ich tun, damit mein Studium gelingt? Wie organisiere ich mich? Wie bewältige ich die riesige Menge an neuem Stoff? Wo soll ich lernen und welche Skills muss ich mir unbedingt aneignen?

Am Beispiel von Fabian Nägele und Selina Scherrer zeigt sich, dass man auf ganz unterschiedliche Weise erfolgreich studieren kann. Die beiden werden – gemeinsam mit acht anderen UZH-Studierenden (siehe Box) – im Masterstudium mit einem Exzellenzstipendium gefördert. Im Folgenden geben sie Einblick in ihr bisheriges Studium an der UZH.

Den Interessen folgen

Rechtswissenschaftsstudentin Selina Scherrer: «Ich bin sehr breit interessiert und habe im Studium nun einen Weg gefunden, diesen Interessen nachzugehen.»

«Ich bin vielseitig interessiert. Das Rechtsstudium ist allerdings so aufgebaut, dass es wenig Raum lässt, um Fächer ausserhalb der eigenen Fakultät zu besuchen. Nachdem ich zwei Jahre das Regelstudium absolviert hatte, merkte ich, dass ich mir ein bisschen mehr Zeit für meine weiteren Interessen nehmen wollte. Deshalb besuchte ich die Einführung in die Schweizer Politik aus den Politikwissenschaften, zwei mathematische Grundlagenfächer aus den Wirtschaftswissenschaften sowie die Einführung in die Geschichte der Philosophie.

Was mich anzieht: Wenn Recht auf andere Disziplinen trifft, wie etwa Rechtsgeschichte, -philosophie oder -soziologie. Das spiegelt sich in meiner Fächerwahl im Master. Kürzlich meinte ein Freund zum Spass, dass ich nur die <Beilagen> studieren würde. Ich finde meine Wahl aber bereichernd und entdecke immer irgendwo Synergien. Ausserdem ist es supercool, wenn ich mit meinen Freund:innen, die andere Studiengänge gewählt haben, mitreden kann und überall etwas verstehe.

Seit vergangenem Oktober arbeite ich als Hilfsassistentin am Lehrstuhl von Tilmann Altwicker, der das Center for Legal Data Science leitet. Dort habe ich einen Ort gefunden, wo ich meine Begeisterung für Mathematik mit dem Recht verbinden kann. Bis dato wusste ich nicht, dass es Leute gibt, die wirklich empirische Rechtswissenschaft betreiben – mit dieser Art Forschung kam ich dann glücklicherweise in Berührung. Ich hatte gar keine Vorstellung davon, was man als Wissenschaftler:in effektiv tut. Ausserdem habe ich durch meinen Job nun auch einen direkten Kontakt zu einem Professor – das ist im rechtswissenschaftlichen Studium eher selten der Fall.  

Die Methoden der empirischen Rechtswissenschaft wende ich auch in meiner Masterarbeit an. Konkret untersuche ich das Laienrichtertum. Die ersten fünf Ideen, die mir für die Masterarbeit eingefallen sind, musste ich verwerfen. Ich glaube, oft muss man einfach mal beginnen und wenn einem ein Thema einfällt, schauen, ob das klappt. Man braucht da etwas Frustrationstoleranz und die Akzeptanz dafür, dass man Zeit braucht. Es funktioniert auch nicht, sich dabei mit anderen Studierenden zu vergleichen – was auch im Studium keine gute Idee ist, denn jede:r hat andere Voraussetzungen.

Obwohl mein Fach ziemlich verschult ist, gibt es bei mir keinen normalen Studitag, jeder sieht etwas anders aus. Ich habe auch nicht die Erwartung, dass ich jeden Morgen Punkt acht Uhr aufstehen muss, um zu lernen. Ich funktioniere nicht so, sondern eher – negativ ausgedrückt – launenhaft. Ich habe das Gefühl, dass es mich am Ende weiterbringt, wenn ich auf meinen Rhythmus achte und darauf, was mir guttut. Es gibt Tage, da kann ich locker zwölf Stunden fürs Studium arbeiten, dann wieder sind es manchmal nur drei. Natürlich gibt es konzentrierte Prüfungsphasen, aber während des Semesters versuche ich meine Zeit flexibel einzuteilen.

Beim Lernen versuche ich, den grösseren Zusammenhang zu verstehen. Sehr oft geht es um Detailfragen, dabei verliert man sich schnell. Zwei Wochen nach Semesterbeginn überlege ich mir pro Fach ein geeignetes Lernsystem. Leider geht es aber nicht ohne Auswendiglernen. Dazu schreibe ich Karteikarten. Wenn ich den Stoff auf ein Karteikarten-Format herunterbreche, habe ich ihn bereits einmal verstanden und verarbeitet. Mit Karteikarten kann ich ausserdem überall lernen, auch mal am See, und muss nicht in die Bibliothek, wo es mir zu ruhig ist.

Für meinen Double-Degree-Masterstudiengang werde ich voraussichtlich ein Jahr lang in Maastricht <Globalization and Law> studieren. Dank dem Exzellenzstipendium kann ich jetzt gelassen in die Zukunft schauen, ohne mir Sorgen darüber zu machen, ob ich im Ausland arbeiten und Geld verdienen kann. Das beruhigt mich sehr.

Was nach dem Master kommt? Ich verfolge keinen 10-Jahres-Plan. Der Plan ist eher, alles ein bisschen auszuprobieren und zu schauen, was passen könnte.»

Eigenständig und kritisch denken

«Ich habe schnell gemerkt, dass ich meinen Studienalltag gerne plane», Fabian Nägele, Student der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft und Philosophie

«Ich habe eine sehr gute Selbstdisziplin. Es bereitet mir keine Mühe, sondern im Gegenteil sogar Spass, meinen Studienalltag gut zu strukturieren. Allerdings habe ich erst im Studium gelernt, wie ich mir Wissen aneigne, das längerfristig haften bleibt.

Am liebsten lerne ich alleine. Ich bin sehr auditiv veranlagt und lese mir meinen Stoff häufig vor. Für eine mündliche Prüfung stelle ich mir laut Fragen, die ich dann beantworte. Es hilft mir auch sehr, mich dazu zu bewegen. Was ich nicht kann, ist einfach starr irgendwo sitzen, lesen und Sätze anstreichen.

Mein erstes Studienjahr habe ich, bedingt durch Corona, ausschliesslich digital absolviert. Heute schätze ich es umso mehr, die Lehrveranstaltungen vor Ort zu besuchen. Wenn ich schon studiere, möchte ich auch dieses Uni-Feeling erleben.

Ich studiere nicht, um später einen spezifischen Beruf ausüben zu können, sondern mehr als Selbstzweck. Meine beiden Fächer Germanistik und Philosophie begeistern mich sehr. Ich finde die deutsche Sprache wunderschön, und generell hat mich Sprache schon immer interessiert. Bereits als Kind war ich fasziniert, wie Sprache regional stark variiert und man sich dennoch versteht.

Besonders interessieren mich sprachphilosophische Fragen: Wie beeinflusst Sprache unser Denken? Kann Sprache die Realität abbilden? Gelangt man durch Sprache zur Wahrheit? Das Hinterfragen von Sprache war auch leitgebend für meine Bachelorarbeit. Ich habe die Werke meiner Lieblingsschriftsteller:innen – Max Frisch, Ingeborg Bachmann und Paul Celan – daraufhin untersucht.

Die Bachelorarbeit habe ich im Voraus gut geplant: Ich habe mir konkrete Fragestellungen überlegt und versucht, diese möglichst gut einzugrenzen, sodass ich mich nicht verliere, und geschaut, ob ich dafür hinreichend Literatur finde. Ich glaube, wichtig ist, dass man sich effektiv für die eigene Fragestellung interessiert und diese unbedingt beantworten will.

Für den Schreibprozess habe ich mir einen konkreten Plan erstellt. So wusste ich, wie viele Zeichen ich bis wann schreiben musste, um am Schluss genügend Zeit fürs Durchlesen zu haben. Ich hatte das Glück, dass ich die Arbeit während des Prozesses mehrmals meinem Betreuer, Professor Thomas Strässle, zum Lesen geben durfte.

Was mein Studium so wertvoll macht, ist, dass ich gelernt habe, <outside the box> zu denken. Lernen, eigenständig zu denken, ist essenziell, das kommt letztlich der Gesellschaft zugute: Man ist in der Lage, Autoritäten zu hinterfragen, erkennt Probleme und findet Lösungen, zum Beispiel für die Klimapolitik oder den Umweltschutz – Bereiche, die mich persönlich stark interessieren. Meine durch das Studium erworbene Sprachsensibilität nützt mir sicher auch für mein politisches Engagement. Als Vizepräsident des Jugendrats Liechtenstein mache ich viel Öffentlichkeitsarbeit. 

Wenn ich ganz ehrlich bin, stelle ich ziemlich hohe Erwartungen an mich. Vor einem Jahr habe ich erfahren, dass die Universität Zürich Exzellenzstipendien vergibt. Da meine Noten gut waren, habe ich umso mehr darauf hingearbeitet, dass ich mich bewerben kann. Das hat einen ziemlich grossen Druck ausgelöst. Als ich erfahren habe, dass es geklappt hat, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Das Stipendium ermöglicht mir ein finanziell sorgenfreies Leben. Meine Schwester beginnt diesen Herbst ihr Studium; meine Eltern hätten mich dann nicht mehr gleich unterstützen können wie bis anhin.

Für den Master habe ich Philosophie im Major gewählt. Ich spiele mit dem Gedanken, eine philosophische Masterarbeit zu schreiben und in diesem Fach zu promovieren. Wenn es funktioniert, würde ich gerne eine wissenschaftliche Karriere verfolgen. Sollte das nicht klappen, kann ich mir auch vorstellen zu unterrichten – ich absolviere sicher das Lehrdiplom.»