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Corona-Krise

Dozieren in Zeiten von Corona

Anfang Woche hat die UZH vom Präsenz- auf digitalen Online-Unterricht gewechselt. Eine gewaltige Herausforderung für Dozierende und Studierende. Wir haben mit einer Professorin und einem Professor darüber gesprochen. Das Team von Multimedia & E-Learning Services unterstützt Dozierende bei der Umstellung.
Marita Fuchs, Stefan Stöcklin
Die UZH setzt jetzt auf Onlinekurse. Der Vorteil: Zuhause sein und doch mit anderen zusammen lernen.

 

Vergangenen Dienstag begrüsste Dina Pomeranz ihre Studentinnen und Studenten erstmals aus ihrem Home-Office zum Kurs «Globale Politische Analyse». Auf dem Schreibtisch hatte die Assistenzprofessorin für angewandte Ökonomie der UZH zwei Bildschirme aufgebaut. Auf dem grösseren zeigte sie ihre Powerpoint-Slides, auf dem kleineren konnte sie, gefilmt von einer Kamera, mit den Studierenden kommunizieren und auf Fragen eingehen.

 

Ein Tag Übung

Über hundert Personen hatten sich per Video-Konferenz eingeschaltet und waren online mit ihrer Professorin verbunden. «Klar, Präsenzunterricht wäre schöner gewesen», sagt sie, «aber ich war überrascht, wie gut wir den Kurs digital durchführen konnten.» Pannen gab es keine, ein Grossteil der eingeschriebenen Studentinnen und Studenten war dabei und per Videobildschirm für ihre Mitstudierenden und die Professorin sichtbar, die Rückmeldungen waren positiv. Der Online-Unterricht, bei dem sich die Studierenden elektronisch in die Vorlesung einschalten und Fragen stellen können, habe sogar Vorteile. Manche Studierenden schrieben, es falle ihnen leichter, sich auf diese Weise zu melden als im Hörsaal vor allen zu sprechen.

Dina Pomeranz.
Nahm die Corona-Pandemie gleich als aktuellen Aufhänger für ihre Online-Vorlesung. Wirtschaftsprofessorin Dina Pomeranz.

«Ich fand den Wechsel zum E-Learning den Umständen entsprechend erstaunlich reibungslos», sagt die Dozentin. Das hat einerseits mit ihrer technikaffinen Einstellung zu tun, andererseits hatte sie im kleineren Rahmen schon an Videokonferenzen teilgenommen. Als die Universitätsleitung letzte Woche beschloss, wegen der Coronavirus-Pandemie auf den Präsenzunterricht zu verzichten, informierte sie sich über die Möglichkeiten von Online-Tools und übte anfangs Woche mit zwei Lehrassistierenden Kameraeinstellungen und Präsentation ein. «Die Vorbereitungen des Online-Kurses kosteten mich etwa einen Tag», sagt Dina Pomeranz.

Pomeranz, die sich mit volkswirtschaftlichen und sozialen Fragen unter anderem in dem Bereich von internationalen Zusammenhängen auseinandersetzt, nahm die Corona-Pandemie gleich als aktuellen Aufhänger ihrer Vorlesung. Sie verglich Ausbreitung und Inzidenz von Covid-19 in der Schweiz mit anderen Ländern, besprach die Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme und appellierte an die Solidarität der jungen Generation, die Schutzmassnahmen zu befolgen. «Ich persönlich halte mich von allen direkten Kontakten ausser meinen Eltern fern.»

 

Trifft seine Studierenden zur festgelegten Seminarzeit zu einem Skypecall: Kai Niebert, Nachhaltigkeitsforscher und Professor für Didaktik der Naturwissenschaften und Nachhaltigkeit.

Eine Chance für die Lehre

Kai Niebert, Nachhaltigkeitsforscher und Professor für Didaktik der Naturwissenschaften und Nachhaltigkeit, hat seine Vorlesung und sein Forschungsseminar in kurzer Zeit auf online umgestellt. Die Vorlesung hat er per Video aufgezeichnet, die Vorlesungsfolien finden seine Studierenden auf der UZH-Lernplattform Olat. Zur festgelegten Seminarzeit um 13.00 Uhr findet ein Skypecall statt, bei dem die Studierenden die Möglichkeit haben, das Vorlesungs-Video und das Material zu diskutieren und nachzufragen. Informiert wurden sie vorher per Mail. 

Kai Niebert sieht in der Umstellung auf digitalisierten Unterricht auch eine Chance für die Lehre. Online-Kurse seien nicht per se besser, aber – gut gemacht – böten sie die Möglichkeit zu aktivem Lernen. Alle Dozierenden seien jetzt gezwungen, grundsätzlich darüber nachzudenken wie die eigene Lehre funktioniere, und was man anders machen könne. Konkret: Gut gemachte Videos seien sinnvoll für die reine Wissensvermittlung. In virtuellen Seminaren könne dann dieser Stoff diskutiert werden.

Digitale Präsenz

Online-Tools böten laut Niebert eine gute Möglichkeit, gezielt Aufgaben an Gruppen zu verteilen und dann Feedback zu geben. «Man kann mit diesen Tools sogar noch stärker miteinander interagieren als im Hörsaal. Das ist zwar mit grossem Aufwand verbunden, lohnt sich aber», sagt Niebert.

«Es ist mir sehr wichtig, meinen Studierenden weiterhin eine fixe Struktur zu bieten». Deshalb hält er an der im Vorlesungsverzeichnis festgelegten Zeit für seine Vorlesung und sein Seminar fest. Wie im Hörsaal treffen sich um diese Zeit die Studierenden – nur eben virtuell. 

Die Vorlesung haben sich die Studierenden vorher auf Video angesehen. Das Video ist in Sequenzen eingeteilt, die aktives Lernen ermöglichen und ein passives Rezipieren verhindern. Das Zaubermittel: Wissen in kurzen Sinneinheiten. So werden zum Beispiel Videosequenzen eingespielt von etwa 5 bis 7 Minuten, danach sollen die Studierenden das gerade Gesehene verarbeiten. Kurze Texteinheiten werden einblendet, ein Quiz einspielt oder ein Fall aus dem Alltag beschrieben. Die Aufmerksamkeit werde so ständig wachgehalten. Die Vorlesung können sich die Studierenden zuhause anschauen. Wenn sie etwas nicht verstanden haben, gibt es den Repeat-Knopf. 

Eigenes Lerntempo ermöglichen

Zur festgesetzten Seminarzeit findet dann das virtuelle Treffen statt. Jetzt können die Studierenden untereinander und mit Kai Niebert diskutieren und sich austauschen. Der Vorteil: «Anstatt die Vorlesung zu halten, habe ich jetzt Zeit, mit den Studierenden zu diskutieren», sagt Niebert. Die Wirksamkeit dieses Vorgehens ist auch durch Forschung belegt: Onlinevorlesungen, die den Studierenden ihr eigenes Lerntempo ermöglichen, kombiniert mit kurzen Anwendungsaufgaben und ausreichende face-to-face Zeit mit dem Dozierenden führt zu deutlichen Leistungsverbesserungen bei Studierenden.

Und der Leistungsnachweis? «Da geht es jetzt nicht mehr nur um das simple Abprüfen auswendig gelernten Wissens. Ob meine Studenten ohne Hilfsmittel alleine vor dem Rechner sitzen, ist nur mit hohem Aufwand prüfbar und wenig sinnvoll», so Niebert. «Die Universität soll auf anspruchsvolle Aufgaben vorbereiten. Also prüfe ich jetzt, ob meine Studierenden die erworbenen Kompetenzen in fach- und alltagsbezogenen Kontexten anwenden können.»