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Zweite LERU-Gender-Konferenz

Das Geschlecht spielt immer eine Rolle

Frauen gelangen in der Wissenschaft weniger häufig auf Spitzenpositionen als Männer und sind entsprechend unterrepräsentiert. Das kann auch an unbewussten Vorurteilen liegen. Die LERU-Gender-Konferenz, die vergangene Woche an der UZH stattfand, widmete sich der Thematik impliziter Voreingenommenheit.
Marita Fuchs

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Katrien Maes (links.), stellvertretenden Generalsekretärin der LERU, und Jadranka Gvozdanovic (Mitte), Professorin an der Universität Heidelberg und Co-Autorin der LERU-Publikation über Gender-Bias an Hochschulen im Gespräch. Die Fragen stellt Caitlin Stephens, Abteilung Kommunikation der UZH.

 

Können Frauen promovieren, Professorinnen und Nobelpreisträgerinnen werden? Natürlich. Doch trotz zahlreicher Frauenförderungsprogramme sind im akademischen Bereich Frauen stark unterrepräsentiert, insbesondere in Führungspositionen. Die unbequeme Realität: Lehrstühle, akademische Leitungsstellen und Wissenschaftspreise sind zu einem hohen Teil in Männerhand. Darüber hinaus bekommen Akademiker höhere Gehälter als ihre Kolleginnen, sie haben weniger kurzfristige Verträge und grössere Erfolgsquoten bei der Forschungsförderung. Doch woran liegt es, dass Frauen benachteiligt werden? Wissenschaft ist doch auch ihr Terrain.

Die League of European Research Universities (LERU), der 23 führende Universitäten Europas – darunter die UZH – angehören, hat kürzlich einen aktuellen Bericht veröffentlicht. In diesem Dokument werden die Gründe der Benachteiligung von Frauen in Bezug auf sogenannte «bias» untersucht. Das LERU-Paper war Grundlage der zweiten LERU-Gender-Konferenz, die am vergangenen Donnerstag und Freitag an der UZH stattfand. 

Doch was genau ist ein Bias? Man versteht darunter Befangenheit, Voreingenommenheit oder ein Vorurteil, das Verhalten und Entscheidungen beeinflusst. Unbewusste Vorurteile haben wir alle. Menschen sind darauf ausgerichtet, effizient zu entscheiden und dabei kognitive Abkürzungen zu nehmen. Im Bereich sozialer Entscheidungen können dies zwischenmenschliche Stereotype zu Alter, Geschlecht, Ethnie, Körpergrösse und so weiter sein.

Einige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz (v.l.n.r.): Christiane Löwe (Leiterin der Abteilung Gleichstellung UZH), Klara Landau (Klinikdirektorin am USZ und UZH-Professorin), Karin Gilland Lutz (Abteilung Gleichstellung, UZH), Naomi Ellemers (Universität Utrecht), Paul Walton (University of York), Gary Loke (ECU), Prorektorin Gabriele Siegert, Tomas Brage (Universität Lund), Rektor Michael Hengartner, Anke Lipinsky (GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften). (Foto: Frank Brüderli)

Faire Chance

Stellen Sie sich einen Besprechungsraum an einer Universität mit einem Berufungskomitee vor. Ein Mann und Frau stehen zur Auswahl. Die Frau wird für ihre bemerkenswerte Publikationsleistung trotz ihrer familiären Pflichten gelobt. Der Mann bekommt Lob für seine wissenschaftliche Brillanz. Erstes Szenario: Ohne weitere Diskussion wird der Mann ernannt. Zweites Szenario: Ein geschulter Beobachter macht das Komitee auf versteckte Voreingenommenheit aufmerksam. Vielleicht gehen einige Mitglieder der Berufungskommission unbewusst davon aus, dass eine Frau mit Familie zwar beflissen, aber doch nicht so genial sein kann? Der Beobachter bittet die Kommissionsmitglieder, sich ihre Publikationen noch einmal genau anzuschauen und auf die Qualität zu achten. Die Frau bekommt so eine faire Chance, ernannt zu werden.

Auch Frauen beurteilen Männer positiver

Unbewusste Vorurteile Frauen gegenüber haben sowohl Männer als auch Frauen selbst. In einer Studie von Corinne A. Moss-Racusin von der Universität Yaleaus dem Jahr 2012 bewerteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler naturwissenschaftlicher Fakultäten Lebensläufe, die nach dem Zufallsprinzip männlichen oder weiblichen Namen zugeordnet waren und sich um eine Stelle als Laborleiterin bewarben. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sollten die Kompetenz der Bewerber und Bewerberinnen einschätzen und bestimmen, wen sie einstellen und wie viel Gehalt sie der Person bezahlen würden. In allen Bereichen erhielten die männlichen Bewerber deutlich bessere Beurteilungen.Männer wie Frauen haben demnach gesellschaftliche Geschlechterstereotype so verinnerlicht, dass sie ihre Bewertungen unbewusst beeinflussen – zum Nachteil der Frauen. Es kommt nie nur auf die Forschungsqualität an. Das Geschlecht spielt bei Einstellungsentscheidungen auch immer eine Rolle.

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Grosses Interesse: Die LERU-Gender-Konferenz an der UZH zählte über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. (Bild: Frank Brüderli)

Vorurteile bekämpfen

Die gute Nachricht ist, dass man heute dank intensiver wissenschaftlicher Bemühungen weiss, welche Massnahmen dazu geeignet sind, zumindest einen Teil der Bias an den Universitäten zu beseitigen. Katrien Maes, stellvertretende Generalsekretärin der LERU, stellte an der Konferenz solche Massnahmen vor. (Siehe dazu auch das Video oben.)

So empfiehlt die LERU, Entscheidungen zur Verteilung der Ressourcen auf geschlechtsbezogene Bias hin zu durchleuchten und diesen unbewussten Vorurteilen entgegenzuwirken. Dabei könnten auch geschulte externe Beobachterinnen und Beobachter behilflich sein. Rekrutierungsprozesse sollten transparent und wirklich leistungsorientiert sein. Wichtig sei es auch, die Sprache von Beurteilungsschreiben auf Bias hin zu untersuchen. 

Entscheidend sei es, so betonte Katrien Maes, dass die Universitätsleitungen sich zu diesen Massnahmen bekennen und sie aktiv unterstützen. Zudem sollten die Universitäten Lohnunterschiede beseitigen, die Mitarbeitenden für Elternzeit entschädigen und Bedingungen für Teilzeitbeschäftigungen prüfen.