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Studenten Theater Zürich

Der lange Weg nach Ithaka

Das Studenten Theater Zürich führt eine moderne Interpretation des Klassikers um die Irrfahrt des griechischen Helden Odysseus auf. Was steif und gedrechselt hätte sein können, kommt mit Witz und Abwechslung aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt daher.
Melanie Nyfeler

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Mit Spielfreude und Engagement an der Sache: Das Studenten Theater Zürich zeigt mit «Eine Odyssee» eine kurzweilige und bewegungsreiche Produktion.

«Wir sind immer fast in Ithaka!» enerviert sich die Matrosin gegenüber ihrem König Odysseus, der auf dem Heimweg vom trojanischen Krieg zehn Jahre auf See herumirrt. Mal muss der griechische Kriegsherr den einäugige Riesen Polyphem listenreich überwinden, mal sich aus den besitzergreifenden Fängen einer schönen Nymphe befreien, mal stürmische Unwetter überstehen, die ihm der missgünstige Poseidon schickt. Und immer hofft der tapfere Held, bald in die Heimat Ithaka zu seiner Frau Penelope und seinem Sohn Telemachos zurückzukehren. Wenn da nur nicht Penelopes schmarotzende Freier wären, die den verwaisten Thron besteigen wollen und ihr einreden, Odysseus sei schon lange tot.

Gut verdauliche Sequenzen

Soweit das Stück von Ad de Bont aus dem Jahr 2006, das das Studenten Theater Zürich für seine zehnte Produktion ausgewählt hat. Der niederländische Autor portioniert in «Eine Odyssee» die zehnjährige Irrfahrt Odysseus in kleine, gut verdauliche Häppchen, die auch für Nichtkenner des Homerschen Epos verständlich sind. Die komplizierten Handlungsstränge und göttlichen Familienverwirrungen werden aus verschiedenen, sich teilweise kontrastierenden Blickwinkeln in direkter Sprache erzählt. Da wollen die Götter um Zeus und Athene die Geschicke von Odysseus zum Guten wenden, schicken Träume, die nicht verstanden werden und Götterbote Hermes «baut auch mal Scheisse». Währenddessen überredet Odysseus’ Sohn Telemachos seine Mutter, den reichen Kaufmann Antinoos doch zu heiraten, um wenigstens den Thron für die Familie zu retten.

Das 20-köpfige Ensemble des Studenten Theaters Zürich setzt all dies mit sehr viel Spielfreude und Engagement um. Unter der Regie von André Hillers ist eine kurzweilige, streckenweise lustige und bewegungsreiche Produktion entstanden. Die Dialoge sitzen, die verbalen Auseinandersetzungen – etwa zwischen Zeus und Poseidon, zwischen Odysseus und Kalypso – sind bissig, Antinoos wirbt wunderbar schleimig um die Gunst Penelopes. Götterbote Hermes mischt sich nonchalant ein. An der deutlichen Aussprache einzelner Spieler dürfte jedoch noch gearbeitet werden. Das Bühnenbild ist mit einfachen Mitteln umgesetzt, in der Mitte eine weisse Treppe, die vom Himmel auf die irdenen Niederungen zu führen scheint. Einfallsreich auch das mit Stoffbahnen stilisierte Meer.

Liebe und Macht, Loyalität und Verrat: Die zehnjährige Irrfahrt Odysseus ist auch für Nichtkenner des Homerschen Epos verständlich.

Klatsch, Tratsch, Eifersucht

Mit den verschiedenen Spielebenen wird bewusst zwischen Götter- und Menschenwelt unterschieden. Amüsiert schaut etwa Zeus – ganz in weiss, wie es sich für Götter gehört – von seinem bequemen Sessel vom Bühnenrand zu, wie sich die da unten abmühen und mit dem Schicksal hadern. «Menschen sind wie Ratten», sagt einer der göttlichen Spinndoktoren, die auf ihr Laboratorium runterschauen. Und bei den Menschen heisst es: «Bei den Göttern geht es wie bei uns um Klatsch, Tratsch und Eifersucht.»

Dabei geht es im Stück auch um Liebe und Macht, Loyalität und Verrat, Selbstbestimmung und Ausgeliefertsein, Heldentum und Rache. Überall wird gekämpft – zwischen Zeus und seinem Bruder Poseidon um das Schicksal Odysseus, um den Thron Ithakas, zwischen Gottheiten und Menschen. Ganz am Schluss jedoch lachen die Götter. Es steht unentschieden wie im Fussballspiel – zwischen wem und wem ist Interpretationssache.

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