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Im Umfeld der Rohstoff-Förderung kommt es immer wieder zu verheerenden Verletzungen der Menschenrechte. Daniel Hostettler, zuständig für den Bereich Menschenrechte beim Hilfswerk Fastenopfer, erläuterte auf dem Podium die Problematik anhand eines aktuellen Kupferabbauprojektes auf den Philippinen. Beteiligt ist Sagittarius Mines (SMI), eine Tochterfirma des Schweizer Unternehmens Glencore-Xstrata. Dort kam es aufgrund von Unruhen in den letzten Jahren zu acht Todesfällen unter der einheimischen Bevölkerung und unter Polizisten. «Das Projekt ist ein Pulverfass», sagte Hostettler.
Moderator Christian Brütsch, Politologe an der UZH, nahm das tragische Beispiel auf und stellte die wichtigste Frage des Abends an den UZH-Völkerrechtsexperten Christoph Good: Was kann gegen die steigende Zahl von Menschenrechtsverletzungen getan werden? Doch der Experte musste gleich zu Beginn klarstellen, dass das Völkerrecht kein Allheilmittel gegen Vergehen an Menschen ist: «Das klassische Völkerrecht regelt primär die Beziehungen zwischen Staaten und ist daher nicht darauf ausgelegt, Firmen für Menschenrechtsverletzungen zu sanktionieren.» Damit machte er das rechtliche Vakuum deutlich, in der sich die beteiligten Staaten und Firmen befinden. An der gut besuchten Podiumsdiskussion diskutierten die Teilnehmer mögliche Lösungen des Dilemmas, doch das Problem der Menschenrechtsverletzungen ist vielfältig und die Rechtssituation komplex.
Das Thema ist von besonderer Bedeutung für die Schweiz, denn das Land beherbergt viele Rohstofffirmen. Ein Drittel des weltweiten Handels mit Öl und 60 Prozent des Welthandels mit Metallen werden über die Schweiz abgewickelt. «Wir haben eine besondere Verantwortung zur Einhaltung der Menschenrechte in den Förderländern», sagte Anna-Katharina Burghartz, Leiterin der Zürcher Hochschulgruppe von Amnesty International, die den Anlass organisiert hatte.
Politik und Verwaltung seien sich dieser Situation bewusst, erläuterte Corinna Morissey von der Sektion Menschenrechtspolitik im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA. Im Moment arbeite die Verwaltung an einer Strategie zur Umsetzung der UNO-Leitlinien über «Wirtschaft und Menschenrechte», in denen die Verantwortlichkeiten der Akteure definiert werden. Diese Leitplanken sind vor drei Jahren von der UNO verabschiedet worden und gelten als wichtigstes Instrument zur Kontrolle des Rohstoffhandels. Unter anderem behandeln sie die rechtlichen Verpflichtungen der Gast- und Herkunftsländer multinationaler Firmen, die auf verschiedenen Territorien tätig sind. «Bis Ende Jahr legen wir unsere Strategie zur Umsetzung dieser Richtlinien vor», sagte Morissey.
Eine heikle Aufgabe hatte der Branchenvertreter Martin Fasser, Präsident der Zug Commodity Association, der die kritisierten Unternehmen vertrat. Aus seiner Sicht haben die Firmen alles Interesse, gesetzliche Vorgaben einzuhalten. Da sie oft in abgelegenen oder umstrittenen Gegenden tätig sind, sei dies eine höchst anspruchsvolle Aufgabe. «Wir können nicht lokale Konflikte lösen», meinte er mit Blick auf das vom Hilfswerk genannte Beispiel auf den Philippinen. Die Lösung von Menschenrechtsproblemen sei nicht ihr Kerngeschäft.
Das Podium machte die verschiedenen Positionen deutlich. Stellvertretend für die Hilfswerke kritisierte Daniel Hostettler die Rücksichtlosigkeit mancher Firmen, die sich zu wenig um die Umsetzung der Gesetze und Richtlinien kümmerten: «Die Firmen sehen nur ihre Risiken, aber nicht diejenigen für die Menschen.» Martin Fasser von der Zuger Association betonte dagegen das unternehmerische Prinzip der Branche: Wenn sich die Investitionen nicht lohnten, werden sich die Firmen zurückziehen und Arbeitsplätze gingen verloren. Für Hostettler wiederum darf Geld bei der Umsetzung der Menschenrechte keine Rolle spielen.
Zwischen den Vertretern der Hilfswerke und der Firmen sitzt die Verwaltung des EDA und sucht den Kompromiss. « Wir führen den Dialog mit allen Akteuren und verlangen die Einhaltung der Richtlinien», erklärte Corinna Morissey. Nötig sei ein Mix zwischen Freiwilligkeit und Verbindlichkeit. Dem konnte sich der Experte Christoph Good anschliessen. «Das Völkerrecht ist in Bewegung.» In Zukunft werde es darum gehen, auch ursprünglich freiwillige Standards ins Recht zu überführen. Damit waren alle einverstanden. So endete die Podiumsdiskussion über ein aufgeheiztes Thema fast etwas überraschend in Harmonie.