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IWF-Direktorin Christine Lagarde in Zürich

Schritte hin zu mehr Wachstum

Gestern präsentierte Christine Lagarde, Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), an der Universität Zürich ihre Vorstellungen von «geteiltem Wohlstand in einer globalisierten Welt». Der vom Schweizerischen Institut für Auslandforschung organisierte Vortrag fand unter strengen Sicherheitsmassnahmen statt, da Protestierende die Veranstaltung verunmöglichen wollten. 
Regula Pfeifer

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Christine Lagarde an der UZH: Wirtschaftswachstum ist nötig, vor allem mit Blick auf die grassierende Arbeitslosigkeit.

Sie spreche heute über die zentrale ökonomische Herausforderung, mit der die Welt aktuell konfrontiert sei, sagte die IWF-Direktorin. Wie zurückkommen zu einem soliden, nachhaltigen und ausgewogenen Wachstum, das für alle eine bessere Zukunft bringe?

Die aktuelle Lage skizzierte Lagarde kritisch. Die globale Wirtschaft sei nicht in der Lage, das Wachstum zu bringen, das die Welt brauche. Die Prognosen erwarteten ein weltweites Durchschnittswachstum von 3,5 Prozent, wobei für die entwickelten Wirtschaften nur 1,5 Prozent und für die Eurozone gar minus 0,3 Prozent prognostiziert seien.

Das sei weit entfernt vom möglichen Wachstum, betonte die Wirtschaftsführerin. Aufstrebende Märkte etwa in Entwicklungsländern, stünden mit einem erwarteten Wachstum von 5,75 Prozent besser da. Angesichts der Ausgangslage und der Bedürfnisse sei aber auch deren Situation nicht gut.

Weltweites Job-Desaster

Dass Wachstum dringlich sei, begründete Lagarde mit der weltweiten Job-Situation. 200 Millionen Menschen seien auf Arbeitssuche, 75 Millionen davon junge Menschen. Das sei ein wirtschaftliches, soziales und humanes Desaster.

Durch drei Bremsen wird gemäss der Referentin das erwünschte Wachstum behindert: durch die Steuerbremse, die Bankenbremse und die Immobilienbremse. Die Steuerbremse ist bedingt durch die riesigen öffentlichen Schulden. Diese werden für nächstes Jahr auf durchschnittlich 109 Prozent des Bruttoinlandprodukts der entwickelten Wirtschaften veranschlagt. Das sei nicht nachhaltig, so Lagarde. Hier müsse ein Kreditplan zur Schuldenreduzierung entworfen werden.

Mehr Lichtblick sieht die IWF-Direktorin bei der bestehenden Banken- und der Immobilienbremse. Da sei schon einiges verbessert worden, allerdings müssten die Banken noch gesünder und die Immobilienschulden mit Massnahmen verringert werden. Die Steuerbremse hingegen werde weiterhin bestehen, allerdings müsse man damit so umgehen, dass sie dem Wachstum möglichst wenig im Wege stehe.  

Den Arbeitsmarkt in südeuropäischen Ländern reformieren

Für das mittelfristige Wachstum fokussierte die IWF-Direktorin auf die Angebotsseite, genauer auf den Produkte- und Arbeitsmarkt, und propagierte strukturelle Marktreformen. Als Beispiel nannte sie die ehemals stark regulierte Lastwagenbranche in Griechenland, die nun auf dem Weg zur Liberalisierung sei – was sich positiv auf die Preise der überteuerten griechischen Tomaten auswirken werde.

Auch der Arbeitsmarkt in südeuropäischen Ländern müsse reformiert werden. Insbesondere dürfe nicht vor Lohnkürzungen zurückgeschreckt werden. Ein Minimallohn könne die Barriere vergrössern, überhaupt den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu schaffen.

Zusammenarbeit ist zentral

Immer wieder betonte Lagarde die notwendige Zusammenarbeit der Länder. Dabei gehe es darum, die globale Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen, im finanziellen Sektor Reformen einzuleiten und das globale finanzielle Sicherheitsnetz zu stärken. Auch der IWF leiste diesbezüglich seinen Beitrag zur Verbesserung der Situation. «Wenn die Länder die richtige Politik wählen und diese alle korrekt miteinander abstimmen, dann kann die Wirtschaft wachsen», zeigte sich Lagarde überzeugt.