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Gymnasialunterricht in naturwissenschaftlichen Fächern

Begeisterung wecken

Der Schweiz mangelt es an gut ausgebildeten Fachleuten für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Es ist deshalb nötig, mehr Schülerinnen und Schüler für diese Fächer zu interessieren. Gymnasien und die UZH haben dazu verschiedene gemeinsame Projekte aufgegleist.
Natalie Grob, David Werner
Forschungsnaher Unterricht: Interesse für die Naturwissenschaften wecken.

Was braucht es, um mehr Schülerinnen und Schüler dazu zu bewegen, sich für ein naturwissenschaftliches Fach an der Universität zu entscheiden? In erster Linie: genügend gute und motivierte Lehrerinnen und Lehrer.

Gymnasien und die UZH haben in den letzten Jahren verschiedene gemeinsame Projekte aufgegleist, um die Ausbildung von Lehrpersonen in naturwissenschaftlichen Fächern weiter zu verbessern.

So wurde der Kontakt zwischen Wissenschaft und Gymnasien gefördert – zum Beispiel mit dem Life Science Learning Center. Es bietet Lehrpersonen und ihren Klassen die Möglichkeit, biowissenschaftlichen Unterricht ins Universitätslabor zu verlagern und ist damit sehr erfolgreich.

Was sich in der Biologie bewährt hat, soll auch in anderen Fächern Früchte tragen. Deshalb möchte Michael Hengartner, Dekan der Mathematisch-naturwissenschaft-lichen Fakultät (MNF), das Modell baldmöglichst auch auf andere Fächer der Fakultät übertragen.

Ein weiteres Erfolgsmodell ist die Junior Euler Society am Institut für Mathematik: Auch hier sollen andere Fächer von den Erfahrungen profitieren. Die Junior Euler Society ist eine Initiative der MNF. Sie hat zum Ziel, mathematisch und naturwissenschaftlich interessierte Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in ihrer Freizeit zu fördern. So bietet sie Jugendlichen die Möglichkeit, sich jeweils am Mittwochnachmittag unter wissenschaftlicher Anleitung intensiv mit grundlegenden mathematischen Fragestellungen zu beschäftigen.

Gemeinsam für eine gute Lehrerausbildung

Mehr Aufmerksamkeit als bisher soll der Lehrerausbildung in den Naturwissenschaften zukommen. Eine gemeinsam von der UZH, der ETH Zürich und der Pädagogischen Hochschule ins Leben gerufene Task Force erarbeitet gegenwärtig Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Ausbildung von Lehrpersonen in den Naturwissenschaften. Dabei gilt es den Besonderheiten der Lehrpersonenausbildung an der UZH Rechnung zu tragen, insbesondere dem hohen Stellenwert des fachwissenschaftlichen Studiums.

Im Unterschied etwa zum deutschen System, in dem angehende Gymnasiallehrer- innen und -lehrer eigene Masterstudiengänge absolvieren, in die Fachwissenschaft, Pädagogik und Fachdidaktik integriert sind, machen zukünftige Gymnasiallehr-personen in Zürich einen Master in einem wissenschaftlich ausgerichteten Fachstudium, das bis zum Ende alle Berufsoptionen offenlässt. Dieses Modell hat den Vorteil, dass es Lehrpersonen hervorbringt, die aus erster Hand erfahren haben, was wissenschaftliche Arbeit bedeutet.

Interessanter Berufsweg

Das Modell hat aber auch Nachteile. So können Studierende etwa den Entscheid, Gymnasiallehrerin oder -lehrer zu werden, bis zum Abschluss des Fachstudiums aufschieben. Das kommt vielen Spätentschlossenen entgegen, hat aber auch die unerwünschte Auswirkung, dass die Option Lehrberuf oft als eine Notlösung, als ein Plan B betrachtet wird.

Der Lehrberuf gerät so in den Verruf, ein Auffangbecken für wenig fokussierte Studierende zu sein. Hier muss Gegensteuer gegeben werden, sind sich Regula Kyburz-Graber, Professorin für Gymnasialpädagogik am Institut für Erziehungswissenschaft, und MNF-Dekan Michael Hengartner einig. «Es ist dringend nötig, den Lehrberuf wieder positiv zu besetzen.» Es gelte, den Lehrberuf als einen von verschiedenen interessanten Berufswegen vorzustellen.

Eine Möglichkeit sehen die zwei Wissenschaftler darin, den Studierenden schon während des Fachstudiums Gelegenheiten zu bieten, mit der Schule praktisch in Kontakt zu kommen. «Das könnte durch Unterrichtsbesuche an Schulen erfolgen oder mittels eines Patensystems, bei dem die Studierenden sich regelmässig mit einer Lehrpersonen austauschen können», sagt Regula Kyburz-Graber.

Auf jeden Fall gilt: «Je früher die Studierenden eine Idee vom Lehrberuf haben, desto besser». So werde auch vermieden, dass zu viele Studierende die Ausbildung vorzeitig abbrechen, weil sie falsche Vorstellungen vom Lehrberuf hatten.

Entlastung durch kleines Nebenfach

Damit die Studierenden zeitlich nicht zusätzlich belastet werden, will Michael Hengartner in Fächern wie Biologie, Physik oder Chemie die Möglichkeit schaffen, dass Studierende als kleines Nebenfach Erziehungswissenschaft belegen können.

Kyburz-Graber plädiert darüber hinaus für ein System mit persönlichen Tandempartnern, bei dem Lehramtsanwärterinnen und -anwärter eine engagierte Lehrperson zur Seite gestellt würde, die dabei hilft, Bezüge zwischen Wissenschaft und künftiger Lehrtätigkeit herzustellen. Eine weitere Idee besteht darin, Doktoranden an der MNF die Möglichkeit zu geben, parallel zum PhD-Projekt eine Lehrerausbildung zu absolvieren.

Realisiert wurde im letzten Herbst ein Joint-Masterstudiengang Fachdidaktik Naturwissenschaften der Pädagogischen Hochschule Zürich, Universität Zürich und ETH Zürich. Er dient nicht direkt der Ausbildung von Lehrpersonen für die Schulen, sondern hat den Zweck, Fachleute mit Forschung und Lehre zur Vermittlung von traditionellen und neuen Inhalten in Physik, Chemie und Biologie vertraut zu machen.

Absolventinnen und Absolventen sind gerüstet für die Forschung und Lehre im Bereich der Didaktik der Naturwissenschaften an Pädagogischen Hochschulen, universitären Hochschulen und Fachhochschulen.

Eine wissenschaftliche Auszeit

Ein weiteres Ziel der Reorganisation der Lehrpersonenausbildungen an der UZH ist es, dass auch bereits ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer den Kontakt zur Universität aufrechterhalten – sei es auf fachwissenschaftlicher oder fachdidaktischer Ebene.

Regelmässige Weiterbildungen in beiden Disziplinen stehen dabei im Vordergrund. Praktikumslehrpersonen sind in besonderem Masse angesprochen. Eine denkbare Option wäre ein Sabbatical, während dessen die Lehrperson entweder sich in einer Forschungsgruppe beteiligt, am Lehrzentrum aktiv ist oder Vorlesungen besucht.

Damit der gegenseitige Austausch von Fachwissenschaft und Fachdidaktik weiter intensiviert werden kann, soll gemäss Michael Hengartner und Regula Kyburz-Graber der bereits eingeschlagene Weg mit Assistenzprofessuren in Fachdidaktik weiterverfolgt werden.

Wünschenswert scheint ihnen für jedes einzelne der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) eine Assistenzprofessur Fachdidaktik. Denn für eine erfolgreiche Umsetzung des Ziels, das Interesse an Naturwissenschaften zu wecken, ist ein gegenseitiges Verständnis der Bedürfnisse von Fachdidaktik und Fachwissenschaft eine wichtige Voraussetzung.