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Strategische Ziele

«Die UZH wird jünger und dynamischer»

Universitätsrat und Universitätsleitung legen strategische Ziele für die weitere Entwicklung der UZH bis ins Jahr 2020 vor. Regine Aeppli, Bildungsdirektorin des Kantons Zürich, und Rektor Andreas Fischer erklären im Folgenden, wie die hochgesteckten Ziele erreicht werden sollen. 
Interview: David Werner

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«Die Lehrstuhluniversität, wie wir sie kennen, wird durch neue Elemente ergänzt.»Regine Aeppli, Bildungsdirektorin des Kantons Zürich.

Frau Aeppli, Sie präsidieren den Universitätsrat und sind somit wesentlich mitverantwortlich für das Strategiepapier. Welchen Themen gilt Ihr besonderes Augenmerk?

Regine Aeppli: Unser Ziel ist klar: Die UZH soll in der europäischen Forschungslandschaft eine führende Position einnehmen und in der Gesellschaft gut verankert sein. Als Bildungsdirektorin spielen für mich auch Finanz- und Investitionsfragen sowie die Ausbildung hochqualifizierter Arbeitskräfte für den Zürcher Arbeitsmarkt eine grosse Rolle.

Herr Fischer, im Vergleich zum Vorgänger-Dokument aus dem Jahr 2004 gehen die neuen strategischen Ziele der UZH stärker ins Detail und wirken verbindlicher. Warum diese Neuerung?

Andreas Fischer: Wir hatten in der Universitätsleitung das Bedürfnis nach einem Strategiepapier, das sich als Führungsinstrument eignet und es erlaubt, unsere Arbeit permanent zu überprüfen. Dazu war das frühere Strategiepapier aus dem Jahr 2004 nur begrenzt geeignet. Es war zu leitbildartig formuliert. Ein Leitbild gibt grundsätzliche Prinzipien wieder, denen man im Alltag nachlebt. Strategien dagegen bezeichnen die Richtung, die wir bei der Weiterentwicklung der Universität einschlagen wollen.

Das Strategiepapier enthält einige sehr ehrgeizige Ziele. So soll zum Beispiel die Zahl der Assistenzprofessuren mit oder ohne Tenure Track bis zum Jahr 2020 markant erhöht werden. Gibt es einen Richtwert?

Andreas Fischer: Ja, wir möchten den Anteil der Assistenzprofessuren verdoppeln, er soll einen Viertel aller Professuren ausmachen. Dabei geht es nicht nur darum, dass ordentliche Professuren als Assistenzprofessuren mit Tenure Track ausgeschrieben werden. Vielmehr werden die Fakultäten dazu angehalten, neue Stellen zu schaffen, teils mit dem Etat für den Mittelbau, teils mit zusätzlichen finanziellen Mitteln.

Wie wird sich die Universität dadurch verändern?

Regine Aeppli:  Die Universität verändert sich laufend. Die Professorenschaft wird gesamthaft jünger und die Universität dynamischer werden. Die Lehrstuhluniversität, wie wir sie kennen, wird durch neue Strukturelemente ergänzt. Werte wie Kontinuität und Exzellenz werden dadurch aber nicht an Gültigkeit verlieren.

«Die Universität Zürich sollte weiterhin durch Professorinnen und Professoren geführt werden.» Andreas Fischer, Rektor der UZH.

Manche Nachwuchsforschende halten die Assistenzprofessur für ein ineffektives Mittel in der Nachwuchsförderung, da die Perspektive, die sie für die akademische Karriere bietet, zu unsicher sei.

Regine Aeppli: Eine Assistenzprofessur bietet grosse Chancen auf eine Hochschulkarriere, eine bessere jedenfalls als etwa eine Oberassistenz. Man darf sich bei einer Bewerbung um eine wissenschaftliche Position aber nicht auf Schweizer Hochschulen beschränken.

Welche Rolle wird die Habilitation für eine akademische Karriere zukünftig noch spielen?

Andreas Fischer: Das klassische Karrieremodell, das eine Habilitation für Professoren voraussetzt, ist überholt. Schon jetzt hat die Habilitation in mancher unserer Fakultäten keinen grossen Stellenwert mehr. Wir werden sie deswegen nicht abschaffen, aber ihre Form der heutigen Situation anpassen. Sie wird gewiss nicht mehr den einzigen Weg zu einer Professur darstellen.

Wird es bis 2020 die Privatdozentur noch geben?

Andreas Fischer: Sie wird wahrscheinlich nicht abgeschafft, aber ebenso wie die Habilitation in ihrer Form und Funktion überdacht. Die fast uneingeschränkte Lehrfreiheit der Privatdozierenden ist immer schwerer zu vereinbaren mit den heutigen durchstrukturierten Studiengängen.

In der Forschung soll die UZH gemäss Strategiepapier in ausgewählten Bereichen zur Weltspitze gehören. Als Instrument zur Profilierung werden die Universitären Forschungsschwerpunkte hervorgehoben, von denen es zur Zeit fünf gibt. Doch wird Spitzenforschung an der Universität nicht auch ausserhalb der Universitären Forschungsschwerpunkte betrieben?

Andreas Fischer: Selbstverständlich. Im Allgemeinen mischt sich die Universitätsleitung aber in die Festlegung von Forschungsthemen nicht ein. Das ist Fakultätssache. Eine Ausnahme bilden die fakultätsübergreifend und interdisziplinär angelegten Universitären Forschungsschwerpunkte. Diese Form hat sich sehr bewährt, deshalb ihr hoher Stellenwert im Strategiepapier. Diesen Sommer wird über die neue Generation Universitärer Forschungsschwerpunkte entschieden.

Regine Aeppli: Forschungsförderung soll nicht nur in die Breite gehen, sondern dafür sorgen, dass Leuchttürme entstehen. Die Universität kann so ihre Stärken weiter ausbauen. Die Universitären Forschungsschwerpunkte haben überdies einen wertvollen Begleiteffekt: Ihre Bestimmung stösst inneruniversitäre Diskussionen an, zwingt zu gemeinsamen Standortbestimmungen und legt schlummernde Potenziale frei.

Die Laufzeit von Universitären Forschungsschwerpunkten beträgt vier bis maximal zwölf Jahre. Ist das nicht zu kurz, um der universitären Forschung ein Profil zu geben?

Andreas Fischer: Die Forschungsschwerpunkte definieren ja nicht abschliessend die Felder, in denen die UZH zur Weltspitze gehört. Die Idee ist vielmehr, mit einer befristeten Sonderfinanzierung Anstösse für Spitzenforschung in neuen Konstellationen zu geben. Wenn Erfolge sichtbar werden, kann der zeitlich befristete Forschungsverbund in dauerhafte Strukturen überführt werden. Dank des Nationalen Forschungsschwerpunktes Neuro zum Beispiel, den wir an der UZH beherbergen, haben wir heute ein starkes Forschungsstandbein in den Neurowissenschaften.

Die Fakultäten werden verpflichtet, nach dem Vorbild der Gesamtuniversität eigene Strategiekonzepte zu entwickeln, insbesondere für die Professurenplanung. Auch finanziell sollen sie autonomer werden. Gefährdet dies nicht die Einheit der UZH?

Andreas Fischer: Nein. Die Fakultäten werden zwar eigenständiger, sie werden aber auch strenger in die Pflicht genommen. Sie müssen sehr genau Rechenschaft über ihre Geschäfte ablegen.

Regine Aeppli: Das Spannungsfeld von Einheit und Vielfalt wird in einer so breit gefächerten Institution wie der UZH immer vorhanden sein und ein Thema bleiben. Es ist wichtig, Kompetenzen nach unten zu delegieren, als Gegengewicht dazu aber auch interdisziplinäre, gesamtuniversitäre Einrichtungen wie etwa den kürzlich gegründeten Graduate Campus zu pflegen.

Was uns zu einem weiteren strategischen Ziel führt: Die UZH strebt an, den Anteil der Masterstudierenden und der Doktorierenden im Verhältnis zu allen Studierenden zu erhöhen. Was ist der Gedanke dahinter?

Andreas Fischer: Wir positionieren uns national und international als Forschungsuniversität. Das impliziert, dass die beiden höheren Stufen des Studiums, in denen die Forschung eine grössere Rolle spielt, bei uns besonders attraktiv sind. Viele unserer Bachelorabsolventen werden an der Universität Zürich weiterstudieren, überdies werden wir viele fortgeschrittene Studierende anderer Universitäten anziehen.

Regine Aeppli: Die UZH will eine kompetitive Forschungsuniversität sein. Die Attraktivität und das Renommee spezialisierter Masterstudiengänge sollen auch mithelfen, ausgezeichnete Studierende anzuziehen.

Mehr Studierende auf höheren Stufen: Bedeutet dies, dass die absolute Zahl der Bachelor-Studierenden reduziert wird?

Regine Aeppli: Nein. Das liesse sich ja nur über Eintrittsprüfungen oder einen Numerus clausus bewerkstelligen, was politisch nicht erwünscht ist. Die Maturität gewährleistet in der Schweiz den Zugang zum gewünschten Studium, das ist ein hohes Gut, das erhalten bleiben soll. Deshalb ist die Frage nach einer Wachstumslimite für die UZH im Kanton bisher nie ernsthaft gestellt worden.

Gleichzeitig  fordert das Strategiepapier eine Verbesserung der Betreuungsverhältnisse. Das wird viel kosten. Steht der Kanton dafür gerade?

Regine Aeppli: Der Kanton trägt heute mit 580 Millionen Franken pro Jahr rund die Hälfte der Gesamtkosten der Universität Zürich: Ein grosser Betrag, den man Jahr für Jahr begründen und rechtfertigen muss. Das ist bisher immer gelungen und ich bin zuversichtlich, dass es auch in Zukunft gelingen wird. In universitäre Bildung investieren heisst, in die Zukunft zu investieren. Die Identifikation mit der Universität Zürich ist im Kanton Zürich auch in der Politik erfreulich hoch.

Andreas Fischer: Ich möchte daran erinnern, dass die UZH nicht nur Kostenträger, sondern genauso auch ein Ertragsfaktor ist. Die UZH speist den Zürcher Arbeitsmarkt mit hochqualifizierten Leuten. Zählt man alle Abschlüsse zusammen, hat die UZH letztes Jahr genau 5000 Abschlussdiplome ausgegeben. Das ist ein unmittelbarer Return on Investment.

Die UZH will die Lehre weiter verbessern. Dazu etabliert sie ein System zur Qualitätssicherung und -entwicklung. Was hat man sich darunter vorzustellen?

Andreas Fischer: Die Bologna-Reform hat eine Neuorientierung der Lehre mit Blick auf Studiengänge gebracht. Früher unterrichteten Dozierende das, was sie selbst gut konnten und interessant fanden – mit einer gewissen Beliebigkeit. Jetzt sind Curricula massgebend. Studiengangsverantwortliche definieren Inhalte und Ziele.

Um den Erfolg zu überprüfen, werden verschiedene Feedbackschlaufen eingebaut. Unter anderem werden Lehrveranstaltungsbeurteilungen, die es heute bereits punktuell gibt, ab 2013 regulärer Teil des universitären Lebens sein. Alle Kurse ab einer bestimmten Grösse werden dann von Studierenden evaluiert, und die Dozierenden haben den Auftrag, die Resultate mit Studierenden zu besprechen.

Regine Aeppli: Solche Feedbackschlaufen sind wichtig. Dass sie an der UZH möglich geworden sind, ist keine Selbstverständlichkeit: Früher wäre es undenkbar gewesen, die didaktischen Qualitäten von Professoren zu beurteilen, ihre fachliche Autorität galt als gesetzt. Als ein Instrument, den Wert guter Lehre zu betonen, gefällt mir übrigens auch der Best Teaching Award der Credit Suisse, der jährlich von den Studierenden verliehen wird.

Im Strategiepapier ist neben der Lehrqualität auch von forschungsbasierter Lehre die Rede. Warum dieser Passus? Versteht sich an einer Universität die Verzahnung von Lehre und Forschung nicht von selbst?

Regine Aeppli:  Früher – bei Humboldt – stand die Formel der Einheit von Forschung und Lehre für die universitäre Form der Wissensmehrung und Wissensvermittlung. Diese Formel gilt heute noch, auch wenn ihre Erwähnung häufig als anachronistisch empfunden wird. Spezifischere Formen der Verbindung von Forschung und Lehre werden in den strategischen Zielen nun als forschungsbasierte Lehre angesprochen. Ausserdem reagiert die Betonung forschungsbasierter Lehre auf Tendenzen hin zur Trichterpädagogik, in der nur noch fertiges Wissen verabreicht wird. Solchen Tendenzen, die im Zusammenhang mit der Bologna-Reform sichtbar wurden, gilt es entgegenzuwirken.

Andreas Fischer: Es gibt noch einen weiteren Grund dafür, hervorzuheben, dass wir viel Wert auf forschungsnahe Studiengänge legen: Die Hochschullandschaft differenziert sich national und international immer weiter aus, was die Universitäten zwingt, sich zu positionieren. Wir müssen uns dabei unserer besonderen Qualitäten bewusst sein. Wir sind eine forschungsstarke Universität, die durch forschungsnahe Studiengänge glänzen kann. Dieses Potenzial müssen wir in Zukunft noch gezielter nutzen. Entsprechende Anstrengungen gilt es zu unterstützen, besonders in Fächern mit grossen Studierendenzahlen. Sie stehen diesbezüglich vor besonders grossen Herausforderungen.

Die UZH, so lautet ein weiteres Ziel, treibt die universitäre Medizin am Standort Zürich voran. Welche Schwierigkeiten gilt es dabei zu überwinden?

Regine Aeppli: Medizinische Versorgung in den Spitälern und spezialisierte, forschungsintensive universitäre Medizin sind eng miteinander verzahnt. In dieser Situation können Interessengegensätze entstehen, die man durch geschicktes Miteinander ausgleichen muss, damit der Medizin-Standort Zürich seine Stärken voll zur Geltung bringen kann. Die UZH muss den Leistungsauftrag für die klinische Forschung definieren, und die Spitäler sind verpflichtet, Rechenschaft über die Verwendung der Gelder abzulegen, welche sie von der Universität dafür erhalten.

I n Punkt sechs des Strategiepapiers wird ein «modernes Hochschulmanagement» angemahnt. Heisst dies, dass am Prinzip der Selbstverwaltung der Wissenschaft gerüttelt wird?

Andreas Fischer: Auf keinen Fall. Die UZH sollte weiterhin durch Professorinnen und Professoren geführt werden, nur sie kennen den Wissenschaftsbetrieb von innen her gut genug. Daneben aber benötigen wir moderne Managementstrukturen, um die hochkomplexen und anforderungsreichen Abläufe im Verwaltungs- und Administrationsbereich steuern zu können.

Regine Aeppli: Nach neun Jahren als Bildungsdirektorin weiss ich: Es gibt eine gewisse Führungsresistenz in Expertenorganisationen wie Schulen und Universitäten. Aber es hilft nichts, ein Betrieb mit einem Aufwand von 1,2 Milliarden Franken braucht ein professionelles Management. Institutsleiter, Dekane und auch Rektoren müssen keine Manager sein, aber es braucht starke Stäbe, die innerhalb der Universitätsleitung ihre professionellen Kompetenzen voll einbringen können.

An der UZH herrscht akute Raumnot. Die Universität möchte mehr Fläche im Zentrum, um dereinst auf den Standort Oerlikon verzichten zu können, und sie möchte mehr Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung von Bauprojekten. Kann sie auf Unterstützung des Kantons zählen?

Regine Aeppli: In Zusammenarbeit zwischen UZH und Bildungsdirektion wurde die Flächenbedarfsstrategie 2030 erstellt. Sie ist die Grundlage für die Investitionen der nächsten Jahre. Die Regierung anerkennt, dass seitens der Universität ein hoher Investitionsbedarf besteht. Die Frage, ob das Immobilienmanagement der Universität übertragen werden soll, wird vom Regierungsrat demnächst behandelt.

Anstelle der Formulierung «Die Universität leistet im Dialog mit der Öffentlichkeit einen massgeblichen Beitrag zur gesellschaftlichen Selbstreflexion» heisst es im neuen Strategiepapier bloss noch: «Die UZH pflegt einen aktiven Austausch mit der Öffentlichkeit». Warum?

Andreas Fischer: Wir haben nur Ziele im Strategiepapier, deren Erfüllung überprüfbar ist. Die Aufgabe, zur gesellschaftlichen Selbstreflexion beizutragen, gehört nicht dazu. Aber keine Sorge, der Passus ist nicht eliminiert, sondern befindet sich jetzt am richtigen Ort, nämlich im Leitbild der UZH. Dieses wurde parallel zu den strategischen Zielen von einer Arbeitsgruppe der Erweiterten Universitätsleitung grundsätzlich überarbeitet.