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Musikwissenschaftliches Forschungsprojekt

«Verehrter Herr Doktor»

Der Industrielle Werner Reinhart (1884–1951) war einer der wichtigsten Schweizer Mäzene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein neues Forschungsprojekt am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität widmet sich dem Einfluss Reinharts auf das schweizerische und das europäische Musikleben. Dazu werden unter anderem nach und nach tausende von Briefen namhafter Künstler online zugänglich gemacht.
Ulrike Thiele

Verehrt wurde Werner Reinhart (1884–1951) in der Tat von vielen: von Komponisten, von Interpreten und Dirigenten, von Malern und Schriftstellern. Ihnen ermöglichte es Reinhart, ihrer Berufung nachzugehen und unterstützte sie dabei finanziell. Während jedoch vor allem der Dirigent Paul Sacher (1906–1999) als Geldgeber und Förderer in dieser Zeit bekannt geworden ist, war es um Werner Reinhart ruhig, und so ist es bis heute.

So ruhig, wie Reinhart vielleicht selber war, denn ihm wird in Quellen immer wieder äusserste Zurückhaltung, Diskretion und Bescheidenheit attestiert. Dies sollte jedoch nicht davon ablenken, welch herausragende Stellung Reinhart in der Förderung des Schweizer und – wie Willi Schuh 1944 in der «Schweizerischen Musikzeitung» betont – auch des europäischen Musiklebens einnimmt.

Etliche tausend Briefe von namhaften Künstlern

Deswegen steht Werner Reinhart nun zu Recht im Zentrum eines neuen Forschungsprojektes am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich. Das Projekt «Musikkollegium Winterthur: Briefwechsel Werner Reinhart» beschäftigt sich in der ersten Projektphase mit dessen umfangreicher Korrespondenz. Deren genauer Umfang kann zurzeit nur geschätzt werden, wird sich allerdings auf etliche tausend Briefe belaufen. Häufig sind diese Briefe an den «verehrten Herrn Doktor» gerichtet und dies zurecht, denn 1932 wurde Werner Reinhart durch die Universität Zürich mit Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.

Werner Reinhart (1884–1951): Förderer und Mäzen bekannter Komponisten wie Igor Strawinsky oder Paul Hindemith.

Es finden sich unter anderem Briefe zwischen Werner Reinhart und Richard Strauss, Igor Strawinsky, Arthur Honegger, Paul Hindemith, Othmar Schoeck sowie dem Wiener Kreis; darüber hinaus korrespondierte Reinhart mit wichtigen Dirigenten seiner Zeit wie zum Beispiel Ernest Ansermet oder auch Hermann Scherchen, der 1922-1950 ständiger Gastdirigent des Musikkollegiums Winterthur war und so gemeinsam mit Reinhart den Werdegang des Orchesters entscheidend beeinflusste.

Der gesamte Briefwechsel Reinharts gelangte nach dessen Tod in den Besitz des Musikkollegiums und soll nun in einer Datenbank für Öffentlichkeit und Forschung gleichermassen nutzbar gemacht werden.

Erfasste Briefe online zugänglich

Von den Briefen werden dafür nicht nur die notwendigen Informationen erfasst, sondern die Korrespondenz wird auch detailliert mit Schlagworten versehen und zusätzlich in Regesten – inhaltlichen Zusammenfassungen – erschlossen. Diese kurzen Inhaltszusammenfassungen ermöglichen einen schnellen Eindruck vom Gegenstand, sodass sich der Nutzer unkompliziert eine Vorstellung vom jeweiligen Brief machen kann. Damit wird eine gute Grundlage für weitere Forschungsvorhaben geschaffen.

Die Erfassung der Briefe in der Datenbank ist als fortlaufender, dynamischer Prozess konzipiert: Die Entstehung des Datensatzes kann online verfolgt werden. Beständig werden neue Dokumente erfasst, die sofort online verfügbar sind. Zusätzlich können sich Interessierte auf einer Homepage über Anliegen, Fortschritte und Ziele des Projektes informieren: www.werner-reinhart.ch