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Meilenstein für die Fotografie

Ab diesem Semester ist «Fotografie» ein eigenes Studienfach an der Universität Zürich. Die Einrichtung des neuen Lehrgangs wird am Donnerstag und Freitag mit einem internationalen Symposium gefeiert, zu dem namhafte Wissenschaftler und Exponenten der Fotoszene erwartet werden.
Sascha Renner

Die Fotografie, so scheint es, ist endgültig erwachsen geworden. Obwohl seit den 1970er-Jahren von Kunstmuseen und Privaten gesammelt und ausgestellt und an zahlreichen Fachhochschulen vertreten, wurde das neue Medium, dem der Ruch der Massenkultur anhaftet, bisher an deutschsprachigen Universitäten weit gehend vernachlässigt. Nun erhält die Fotografie auch in der universitären Lehre und Forschung mehr Gewicht. Ab dem Herbstsemester, das diese Woche begonnen hat, kann «Theorie und Geschichte der Fotografie» als eigenständiges Nebenfach auf Bachelor- und auf Masterstufe belegt werden.

Die Abschussrampe des Shuttle «Energia-Buran», Baikonur Kosmodrom, KaSaChstan 2001 - courtesy Galerie Klosterfelde, Berlin. Fotografie von Armin Linke, Kunstfotograf und Referent am Symposium.

Vollständig drittmittelfinanziert

Die Mehrkosten für die Einrichtung des neuen Studiengangs am Kunsthistorischen Institut der Universität Zürich belaufen sich jährlich auf rund 120'000 Franken. Dieser Betrag wird in vollem Umfang durch Drittmittelgelder abgedeckt. Es war der Zürcher Fotokenner und Galerist («Zur Stockeregg») Kaspar M. Fleischmann, welcher im Jahr 2005 die Einrichtung einer Lehr- und Forschungsstelle für Theorie und Geschichte der Fotografie anregte. Die Erträge aus der von ihm geschaffenen Dr.-Carlo-Fleischmann-Stiftung ermöglichen es der Universität, das seit 1999 bestehende Lehrangebot zur Fotogeschichte stark auszubauen und dauerhaft einzurichten.

Leitet die Lehr- und Forschungsstelle für Theorie und Geschichte der Fotografie bis Ende des Herbstsemesters 2007: PD Wolfgang Kersten.

Die Leitung der Stelle und des Studiengangs nimmt noch bis Ende dieses Herbstsemesters PD Wolfgang Kersten wahr, danach geht sie an die noch zu bestimmende Nachfolge auf dem Lehrstuhl Zelger über. Neben Kersten wird auch Philip Ursprung, Professor für Moderne und zeitgenössische Kunst, Lehrveranstaltungen anbieten. Ausserdem soll nach Möglichkeit alle zwei Semester eine Gastprofessur vergeben werden (zurzeit Peter Geimer). Das neue Fach soll die gesamte Fotografiegeschichte von der Erfindung der Daguerreotypie zu Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart abdecken. Im Angebot stehen dieses Semester etwa «Bauhausfotografie», «Das fotografische Bildnis» oder «Fotografie und Malerei. Eine Beziehungsgeschichte».

«Enorme Bereicherung»

Welchen Stellenwert hat das neue Angebot für die Universität? Studienleiter Wolfgang Kersten sieht darin «für alle Studierenden eine enorme Bereicherung». Seit 1999 habe man sehr gute Erfahrungen mit Lehraufträgen im Bereich der Fotografiegeschichte gemacht, das Interesse sei mit sechzig bis achtzig Teilnehmenden bemerkenswert hoch. Es biete sich nun die einmalige Möglichkeit, «ein national wie international höchst bedeutsames Studienangebot machen zu können» – denn die Etablierung der Fotografiegeschichte als eigenständiger Disziplin hinke im deutschsprachigen Raum nach wie vor hinterher, so Kersten.

Lehrstuhl-Sponsor Kaspar M. Fleischmann
 mit einer Fotografie von Edward Weston.

Grosse Nachfrage erwartet

Stifter Kaspar M. Fleischmann erwartet daher eine grosse Nachfrage von Studierenden aus ganz Europa. Das neue Fach weise der Fotografie eine «bedeutend seriösere Stellung in den Bildwissenschaften und der Kunst» als bisher zu. Diese Sicht teilt auch Peter Pfrunder, Leiter der landesweit ältesten auf Fotografie spezialisierten Institution, der Fotostiftung Schweiz: «Das neue Studienfach bedeutet, dass ein wichtiger Teil unserer visuellen Kultur endlich auch von akademischer Seite ernst genommen wird.» Von der Universität erhofft er sich, «dass Fotografie nicht nur punktuell untersucht, sondern systematisch und kontinuierlich in den breiten kulturwissenschaftlichen Diskurs einbezogen wird».

Symposium mit Starbesetzung

Der Startschuss zum neuen Studiengang erfolgt am Donnerstag und Freitag mit einem öffentlichen Symposium, zu dem illustre Gäste erwartet werden. Mit dabei sind etwa der französische Bildtheoretiker Georges Didi-Huberman, der Fotohistoriker und Autor Hubertus von Amelunxen, der Fotokünstler Armin Linke und, als Sahnehäubchen, der US-amerikanische Konzeptkünstler Dan Graham. In Referaten und einem abendlichen Roundtable werden sie unterschiedliche Aspekte des Symposiumthemas «Weltenbilder. Fotografie und Raum» ausführen.

Mäzen Kaspar M. Fleischmann denkt derweil bereits weiter. «Ich erhoffe mir, dass wir bald einen eigenständigen Lehrstuhl ‚Fotografie’ einrichten können und das Fach als Hauptfach studiert werden kann.» Denn die Fotografie, so ist er überzeugt, setzt ihren Siegeszug fort: «Sie wird sich ihren endgültigen Platz in Kunst, Kultur und am Markt sichern».