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E-Learning ist in den vergangenen Jahren an der Universität Zürich durch verschiedenste Massnahmen systematisch gefördert worden. Ursprünglich wohl als ein Weg gedacht, die steigenden Studierendenzahlen bei gleichbleibenden oder gar verminderten finanziellen Ressourcen bewältigen zu können, wurde bei der Umsetzung bald klar, dass die Produktion sinnvoller E-Learningprojekte einen personellen und, damit verbunden, einen finanziellen Mehraufwand erfordert. Wie kann dieser (auch zeitliche) Mehraufwand in der Lehre mit der wissenschaftlichen Forschung in Einklang gebracht werden? Ich zeichne hier ein Modell für die Naturwissenschaften auf, welches auf der Arbeitsteilung zwischen dem dozierenden Forscher und einem kleinen fachvertrauten Produktionsteam beruht.
Die viel beschworene Einheit von Lehre und Forschung ist in der Hochschulrealität, zumindest in den naturwissenschaftlichen Fächern, selten wirklich vorhanden. Insbesondere in meinem Fachgebiet, den Biowissenschaften, stehen vorallem junge Wissenschafter in einem harten Konkurrenzkampf. Sie müssen sich in ihrem Fachgebiet international profilieren und empfinden in den meisten Fällen die Lehre in der Grundausbildung als eine lästige Pflicht, der man mit möglichst geringem Aufwand versucht, gerecht zu werden. Weshalb soll der Forderung nach e-Learning nachgekommen werden, wenn doch festzustehen scheint, dass ein sinnvoller IT-Einsatz in der Lehre nur mit erheblichem Aufwand zu erreichen ist?
Es geht hier nicht darum, die Nützlichkeit und die Vorteile von E-Learning aufzuzeigen; diese sind für mich unbestritten und an vielen anderen Stellen nachzulesen. Ich gehe davon aus, dass E-Learning sowohl für die Studierenden, wie auch für die Dozierenden einen Mehrwert bringt. Für mich birgt der IT-Einsatz in der Lehre die Chance, Forschung und Lehre zu einer neuen Einheit zum Vorteil beider zusammenzubringen. Gute Lehre ist natürlich nicht zum Nulltarif erhältlich. Eine Investition in die Lehre ist vielleicht kurzfristig gesehen mit Abstrichen bei der Forschung verbunden, bringt dieser aber längerfristig Vorteile, indem dadurch guter Nachwuchs für die Forschung rekrutiert wird; erstens durch die gute und gezielte Ausbildung vor Ort und zweitens weil eine Hochschule mit vorzüglicher Lehre die besten Studienanfänger anzieht, was in der heutigen Zeit des Buhlens um Studierende mit nationalen (und lokalen) Konkurrenzhochschulen ein nicht zu unterschätzender Faktor ist.
Die Umsetzung der Bologna-Deklaration bedeutet wesentlich mehr als die Einführung von Kreditpunkten. Eine ganz einschneidende Neuerung besteht darin, dass die Studierenden durch die Prüfungstermine am Semesterende dazu gezwungen sind, den Stoff fast simultan mit der Aufnahme zu verarbeiten. Dies stellt an die Stoffvermittlung durch die Dozierenden andere Anforderungen als im bisherigen System, eine Tatsache, die wohl noch nicht von allen Beteiligten zur Kenntnisgenommen worden ist. E-Learning in Verbindung mit guten Präsenzveranstaltungen wird hier mit grossem Nutzen eingesetzt werden können.
Wie lässt sich e-Learning verwirklichen und mit den zeitlichen Anforderungen der Forschung in Einklang bringen? Nach der lobenswerten Anschubfinanzierung von ICT-Projekten durch das Prorektorat Lehre haben sich an vielen Instituten kleine Produktionsteams mit einer beachtlichen Kompetenz gebildet. Diese sollen den Dozierenden im Sinne einer Arbeitsteilung in allen e-Learning-Belangen beistehen. Solche Produktionsteams funktionieren in den Naturwissenschaften gut, falls gewisse Bedingungen im Team und im Fachbereich erfüllt sind und die vorhandenen zentralen universitären Einrichtungen genutzt werden. Als wichtigste Voraussetzungen für erfolgreiche Produktionsteams sind zu nennen: (1) ein fundiertes fachspezifisches Wissen, (2) die Nähe zu Forschungsgruppen (idealerweise hat wenigstens ein Teammitglied eigene Forschungs- und Lehrerfahrung) und (3) das Vertrautsein mit fach-bereichsspezifischen Besonderheiten. Sehr fruchtbar kann der Kontakt zu Teams aus anderen Fachbereichen sein. Auf der Ebene des Fachbereiches sind die curriculare Einbindung und die überzeugte Unterstützung durch vorgesetzte Stellen unumgänglich. Die folgenden zentralen universitären Dienste sollten genutzt werden: der von den Informatikdiensten zur Verfügung gestellte ‘hosting space’ und die Möglichkeit, Datenbanken einzusetzen (die Informatikdienste garantieren in vorbildlicher Weise deren ‘backup’ und die Installation von updates). Erwähnenswert ist auch die am Institut für Informatik entwickelte Lernumgebung OLAT.
Wie die eigene Erfahrung zeigt, ist mit einem kleinen Team die Realisierung von e-Learning-Umgebungen ohne unnötigen administrativen Balast möglich. Mit E-Learning-Umgebungen werden Dozierende entlastet und sie können ihre Forscherpersönlichkeit gewinnbringend in die Lehre einfliessen zu lassen. Gute e-Learning-Umgebungen werden sicher Forderungen der Studierenden nach weiteren derartigen Lernhilfen mit sich ziehen, was durch die Interaktionen zwischen Anbietern und Abnehmern zur Entwicklung von optimalen Lernumgebungen führen wird. Kleine Produktionseinheiten auf der Ebene der Fachbereiche sindin der Lage, den unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Fachgebiete gerecht zu werden und die Lehre der wissenschaftlich tätigen Dozierenden effizient zu unterstützen.