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Antikörper im Labor: Mehr Qualität durch DNA-Technologie

Antikörper sind als Therapeutika etabliert und im Forschungslabor unabdingbar. Im Gegensatz zu den hochwertigen Therapeutika scheinen kommerzielle Antikörper in der Forschung aber oft den Anforderungen nicht zu genügen, wie eine internationale Autorenschaft rund um Andreas Plückthun von der UZH in «Nature» mahnen. Sie fordert, dass die Antikörper, die in der Forschung zum Einsatz kommen, wie die therapeutischen mit rekombinanter DNA-Technologie hergestellt werden.
Beat Müller

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Antikörper erkennen fremde Eindringlinge (Bakterien und Viren) und kämpfen gegen sie in unserem Körper. Antikörper sind als Therapeutika in der Medizin und als Reagenzien in der biologischen und biomedizinischen Grundlagenforschung nicht mehr wegzudenken – Antikörper sind wichtige Werkzeuge in den Labors. Nun schreiben Andrew Bradbury von den Los Alamos National Labs, USA und Andreas Plückthun vom Biochemischen Institut der Universität Zürich jedoch, dass die Qualität der routinemässig verwendeten kommerziellen Antikörper für die Forschung unzulänglich ist: «Von 6000 getesteten kommerziellen Antikörpern erkennen nur 3000 überhaupt ihr Zielmolekül», so der Biochemiker der Universität Zürich. Mit über 100 Mitunterzeichnern erörtern sie die enormen Probleme, die sich «aus unreproduzierbaren Experimenten und Verschwendung von Zeit und Material» ergeben würden. Die Autoren berechneten, dass in den USA jedes Jahr 350 Mio US-Dollar für untaugliche Antikörper-Reagenzien ausgegeben werden, und sie vermuten ähnliche Zahlen in Europa. Sie sind überzeugt, dass mit rekombinanter DNA-Technologie hergestellte Antikörper sowie andere rekombinante Bindungsproteine die Lösung für dieses Problem wären.

Auch viele monoklonale Antikörper haben Defizite

Monoklonale Antikörper werden, meist nach Immunisierung einer Maus, durch eine Fusion von Antikörper-produzierenden B-Zellen mit Tumorzellen hergestellt. Dabei entstehen so genannte Hybridoma-Zellen, die monoklonale Antikörper produzieren. Durch die Erfindung dieser monoklonalen Antikörper-Technologie, dachten viele Forscher, sei das Problem mangelnder Spezifizität endlich gelöst. Doch weit gefehlt: Es zeigt sich, dass auch monoklonale Antikörper oft mehrere Antigene erkennen können, und dass viele Hybridomas doch mehr als einen Antikörper sekretieren und auch absterben können, womit ein Antikörper für immer verloren gehen kann. Unzureichende Charakterisierung und mangelnde Dokumentation durch die Hersteller als auch durch die Forschenden über ihre verwendeten Antikörper verschärfen die Situation – mit der Folge: Viele Antikörper erkennen ihr angebliches Zielmolekül gar nicht spezifisch, Experimente floppen oder sind nicht replizierbar.

DNA-Technologie kann Probleme lösen

Bradbury, Plückthun und Kollegen plädieren dafür, Antikörper mit rekombinanter DNA-Technologie herzustellen, also auf der Basis von künstlich zusammengesetzter DNA. Mit dem Vorteil: «Wenn man die DNA eines Antikörpers einmal kennt, kann er mit dieser Information jederzeit von jedermann wieder hergestellt werden», erläutert Andreas Plückthun, ein Pionier der rekombinanten Antikörper-Technologie. «Therapeutische Antikörper werden heutzutage bereits allesamt mit rekombinanter DNA-Technologie hergestellt, äusserst genau charakterisiert und sind demnach von sehr hoher Qualität.» Leider sei es aber diesen rekombinanten Technologien bisher nicht gelungen, den Reagenzienmarkt zu erobern, denn die Firmen mit dem entsprechenden Know-how hätten sich dem lukrativeren Markt mit Therapeutika zugewandt.

Forschung muss reproduzierbar sein

Was müsste geschehen? «Langfristig müssten die DNA-Sequenzen der in der Forschung verwendeten Reagenzien öffentlich zugänglich sein, und die Reagenzien sollten mit Methoden der rekombinanten DNA-Technologie hergestellt werden», erklärt Plückthun. Dadurch müssten zwar die Firmen, die jetzt klassische Reagenzien-Antikörper herstellen, ihre Geschäftsmodelle anpassen, aber die Reproduzierbarkeit der biologischen Forschung müsse einfach gewährleistet werden. «Es gibt zur rekombinanten DNA-Technologie keine wirkliche Alternative.» In einem ersten Schritt sei es daher wichtig, in die Forschung der effizienten Herstellung rekombinanter Antikörper-Reagenzien sowie ähnlicher rekombinanter Proteine zu investieren. Derzeit seien diese noch nicht billiger zu generieren als traditionelle monoklonale Antikörper, sie würden aber ein gewaltiges Potential durch neue Technologien und Automatisierung bergen, ist der Biochemiker der UZH überzeugt. «Vielleicht werden dann in zehn Jahren die Probleme aufgrund schlecht charakterisierter monoklonaler Antikörper der Vergangenheit angehören.»

Literatur:

A. Bradbury, A. Plückthun and 110 co-signatories. Standardize antibodies used in research, Nature, 4. Februar, 2014. http://nature.com/articles/doi:10.1038/518027a

Weiterführende Informationen

Kontakt

Prof. Andreas Plückthun Biochemisches Institut

Universität Zürich

Tel: +41 44 635 5571