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Es sind intensive Zeiten für Yasmine Inauen und ihr Team der Abteilung Internationale Beziehungen der Universität Zürich. Vor allem Afra Schacher, die für das Austauschprogramm Erasmus zuständig ist, hat alle Hände voll zu tun. Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative musste sie die Mobilität von Studierenden der Universität Zürich mit europäischen Partner-Universitäten sichern.
Die EU sistierte die Verhandlungen zum Programm Erasmus+ für die Periode 2014 bis 2020, nachdem der Bundesrat erklärt hatte, er könne die Personenfreizügigkeit mit Kroatien nicht unterzeichnen. Als Übergangslösung blieb nur die Aushandlung von bilateralen Verträgen mit allen Universitäten, mit denen die UZH Studierende auszutauschen wünscht.
Ende Juni ziehen die Verantwortlichen ein vorsichtig positives Fazit: «Wir konnten die Situation mit viel Aufwand und dank der Toleranz der Partneruniversitäten retten», sagt Yasmine Inauen. Afra Schacher hat bis Ende Juni 400 von insgesamt 451 Verträgen mit 190 europäischen Universitäten neu abgeschlossen. Die Vereinbarungen beruhen auf Gegenseitigkeit und regeln den Austausch von Studierenden zwischen den Partneruniversitäten.
Bei 34 Verträgen rechnet Schacher mit einer Verzögerung, das heisst mit Vereinbarungen, die erst für das nächstfolgende akademische Jahr 2015/2016 gültig sein werden. Nur bei siebzehn Verträgen lehnten die umworbenen Hochschulen das Angebot der UZH ab und setzten die Verhandlungen für 2014/2015 aus. Ein Grund ist der Mehraufwand, den diese bilateralen Verhandlungen bedeuten. Afra Schacher hofft, dass diese Universitäten nächstes Jahr wieder einsteigen.
Dank dem Verhandlungsmarathon, den das Team mit zusätzlichen Mitarbeitenden bewältigen musste, haben für die kommenden zwei Semester über 300 Studierende der UZH ihren Platz an einer europäischen Universität gefunden. «Wir stellen keinen Einbruch fest, es sind gleich viele Teilnehmende wie im Vorjahr», freut sich Yasmine Inauen.
In der überwiegenden Mehrheit der Fälle besuchen die Studierenden ihre Wunschdestination, nur 18 Studierende mussten sich mit einer Umplatzierung zufrieden geben, in sieben Fällen liegt erst eine mündliche Zusage vor. Besonders gerne gehen die Studierenden an deutsche, spanische oder skandinavische Universitäten.
Entscheidend für die positive Bilanz war die rasche und unbürokratische Zusicherung von Mobilitäts-Stipendien nach der Abstimmung durch UZH-Rektor Michael Hengartner. Denn es dauerte gut zwei Monate, bis der Bund eine Übergangsfinanzierung für das sistierte Erasmus+-Programm bereitstellen konnte. In der Zwischenzeit liefen die Verhandlungen auf Hochtouren und die Partneruniversitäten wollten Gewissheit in Sachen Finanzen.
«Die finanzielle Zusicherung der UZH war sehr wichtig für die Aushandlung der bilateralen Verträge», sagt Afra Schacher. Unterdessen hat der Bund für alle Schweizer Universitäten 22.7 Millionen Franken zugesagt und zahlt den Schweizer Studierenden 300 Franken pro Monat an ihre Kosten im Ausland. Auf der Gegenseite erhalten die europäischen Studierenden je nach Herkunftsland 360 oder 420 Franken pro Monat.
Nach der Sistierung des Studenten-Austauschprogramms haben sich die Schreckensszenarien zum Glück nicht bewahrheitet. Rosig sind die Aussichten aber trotzdem nicht. Denn manche der neuen Verträge laufen nur ein Jahr und müssen erneut ausgehandelt werden. «Wir sind bereits wieder am Verhandeln», sagt Afra Schacher. «Das verlangt viel Toleranz und Entgegenkommen auf beiden Seiten.»
Längerfristig besteht die Gefahr, dass weitere Universitäten auf Abkommen mit der UZH verzichten, wenn der vertragslose Zustand mit der EU andauert. Aufgrund dieser Unsicherheiten beschreibt Yasmine Inauen die Situation mit einem lachendem und einem weinenden Auge: Zwar konnte ein Desaster vorerst abgewendet werden. Doch die erneute Assoziierung an das Mobilitätsprogramm Erasmus+ wäre dringend nötig. Wie lange es geht, bis diese Verträge unterschrieben sind, darüber wagt zurzeit niemand eine Prognose.