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Poster-Ausstellung zur Medizingeschichte

Napoleon und die Kleiderlaus

Wurde Napoleons Feldzug in Russland von der Kleiderlaus gestoppt? Und wie ging Deutschland während des Zweiten Weltkrieges mit Tuberkulosekranken um? Eine Poster-Ausstellung über diese und weitere medizingeschichtliche Themen ist bis 23. Dezember am Irchel-Campus der UZH zu sehen.
Adrian Ritter

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Die rund zwanzig Poster, die in der temporären Ausstellung zur Medizingeschichte an der Universität Zürich Irchel zu sehen sind, decken ein breites thematisches Spektrum ab. Man erfährt etwa, wie sich zahnärztliche Instrumente seit dem 16. Jahrhundert veränderten oder wie Zwillingsschwangerschaften um 1900 diagnostiziert wurden. Leichtverständlich und bebildert geben sie Einblick in ausgewählte Aspekte von Gesundheit und Krankheit im Laufe der Zeit.

«Napoleons Rückzug aus Moskau», Gemälde von Adolf Northern (1828-1876).

Medizinstudent Patrik Bächli zum Beispiel zeigt auf, dass die verbreitete Ansicht, Napoleons Armee sei an der Kleiderlaus zugrunde gegangen, nicht zutrifft. Zwar konnte das von der Kleiderlaus übertragene Fleckfieber bei einigen Soldaten paläopathologisch nachgewiesen werden, seine Rolle als Todbringer bei Napoleons Soldaten sei jedoch überbewertet, ist Bächli überzeugt. Auch Hunger, Kälte und weitere Krankheiten rafften die «Grande Armée» auf ihrem Rückzug aus Russland dahin.

Tod durch Vernachlässigung

Als bestes Plakat in der Ausstellung wurde jenes von Christoph Fässler ausgezeichnet. Es wirft ein Licht auf die gnadenlose Stigmatisierung von Tuberkulosekranken in Deutschland vor und während des Zweiten Weltkrieges. Die Betroffenen wurden auch als Geisteskranke betrachtet: «Tod durch Vernachlässigung war das Mittel der Wahl», schreibt Fässler über die Zeit am Ende des Zweiten Weltkrieges, als die Kurorte zu Lazaretten für die Kriegsopfer umfunktioniert wurden: «Die Tuberkulosekranken wurden in kleinere Pflegeanstalten abgeschoben, wo sie möglichst rasch und kostengünstig sterben sollten.»

Feierabend-Image loswerden

«Es geht der heutigen Medizingeschichte nicht um Heldenverehrung oder darum, eine lineare Fortschrittsgeschichte der Medizin nachzuzeichnen», sagt Eberhard Wolff, Privatdozent am Medizinhistorischen Institut und Museum der Universität Zürich. Ziel sei es vielmehr, die Medizin anhand historischer Beispiele in ihrer Komplexität zu erkennen und die aktuelle Medizin darin zu reflektieren. Wolff bietet den Kurs Medizingeschichte als Wahlfach für Medizin- und Zahnmedizinstudierende gemeinsam mit Iris Ritzmann und Michael Geiges vom Medizinhistorischen Institut an. Die Posterausstellung, so Wolff, solle dazu beitragen, Medizingeschichte als spannendes Fach mit eigener akademischer Methode darzustellen und von seinem «Feierabend-Historiker-Image zu befreien».

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