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 Menschenrechte

Öffentlichkeit für Opfer von Krieg und Folter

«Mit der schwierigen Erinnerung in der sicheren Fremde» heisst eine Ausstellung mit Porträts von Folter- und Kriegsopfern in der Schweiz, an der das Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer des Universitätsspitals Zürich mitgearbeitet hat. Am 2. Dezember ist die Vernissage in der Galerie des Kornhausforums in Bern.
Brigitte Blöchlinger

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Fotografie aus der Ausstellung «Mit der schwierigen Erinnerung in der sicheren Fremde» im Kornhausforum in Bern.

In der Schweiz leben schätzungsweise Zehntausende von Migrantinnen und Migranten, die in ihrem Ursprungsland gefoltert oder vom Krieg traumatisiert wurden. Meist kommen sie als Asylsuchende ins Land. In den ersten Jahren sind sie dreifach belastet: durch den ungewissen Ausgang des Asylverfahrens, durch die vielfältigen sozialen Probleme, die jede Migration mit sich bringt, und zusätzlich noch durch die physischen und psychischen Folgen der Traumata, die sie im Krieg oder durch Folter erlitten haben. 16 dieser Menschen porträtiert die Ausstellung «Mit der schwierigen Erinnerung in der sicheren Fremde» in Wort und Bild.

Oft langer Weg bis zu adäquater Behandlung

«Viele Opfer von Krieg und Folter glauben in den ersten Jahren hier, ihre Symptome würden von alleine verschwinden», erzählt der Psychiater Thomas Maier, der das Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer (afk) in Zürich leitet, wo die Betroffenen, die in der Region leben, behandelt werden. Merken sie mit der Zeit, dass es ihnen nicht besser geht, suchen sie meist zunächst ihren Hausarzt auf. Am häufigsten leiden sie unter chronischen Schmerzen, Depressionen und einer posttraumatische Belastungsstörung, ist die Erfahrung des afk-Leiters.

Erkennt der Hausarzt die tieferen Ursachen der geschilderten Symptome nicht, folgen oft oberflächliche Behandlungen, die die Situation nicht grundlegend verbessern. Erschwerend kommt hinzu, dass die Erkrankten häufig kaum Deutsch sprechen. So dauert es nicht selten zehn, fünfzehn Jahre, bis schwer traumatisierte Migrantinnen und Migranten in einem der Ambulatorien für Folter- und Kriegsopfer in Bern oder Zürich landen, wo sie adäquat behandelt werden. Meist besteht eine erfolgreiche Behandlung aus einer Kombination von Psychotherapie, Medikamenten, Körpertherapie und Sozialarbeit, damit die vielfältigen Belastungen der Betroffenen reduziert werden können.

Damit die Verständigung funktioniert, setzt das afk Dolmetscher ein – einer der grossen Knackpunkte in der Finanzierung der Therapie. Denn sowohl die Krankenkassen als auch die Gesundheitspolitik sind der Ansicht, Dolmetscher zu bezahlen sei nicht ihre Aufgabe. Das afk in Zürich hat das Dilemma so gelöst, dass es die Dolmetscherrechnungen selbst bezahlt, was zu einem Defizit führt, das verschiedene Sponsoren, u.a. das Schweizerische Rote Kreuz, ausgleichen.

Die wirklichen Probleme bekannt machen

«Wir sind sehr daran interessiert, dass die Probleme von Folter- und Kriegsopfern in der Öffentlichkeit dargestellt werden», erklärt Thomas Maier vom Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer am Universitätsspital in Zürich sein Mitwirken an der Ausstellung. Denn noch immer gebe es in der Schweiz Gruppierungen, die die Traumatisierten als Simulanten und Scheinasylanten bezeichneten. Andere würden das Problem ignorieren. «Für uns ist die Behandlung dieser Menschen aber kein politisches Statement, sondern eine medizinische Notwendigkeit», erklärt Maier.

Ziel der Behandlung ist es, die Symptome auf ein Mass zu reduzieren, das es den Betroffenen erlaubt, in ihrem Umfeld ein «normales» Leben zu führen. «Die meisten unserer Patienten profitieren längerfristig deutlich von der Therapie», bilanziert Maier, «nur ungefähr ein Drittel bleibt dauerhaft eingeschränkt und ist nicht arbeitsfähig.»

Recht auf Schutz vor Verfolgung und Krieg

In der Ausstellung «Mit der schwierigen Erinnerung in der sicheren Fremde» treten 16 Kriegs- und Folteropfer in der Schweiz an die Öffentlichkeit. Zusammen mit den sie unterstützenden Organisationen erinnern sie daran, dass jeder Mensch das Recht hat, Schutz vor Verfolgung und Krieg zu erhalten. Dieses Grundrecht wird in der öffentlichen Diskussion über die Eindämmung unerwünschter Migration immer wieder vergessen, schreiben die Ausstellungsmacher.

Die Ausstellung möchte diesem Versäumnis entgegenwirken und versteht sich als Beitrag zur Sensibilisierung für die Aufnahme von Kriegs- und Folteropfern.

Die Porträtierten stammen aus zehn verschiedenen Ländern. Es sind alles Klientinnen und Klienten der Ambulatorien für Folter- und Kriegsopfer in Bern und Zürich; die Ausstellungsautorin Martina Kamm und der Fotograf Meinrad Schade haben sie über einen längeren Zeitraum hinweg begleitet. Die Kriegs- und Folteropfer unterlaufen mit ihren eindrücklichen Zeugnissen die verbreitete Vorstellung vom Missbrauch des Asylrechts.

 

 

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