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Sie sei davon überzeugt, dass die Zürcher Mittelschulen gut unterwegs seien, sagte Regine Aeppli auf der Medienkonferenz zum Jubiläum der Zürcher Mittelschulen. «Gerade in jüngster Zeit haben sich die Zürcher Mittelschulen einen Namen geschaffen als innovative Bildungseinrichtungen, die auf der Höhe der Zeit sind.»
Auch UZH-Professor Jürgen Oelkers stellt den Zürcher Mittelschulen ein gutes Zeugnis aus. «Von heute aus gesehen, ist das Gymnasium eine erfolgreiche Schulform», meint er.
Oelkers muss es wissen, hat er doch 2008 eine Expertise zu den Mittelschulen vorgelegt. Fazit: Damit die Maturandinnen und Maturanden besser vom schulischen Alltag auf den Universitätsbetrieb umstellen können, müssen sie fähig sein, selbstständig zu arbeiten. «Die Matura-Arbeit ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung», erklärt Oelkers.
Aufgrund seiner wissenschaftlichen Vorlage hat der Regierungsrat Mitte August das Bildungsprojekt «Selbst organisiertes Lernen» bewilligt. In Zukunft sollen vermehrt die überfachlichen Kompetenzen gefördert werden, die Schülerinnen und Schüler in der Lage versetzen, sich Wissen selbstständig anzueignen, eine Kultur des Fragens zu entwickeln und Hilfe zu holen, wenn nötig.
«In allen Forschungsbereichen an den Hochschulen ist Selbstständigkeit gefragt. Bis jetzt bereiten die Gymnasien die Schülerinnen und Schüler noch zu wenig darauf vor», stellt Oelkers fest. Das Problem sei jedoch erkannt. Angst, dass die Jugendlichen überfordert würden, hat er nicht. «17-jährige können das.»
Von einer frühen Spezialisierung der Schülerinnen und Schüler auf bestimmte Fachrichtungen und Fächer hält Oelkers jedoch nicht viel. Schweizer Gymnasien hätten sich im Unterschied zu Deutschland und Österreich nie von dem strengen Bildungskanon – bestehend aus sieben verbindlichen Fächern – verabschiedet. «Mathematik abwählen zugunsten von Sozialkunde, ist kein kluger Schritt», meint Oelkers. Eine zu frühe Spezialisierung stehe im Widerspruch zur Allgemeinen Hochschulreife. Die solle nämlich auch weiterhin zum Studium aller Fächer berechtigen und befähigen, daran müsse und wolle der Kanton Zürich festhalten. «Wenn man in der Breite Qualität haben will, muss man die Schüler durch einen bestimmten Kanon schicken», so Oelkers.
Wissen jedoch die Hochschulanwärter überhaupt, was sie an der Universität erwartet? Und könnten gezielte Auswahlverfahren an den Universitäten die kostenintensive Ausfall- und Umsteigerquote verringern?
Für Oelkers ist die Aussteigerquote kein wirklich dramatisches Zeichen, schliesslich seien die jungen Menschen für die Gesellschaft ja nicht verloren, sondern hätten sich lediglich für einen anderen Weg entschieden: Einige für die Selbstständigkeit, andere für Fachhochschulen oder weitere Ausbildungsgänge.
Die Universitäten wollen Gymnasiastinnen und Gymnasiasten frühzeitig über das Studium informieren. Hochschulen und Gymnasien spannen deshalb immer mehr zusammen: Sie organisieren Schnuppertage und Entscheidungs-Workshops für das richtige Fach, an Studieninformationstagen stellen sich die Fachbereiche vor, an sogenannten Girls‘ Days werden Schülerinnen eingeladen, die naturwissenschaftlichen Studienmöglichkeiten kennenzulernen.
Umgekehrt gehen auch Dozierende in die Schulen. Wie jüngst an den Projekttagen der Kantonsschule Rämibühl: Auf Initiative der E-Learning-Stellen der UZH erklärten Dozierende in Workshops Gymi-Schülern ihre wissenschaftliche Arbeit.
Dass lediglich zwanzig Prozent der Schülerinnen und Schüler in der Schweiz die allgemeine Hochschulreife erlangen, wird von der «Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung» (OECD) immer wieder bemängelt.
In Deutschland schliessen etwa ein Drittel aller Schüler mit dem Abitur ab. «Davon sagen dreissig Prozent, sie hätten besser einen praktischen Beruf gelernt», konstatiert Oelkers und kritisiert, dass die OECD bei ihrer Bewertung das ausgesprochen gute Schweizer Berufsbildungssystem nicht angemessen berücksichtigt.
Für nicht wenige Schüler sei es nämlich attraktiver, bei passender Lehrstelle die Berufsmaturitätsschule dem Gymnasium vorzuziehen, weil sie dann schon drei Jahre nach der Maturität einen Hochschulabschluss besitzen und dank ihrer Berufserfahrung rasch gutbezahlte Stellen finden. «Ich kenne kein Land ausser der Schweiz, das schon in der Schule so viel Wert auf die Vorbereitung zur Berufslehre legt. Das ist in Tübingen und Hamburg völlig anders.» stellt Oelkers fest.