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Metall-Homöostase in der Zelle

Von der Biochemie der Alzheimer-Krankheit zu neuen Therapien

Gabriele Meloni, Postdoktorand am Institut für Biochemie, untersucht ein Protein, welches für die Metall-Homöostase unserer Zellen mitverantwortlich ist. Damit schützt es uns auch vor dem raschen Fortschreiten der Alzheimer-Krankheit. Welche Strukturen dafür nötig sind und bei welchen anderen Krankheiten dieses Protein auch noch eine Rolle spielt, möchte er dank der Unterstützung des Forschungskredites untersuchen.
Petra Bättig

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Gabriele Meloni hat soeben seine Dissertation am Institut für Biochemie der Universität Zürich abgeschlossen.

«Allein in den USA erkrankt alle 72 Sekunden jemand an Alzheimer», begründet Gabriele Meloni seine Motivation für die Forschung an neurodegenerativen Krankheiten. Schätzungsweise 40 Prozent der über 85-Jährigen leiden an Alzheimer, und weil die Menschen in der westlichen Welt immer älter werden, nimmt auch die Häufigkeit dieser Krankheit zu. Eine Diagnose ist erst bei deutlichen Symptomen wie Vergesslichkeit oder Desorientierung möglich. Folglich kann erst dann eingegriffen werden, wenn im Gehirn bereits grosse Schäden entstanden sind. Dies ist mit ein Grund, weshalb die Behandlung der Krankheit noch wenig erfolgreich ist. Auch was die Krankheit auslöst, ist heute nicht genau bekannt, nur, dass es eine gewisse genetische Komponente gibt, weiss man.

Plaques, Kupfer und Zink

Klar ist, dass es wegen einer strukturellen Veränderung eines Zellwandproteins, des Amyloid-ß-Peptids, zu dessen Aggregation ausserhalb der Zelle kommt. Diese Aggregate, so genannte «Plaques», können im Gehirn von Alzheimer-Patienten nachgewiesen werden und enthalten grössere Mengen an Kupfer- und Zink-Ionen. Für die Degeneration der Nervenzellen sind wahrscheinlich bereits die Vorstufen der Plaques, eine noch lösliche Form der Amyloid-ß-Aggregate, verantwortlich. Denn diese lösliche Form weist eine wesentlich grössere Toxizität als die Plaques selbst auf.

Eine wichtige Rolle bei der Ausbildung von Amyloid-ß-Aggregaten spielt eine gestörtes Gleichgewicht von Kupfer- und Zink-Ionen im Gehirn. So führt die vermehrte Bindung von zweiwertigen-Kupferionen an das Amyloid-ß-Peptid zur strukturellen Veränderung und anschliessend zu dessen Aggregation. Zudem führt die Bindung der Kupfer-Ionen gleichzeitig zu einer erhöhten Produktion von reaktiven Sauerstoff-Verbindungen. Diese sind giftig für die Zellen und führen zu Schäden an Lipiden, Proteinen und DNA. Wird dagegen Zink anstelle von Kupfer gebunden, entstehen keine reaktiven Sauerstoff-Verbindungen, und die Zellschäden bleiben aus.

Die Rolle von Metallothionein-3

Mitverantwortlich für die Homöostase von Zink- und Kupfer-Ionen in der Zelle ist ein kleines Metalloprotein, das Metallothionein-3. Es ist das Hauptstudienobjekt von Gabriele Meloni und seinen Kollegen in der Arbeitsgruppe von Prof. Milan Vasak. Dieses normalerweise häufig vorkommende, zinkreiche Protein fehlt bei Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen. Gabriele Meloni konnte zeigen, dass Metallothionein-3 zweiwertige Kupfer-Ionen aus löslichen und unlöslichen Amyloid-ß-Aggregaten entfernen kann. Dabei werden die Kupfer-Ionen fest in der Proteinstruktur gebunden und gleichzeitig Zink-Ionen freigesetzt. Dies führt zur Bildung von zinkhaltigen Amyloid-ß-Aggregaten, wodurch die Produktion von reaktiven Sauerstoff-Verbindungen verhindert wird. In Zellkulturstudien konnte diese Schutzfunktion von Metallothionein-3 untermauert werden.

«Das Protein ist aber auch rein biochemisch interessant», meint Gabriele Meloni. So werden mehrere Kupfer-Ionen im Protein an Schwefel-Atome gebunden. Ein solches Konstrukt sei laut Lehrbuch eigentlich gar nicht stabil. Da dies äusserst «eigenartig» für ein Protein sei, möchte er nun die genaue Struktur ermitteln. Dazu verwendet er verschiedene Methoden der Proteinanalytik, wie Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) oder Lumineszenzspektroskopie. Die daraus gewonnenen Daten lassen Rückschlüsse auf die Proteinstruktur und die Bindungsinteraktionen der Kupfer-Ionen zu.

Auch bei Prionen-Krankheiten

Ein richtiges «hot topic» ist seine Arbeit, seit ein gleichartiger Krankheitsverlauf auch bei Prionen-Krankheiten gefunden wurde. Auch hier sind ein gestörter Metall-Haushalt, eine veränderte Struktur der Prion-Proteine, die Produktion von reaktiven Sauerstoff-Verbindungen und das Fehlen von Metallothionein-3 Teil der Krankheitsentstehung. Analog zur Alzheimer-Krankheit tragen Prion-Proteine, welche zweiwertige Kupfer-Ionen binden, zur vermehrten Produktion von reaktiven Sauerstoff-Verbindungen bei. Gleichzeitig werden kupferhaltige Prionen eher ihre Struktur ändern und Aggregate bilden.

Proben mit Amyloid-ß-Peptid werden von Gabriele Meloni für die spektroskopischen Messungen vorbereitet.

Da die Schlüsselrolle der Kupfer- und Zink-Ionen bei der Alzheimer-Krankheit wie auch bei den Prionen-Krankheiten gezeigt werden konnte, möchte Gabriele Meloni untersuchen, ob das Metallthionein-3, bei Prionen-Krankheiten auch eine ähnliche Schutzfunktion wie bei Alzheimer ausüben kann. Dazu möchte er feststellen, ob Metallothionein-3 zweiwertige Kupfer-Ionen aus den Prionen entfernen kann und so deren Aggregation verhindert wird. Ob dabei auch die Produktion von reaktiven Sauerstoff-Verbindungen abnimmt und damit Zellschäden verhindert werden können, ist eine weitere offene Frage seiner Versuche.

Neue Erkenntnisse führen zu neuen Therapieansätzen

Natürlich sind nicht nur neue Erkenntnisse das Ziel dieser Arbeit. Gabriele Meloni möchte damit zur Entwicklung neuer Medikamente beitragen. «Es gibt heute nur fünf Medikamente gegen Alzheimer, alle mit einem ähnlichen Ansatz und keines davon wirkt wirklich gut», erklärt er. Zwar hat man jetzt, wo klar ist, dass eine gestörte Metall-Homöostase zugrunde liegt, auch begonnen Medikamente, welche Kupfer-Ionen binden, zu testen. Einige Präparate werden bereits in klinischen Studien untersucht. Doch alle diese Medikamente können nur die letzte Phase der Alzheimer-Krankheit etwas verzögern. «Wenn neue Medikamente nur schon die Lebensqualität der Patienten etwas verbessern könnten, wäre das ein sehr grosser Erfolg!»

Gabriele Meloni sieht aber auch klar die Grenzen seiner Forschung. «Was wir untersuchen, passiert sehr spät im Krankheitsverlauf und ist wahrscheinlich nur ein einzelner kleiner Schritt», relativiert Meloni die Bedeutung seiner Arbeit. Für ihn ist aber auch dieser kleine Schritt Motivation genug.

 

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