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Der Wahlkampf beginnt

Derzeit sind wieder Wahlen in den Studierendenrat. Die Studierenden sind noch bis zum 16. November aufgerufen, zu bestimmen, wer ihre Anliegen vertreten soll. 
Roger Nickl

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Breitbeinig, mit hochgeschlagenen Jeans und Springerstiefeln setzt sich der junge Mann auf dem Plakat in Pose. Leichtfüssig und in aufgeräumter Cüplilaune eine junge Dame auf einem anderen. «Soll er dich in der Ethikkommission vertreten?», ist darüber in dicken Lettern zu lesen. Oder: «Soll sie dich in der Gleichstellungskommission vertreten?»

Mit einer Plakatkampagne, die provozieren will, versucht der Studierendenrat (StuRa) in diesem Herbst neue Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahlen zu gewinnen, die zwischen dem 5. und 16. November stattfinden. Seit einigen Jahren leidet das Studierendenparlament der Universität Zürich unter virulenten Nachwuchssorgen.

Auf Stimmenfang

«Das eigentliche Problem ist die Kosten-Nutzen-Frage», analysiert der aktuelle StuRa-Präsident Stefan Fischer die Situation. «Selbst unter den Studierenden dominiert heute das ökonomische Denken. Sie fragen sich, wo sie für ihre investierte Zeit am meisten zurückbekommen.» Zugunsten der Studierendenpolitik fällt dieses Kalkül eher selten aus. Zumal die freie Zeit seit der Bologna-Reform für die Studierenden eher knapper geworden ist.

Das Studierendenparlament der Universität Zürich besteht aus siebzig Mitgliedern, die proportional zu den Studierendenzahlen aus den sieben Fakultäten stammen. Aktuell setzt sich der StuRa aus zwölf Fraktionen zusammen. Zum einen sind dies Fachvereine – etwa Jus, Medizin oder Theologie –, zum anderen politische Gruppierungen wie «kritische Politik unizh» (kriPo) oder die Jungfreisinnigen (jf@uniETH). «Der Mix zwischen politischen Parteien und den Fachvereinen, die sich als Interessenvertretung einzelner Disziplinen verstehen, machen die Diskussion zuweilen etwas schwierig, weil die Fachvereine zu bestimmten Themen keine Position beziehen», sagt Stefan Fischer.

Fast die Hälfte aller Sitze (33) haben momentan Vertreterinnen und Vertreter von «kriPo» und «skalp» inne – das Kürzel steht für studentisch, konstruktiv, aktiv, links, pragmatisch. Die beiden Gruppierungen sind 2005 aus dem Verband der Studierenden (VSU) hervorgegangen. Nachdem der linke VSU vor allem in den 80er- und 90er-Jahren in der Studierendenpolitik den Ton angegeben hatte, kämpfte der Verband bis zum Aus im Sommer 2005 mit einem laufenden Mitgliederschwund. «Das Ende des VSU hat die Diskussion belebt», sagt Stefan Fischer, «das Bewusstsein, dass man aktiv Wahlkampf betreiben muss, ist gestiegen.»

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Vom Vegi-Menu bis zur Ombudsstelle

Die StuRa-Mitglieder debattieren zum einen an jährlich sechs Ratssitzungen, zum anderen entsendet der StuRa als offizielle Vertretung der Studierenden Repräsentantinnen und Repräsentanten etwa in die Erweiterte Universitätsleitung (EUL) oder in den Universitätsrat. Und er besetzt Posten in unzähligen Kommissionen. «Gerade in Gremien wie der EUL ist der Einfluss der Studierenden relativ gering», erklärt Stefan Fischer, «wir sind dort eine kleine Minderheit, entsprechend hat unsere Stimme wenig Gewicht.» Dennoch habe es eine starke symbolische Wirkung, wenn der StuRa zu einem Geschäft nein sage.

Ein konkretes Beispiel dafür ist der von der Privatwirtschaft gesponserte «Award for Best Teaching». «Da war zuerst eine kleine Jury geplant, zu der auch eine Alibi-Studierenden-Vertretung hätte gehören sollen», erzählt Stefan Fischer. «Wir haben schlussendlich durchsetzen können, dass die Studierenden im Gremium eine Mehrheit stellen.»

Wesentlich einfluss- und erfolgreicher, von der inneruniversitären Öffentlichkeit aber oft unbemerkt, ist die Arbeit der Studierenden in den Kommissionen, wo kleine, aber durchaus wegweisende Entscheide gefällt werden. «Dass es in der Mensa etwa ein Vegi-Menü gibt, ist das Resultat der Arbeit des StuRa», gibt Ulla Blume zu bedenken, die das Parlament zwischen 2003 und 2005 präsidierte.

Auch wurden auf Initiative der Studierenden an den Fakultäten in letzter Zeit Ombudsstellen für die Lehrqualität eingerichtet, die Kritik bezüglich Form und Inhalt von Lehrveranstaltungen entgegennehmen. Grössere Erfolge hat die Studierendenpolitik in den 80er- und 90er- Jahren feiern können. So wurde etwa 1991 eine Einzelinitiative der Studentin und VSU-Aktivistin Martina Steinhauser, die mehr Mitsprache bei Berufungen forderte, letztlich vom Stimmvolk gutgeheissen. Seither sind die Studierenden auch in den Berufungskommissionen der Universität vertreten.

Geringes Gewicht

Dass der StuRa an der Universität Zürich dennoch relativ wenig Einfluss – und, vielleicht damit verbunden, für die Studierenden wenig Anziehungskraft – hat, hängt auch mit seinem in der Schweiz einzigartigen Status zusammen. An den Universitäten Basel oder Bern etwa werden die Studierendenparlamente von einer öffentlich-rechtlich verfassten Studierendenschaft getragen, der die Mehrheit der immatrikulierten Studierenden angehört.

In Zürich wurde diese verfasste Studierendenschaft 1977 aus politischen Gründen per Regierungsratsentscheid abgeschafft. «Seither ist das Studierendenparlament wie ein Kantonsrat ohne Kanton», sagt Ulla Blume.

Gute Rezepte gefragt

Entsprechend kämpfen die Studierendenvertreterinnen und -vertreter in den Universitätsgremien immer wieder mit Legitimationsproblemen. Dies zumal die Beteiligung an den StuRa-Wahlen schon fast traditionellerweise unter der Zehn-Prozent-Marke liegt. Die Wiedereinführung einer verfassten Studierendenschaft gehört – neben Bologna – denn auch zu den vordringlichen Themen, die der StuRa, laut Stefan Fischer, in nächster Zeit bearbeiten wird. Damit will sich das Parlament wieder mehr Gewicht geben. Mit den erhobenen Mitgliederbeiträgen wäre es zudem möglich, studierendenpolitische Themen und Erfolge besser zu kommunizieren als bis anhin. Vielleicht könnte die Studierendenpolitik damit auch wieder mehr an Attraktivität gewinnen.

 

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