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Schutz vor sexueller Belästigung

Seit Mai dieses Jahres hat die Universität ein Reglement zum Schutz vor sexueller Belästigung. An einem Symposium wurden am Donnerstag das Verfahren und die mit der Umsetzung betrauten Personen vorgestellt.
Theo von Däniken

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Rektor Hans Weder lobte die «brilliante Arbeit» am Reglement.

Kein Schnellschuss sei das neue Reglement zum Schutz vor sexueller Belästigung an der Universität Zürich, sondern ein mit Bedacht und Sorgfalt ausgearbeitetes Dokument, sagte Rektor Hans Weder am Donnerstag in seiner Einführung zum Symposium. Er bedankte sich bei den «Müttern und Vätern» des neuen Regelwerkes für ihre «brilliante Arbeit», insbesondere bei der Präsidentin der Gleichstellungskommission, Prof. Brigitte Woggon, der UniFrauenstelle, dem Rechtsdienst und ausdrücklich bei der Rechtsprofessorin Brigitte Tag, die bei der Erarbeitung des Reglements federführend war.

Verantwortungsbewusste Unternehmenskultur

Brigitte Tag ist auch als «untersuchende Person» mit konkreten Verfahren betraut und konnte am Symposium aus erster Hand über Sinn und Zweck sowie über die Umsetzung des Reglements berichten. Tag sieht das Reglement als wichtigen Bestandteil einer verantwortungsbewussten und offenen Unternehmenskultur. «Sexuelle Belästigung kann in jedem Unternehmen und in jeder Verwaltung vorkommen», sagte Tag. Die klare Regelung, wie damit umgegangen werde, sei Teil einer transparenten Kultur der Chancengleichheit. Gegenseitige Achtung und Respekt, Gerechtigkeit und offene, ehrliche Konfliktbewältigung bildeten deshalb die ethische Grundlage des Reglements.

Strafrecht allein reicht nicht

Zwar würden sexuelle Übergriffe auch durch das Strafrecht sanktioniert. Dieses könne jedoch das interne Reglement nicht ersetzten, betonte Tag. Das Strafrecht sei lückenhaft und sanktioniere nur schwerwiegende Übergriffe. Das Reglement der Universität setze aber unter der Schwelle des Strafrechts an und umfasse nicht nur sexuelle Belästigung im eigentlichen Sinne, wie direkte Aufforderung zu sexuellen Handlungen, anzügliche Gesten oder sexuell aufdringliches Verhalten. Auch sexistisches Verhalten werde nicht toleriert, also beispielsweise auf Männer oder Frauen bezogene herabsetzende Bemerkungen ohne direkten sexuellen Bezug.

Trotz Strafrecht ist ein eigenes Reglement der Universität notwendig, denn es setzt bereits viel früher an, wie Brigitte Tag erläuterte.

Ziel sei, die Würde und die persönliche Integrität aller Angehörigen der Universität zu schützen. Zugleich stärke das Reglement die Vertrauenskultur am Arbeitsplatz und sensibilisiere die Universitätsangehörigen für das Thema. «Information und Prävention sind ebenso wichtige Ziele des Reglements», betonte Tag. Die Einführung werde deshalb begleitet von Informationsmassnahmen, wie einem Merkblatt, Beiträgen in den Publikationen der Universität und nicht zuletzt dem heutigen Symposium.

Niederschwelliges Verfahren

Das Reglement sieht vor, dass Fälle von sexueller Belästigung intern abgeklärt und sanktioniert werden können, wie Tag erläuterte. Das Verfahren sei betont niederschwellig organisiert und auch auf Information und Beratung ausgelegt. Betroffene können sich an die von der Universitätsleitung eingesetzten Ansprechpersonen, Generalsekretär Kurt Reimann und die Leiterin der UniFrauenstelle – Gleichstellung für Frau und Mann (UFG), Elisabeth Maurer, wenden. Diese leiten den Fall nach summarischen Vorabklärungen und immer mit dem Einverständnis der oder des Betroffenen an Brigitte Tag als untersuchende Person weiter. Sie klärt in Zusammenarbeit mit dem Rechtsdienst den Sachverhalt und stellt der Universitätsleitung Antrag, ob und welche Massnahmen ergriffen werden sollen.

Sanktionsmöglichkeiten

Die möglichen Sanktionen sind durch das Personalrecht oder bei Studierenden durch die Disziplinarordnung vorgegebnen. Je nachdem, wie schwerwiegend das Vergehen ist, können sie von einem Verweis bis zur Entlassung oder Exmatrikulation reichen. Das interne Verfahren sei losgelöst von einem allfälligen strafrechtlichen Verfahren, betonte Tag: «Es ist den Betroffenen in jedem Fall unbenommen, auch strafrechtliche Schritte einzuleiten.»

Neue Rolle der Ansprechpersonen

Sie seien für die Unterstützung und Beratung der betroffenen Person da, erklärte Generalsekretär Kurt Reimann die Rolle der Ansprechpersonen. Sie selber können Betroffene direkt beraten oder ihnen Zugang zu weiteren Beratungsangeboten, auf Wunsch beispielsweise psychologische Beratung, vermitteln. Weiter informieren sie über den Ablauf des Abklärungsverfahrens und leiten den Sachverhalt an den Rechtsdienst oder an Prof. Tag weiter.

Generalsekretär Kurt Reimann erläuterte die Aufgaben der Vertrauenspersonen.

Mit der Einsetzung des Reglements am 1. Mai dieses Jahres habe sich die Tätigkeit der Ansprechpersonen grundlegend geändert, sagte Elisabeth Maurer. Sie wirkt als Leiterin der UFG bereits seit über zehn Jahren als Ansprechperson in Fällen von sexueller Belästigung. Im Gegensatz zu früher verfüge sie nun über mehr Handlungsmöglichkeiten. Insbesondere könne sie heute jemanden mit gutem Gewissen ermutigen, den Sachverhalt durch die untersuchende Person abklären zu lassen. «Denn ich weiss, dass eine interne Untersuchung sofort, umsichtig und kompetent an die Hand genommen wird.»

Ansprechpersonen sind Vertrauenspersonen

Die Ansprechpersonen seien Vertrauenspersonen. Sie müssen mit Menschen in schwierigen persönlichen Situationen umgehen und die richtigen Unterstützungsmassnahmen selber anbieten oder einleiten können. Deshalb seien genaue Kenntnisse über das Verfahren an der Universität und über weitergehende Beratungs- und Unterstützungsangebote unabdingbar. Die drei mit der Umsetzung betrauten Personen wurden kürzlich an einer Weiterbildung entsprechend geschult, wie Maurer weiter erklärte.

Mit dem Reglement habe sich einiges verändert, gab sich Maurer überzeugt. Die Personen, die Beratung suchten, seien oft sehr genau informiert, dass die Universität Zürich sexuelle Übergriffe nicht dulde. Zum Glück jedoch sei dieses Thema selten Gegenstand der Beratung.

«Mit dem Reglement hat sich einiges verändert», zeigte sich Elisabeth Maurer, Leiterin der UniFrauenstelle – Gleichstellung für Frau und Mann, überzeugt.

Psychische Belastungen

Aus Sicht der Psychologin und Psychotherapeutin beleuchtete Dr. Caroline Steinacher, welche Reaktionen eine sexuelle Belästigung – also eine Verletzung der Würde der Person auslösen kann. Der Bezug zum Arbeitsplatz mit seinen vielfältigen Abhängigkeitsphänomenen spiele eine besondere Rolle, so Steinacher. Aber auch das individuelle Schamgefühl, weil die Betroffenen oft versuchten, den Eingriff in die Intimsphäre aus Schamgefühl zu verschweigen. Zu psychischen Belastungen könnten aber auch falsche Beschuldigungen und Unterstellungen führen.

Stellvertreterinnen und Stellvertreter gewählt

Neben Tag, Reimann und Maurer bezeichnete die Universitätsleitung in ihrer Sitzung am Donnerstag morgen weitere Personen, die mit dem Vollzug des Reglements befasst sind, wie Reimann berichtete: Der Leiter des Rechtsdienstes, Sven Akeret, ist Stellvertreter von Prof. Tag als untersuchende Person, Rita Stöckli und Thomas Tschümperlin wurden als stellvertretende Ansprechpersonen gewählt. Die Studentin Gianna Fröhlicher ist Ansprechperson mit beratender Funktion für Studierende. Zudem sind im Rechtsdienst Liliane Gross und Wanda Nemec als spezialisierte Beraterinnen und Sachbearbeiterinnnen für die Verfahren im Zusammenhang mit dem Reglement zuständig.

Wichtige Zusatzaspekte

Im zweiten Teil des Symposiums berichtete Dr. Max Hauri, Vizepräsident des Bezirksgerichts Zürich, über den fürsorgerischen Freiheitsentzug im Kontext sexueller Belästigung. Dr. Eva Weishaupt, Leiterin der Kantonalen Opferhilfestelle Zürich, legte dar, welche Rechte einem Opfer zustehen, und wie sie im Opferhilfegesetzt geregelt sind. Beide Beiträge gaben Einblicke in Themenbereiche, die für viele erst auf den zweiten Blick mit dem Symposiumsthema verbunden waren, aber wichtige Zusatzaspekte zum Thema aufzeigten.