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Eine «Lehre» inmitten der Forschung

Die Universität Zürich bildet nicht nur Akademikerinnen und Akademiker aus, sondern auch rund 70 Lehrlinge. unipublic hat einige an ihrem Arbeitsplatz besucht und gefragt, was das Besondere ist an einer Lehre an der Universität.
Adrian Ritter

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Omid Fardin ist im zweiten Lehrjahr als Polymechaniker in der Werkstatt des Physik-Institutes der Universität Zürich: «Wenn ich die Experimente besuche, für die ich Bestandteile hergestellt habe, bin ich stolz, einen Beitrag geleistet zu haben.»

Nach drei Schnupperlehren war für Omid Fardin (17) der Fall klar. Er wollte seine Lehre als Polymechaniker in der Werkstatt des Physik-Institutes der Universität Zürich beginnen. «Mich faszinierte das Umfeld mit wissenschaftlichen Experimenten und die Nähe zur Physik, die mich schon immer interessiert hat.» Als Polymechaniker-Lehrling, unterdessen im zweiten Lehrjahr, stellt Omid Fardin unter anderem technische Teile her, die für wissenschaftliche Experimente gebraucht werden.

Von Fachleuten umgeben

Dass er seine Lehre an einer Hochschule absolviert, erweist sich immer wieder als Vorteil: «Ich darf Kurse für Studierende besuchen und wenn ich etwas Spezielles wissen muss, beispielsweise über Chemie, finde ich an der Universität garantiert die entsprechenden Fachleute.»

Fardin schätzt im Vergleich zu einer Lehrstelle in der Industrie, dass er nicht nur Auftragsarbeiten produziert, sondern auch an neuen Entwicklungen beteiligt ist. Der vergleichsweise kleine Lehrbetrieb mit geringer Arbeitsteilung bietet ihm eine breite Palette von Berufserfahrungen: «Wer hat in seiner Lehre als Polymechaniker schon mit Flüssigstickstoff zu tun?»

Fardin stellt in seiner Berufsschulklasse fest, dass Lehrlinge aus Hochschulen überdurchschnittlich oft die Berufsmatura machen wollen. Auch Omid besucht die «BMS» und kann sich vorstellen, später eine Fachhochschule zu absolvieren. Von den Akademikern an der Universität fühlt er sich gut akzeptiert. «Wenn ich die Experimente besuche, für die ich Bestandteile hergestellt habe, bin ich stolz, einen Beitrag geleistet zu haben. Das motiviert mich sehr.»

Profis im Wissen vermitteln

Schon seit 1962 hat die Werkstatt am Physik-Institut ständig zwei Lehrlinge, erzählt Lehrlingsbetreuer und Werkstattleiter Kurt Bösiger. Dass eine Universität Lehrstellen anbietet, findet er eine Selbstverständlichkeit: «Wir sind schliesslich Profis darin, Wissen weiterzugeben.» Wegen dem Lehrstellenmangel überlegte sich Bösiger vor einiger Zeit, eine dritte Lehrstelle anzubieten. Die Idee konnte allerdings nicht realisiert werden, weil er für die Betreuung von drei Lehrlingen zuwenig Zeit hätte.

Sherwin Marcelo (rechts) ist eine von derzeit 37 Lehrtöchtern für Dentalassistenz am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ZZMK) der Universität Zürich.

Assistentinnen im grossen Stil

Im grösseren Stil kann das Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ZZMK) mit Lehrstellen aufwarten. Mit zurzeit 37 Lehrtöchtern – ausschliesslich Frauen - ist das Zentrum der grösste Anbieter von Lehrstellen an der Universität Zürich. Angeboten wird die dreijährige Lehre zur Dentalassistentin.

Sherwin Marcelo (20) ist im letzten Lehrjahr. Sie ist begeistert von der Grösse des ZZMK, verglichen mit einer privaten Zahnarztpraxis: «Ich arbeite gerne in einem grossen Team. Allein die Abteilung, in der ich arbeite, hat fünf Lehrtöchter und sieben ausgelernte Dentalassistentinnen.» Die thematische Breite des ZZMK erlaubt es ihr zudem, die unterschiedlichsten Bereiche der Zahnmedizin kennen zu lernen. Dabei kann sie auch den Umgang mit neuesten Entwicklungen, wie Materialien zum Knochenaufbau oder für Implantate, aus erster Hand erlernen.

Bei der grossen Anzahl Lehrlinge liegt es auf der Hand, dass viele davon nach der Lehre eine Stelle ausserhalb des Zentrums suchen müssen. Gemäss Bruno Weder, Geschäftsführer des ZZMK, ergibt sich beim Stellenaustritt allerdings nicht selten ein «Tandem» mit einem ausgelernten Zahnarzt oder einer Zahnärztin. Wenn diese eine eigene Praxis eröffnen, nehmen sie gerne eine Assistentin mit, die sich in der gemeinsamen Zusammenarbeit bereits bewährt hat.

Bandbreite an Tieren und Krankheiten

Eher geringe Aussichten, nach der Lehre eine feste Anstellung zu erhalten, gibt es auch am Tierspital der Universität Zürich. «Dazu fehlen uns die Ressourcen und die Fluktuation bei den bestehenden Stellen ist gering», erklärt Lehrlingsbetreuerin Gaby Elsener. Das Interesse an den Lehrstellen für Tiermedizinische Praxisassistenz und Tierpflege ist trotzdem gross. Allein für drei Lehrstellen im Sommer 2007 haben sich nicht weniger als 210 Jugendliche beworben.

Tanja Storchenegger (20) ist im zweiten Lehrjahr zur Tiermedizinischen Praxisassistentin. In der dreijährigen Lehre lernt sie zuerst die Versorgung und Behandlung von Kleintieren kennen, später kommen Erfahrungen mit Zootieren und in der Grosstierklinik hinzu.

Auch Tanja Storchenegger hatte mehrere Schnupperlehren absolviert. Am Tierspital hat ihr die Bandbreite der behandelten Tierarten und Krankheitsbildern zugesagt. «Herzoperationen oder Computertomographie sind Erfahrungen, die ich in einer tierärztlichen Privatpraxis nicht miterleben könnte», erzählt Storchenegger. Auch Röntgen und Laboruntersuchungen können in einer Privatpraxis von den Lehrlingen nicht im selben Ausmass geübt werden.

Betreuung setzt Grenzen

Die beiden im Tierspital angebotenen Lehren existieren erst seit wenigen Jahren, das Berufsfeld ist noch im Umbruch, erklärt Lehrlingsbetreuerin Elsener. Die bisherigen Erfahrungen mit den Lehrlingen seien sehr gut, sie seien schon bald in der Praxis einsetzbar. Als billige Arbeitskräfte will sie sie jedoch nicht verstanden wissen, denn die Einarbeitung und Betreuung seien aufwändig.

Gerade eine Universität als staatlicher Betrieb sollte sich in der Lehrlingsausbildung speziell engagieren, ist Elsener überzeugt. Entsprechend hat man am Tierspital vor einigen Jahren aufgrund des Lehrstellenmangels auch die Anzahl der Lehrstellen von sechs auf zehn erhöht. «Mehr ist allerdings nicht möglich, sonst ist die Betreuung nicht mehr gewährleistet», so auch ihr Fazit.

Mehr als kopieren und Kaffee holen

Der Lehrstellenknappheit ist sich auch das Rektorat der Universität Zürich bewusst. Generalsekretär Kurt Reimann hat selber schon mehrere KV-Lehrlinge betreut: «Wir raten den Instituten, sich immer wieder die Frage zu stellen, ob irgendwo eine Lehrstelle geschaffen werden kann.» Klar sei, dass genügend und qualifizierte Arbeit vorhanden sein muss und Lehrlinge nicht nur zum Kopieren und Kaffee machen eingesetzt werden dürfen.

Potenzial für weitere Lehrstellen an der Universität Zürich sieht er allenfalls im Kaufmännischen Bereich. Diese Überlegung macht sich zur Zeit auch Bruno Weder vom ZZMK. Er will abklären, ob das Zentrum in Zukunft auch einen KV-Lehrling beschäftigen kann.