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«Sparen ist Kleinarbeit»

Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat Ende August den Massnahmenplan Haushaltsgleichgewicht MH 06 vorgestellt. Der Staatsbeitrag an die Universität wird dabei gegenüber der regulären Planung 2006–2009 um rund 90 Millionen Franken gekürzt. unipublic hat den Prorektor Planung, Professor Hans Caspar von der Crone, gefragt, wie sich die Kürzung auf die Universität auswirkt.
Interview: Theo von Däniken

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Im Massnahmenplan Haushaltsgleichgewicht MH 06 des Zürcher Regierungsrates sind für die nächsten vier Jahre gesamthaft 621 Millionen Franken Einsparungen vorgesehen. Davon gehen rund 90 Millionen zu Lasten des Ausbaus des Staatsbeitrages an die Universität. Spart der Kanton vor allem auf dem Buckel der Universität?

Hans Caspar von der Crone: Natürlich leisten wir in der Sparübung einen relativ grossen Beitrag. Wenn wir aber die Entwicklung von 2006 bis 2008 betrachten, dann steigt der Staatsbeitrag jährlich um zweieinhalb bis sechs Prozent an. Angesichts der Entwicklung der Staatsfinanzen wäre es nicht realistisch, die in MH 06 vorgesehenen Kürzungen als inakzeptabel zu bezeichnen.

Der haushälterische Umgang mit den Finanzen erlaubt der Universität, gezielt strategisch wichtige Projekte zu finanzieren.

Die Universität erhält vom Kanton trotz der Kürzungen mehr Geld. Der Anstieg fällt einfach geringer aus als geplant. Muss die Universität überhaupt sparen?

Wir wollen unsere Mittel in den kommenden Jahren gezielt für zwei Projekte von strategischer Bedeutung einsetzen: Erstens wollen wir im Rahmen der Studienreform Engpässe beheben und neue Lehrstühle finanzieren sowie Mittel für interaktives Lernen bereitstellen. Zweitens setzen wir mit den vor zwei Jahren geschaffenen universitären Forschungsschwerpunkten mehr eigene Mittel für die Forschungsförderung ein. Um diese beiden wichtigen Projekte umzusetzen, müssen wir übers Ganze gesehen haushälterischer mit den Finanzen umgehen.

An der Jahresmedienkonferenz im April haben Sie von 26 Millionen Franken Einsparungen pro Jahr gesprochen. Gilt dies immer noch?

Ein Vergleich ist schwierig, weil die Zahlen vom Frühjahr auf anderen Daten beruhen. Ausgehend von einer einigermassen vergleichbaren Basis müssen wir 2006 nun 21,4 Mio. statt 26 Mio. sparen. Dies bedeutet eine Reduktion um etwa vier Prozent. Im April gingen wir von einer Reduktion von rund sechs Prozent aus.

Wo soll konkret gespart werden, welche Massnahmen sind vorgesehen?

Wir wollen nicht einfach linear kürzen, sondern differenziert sparen. Dazu haben wir einige strategische Bereiche definiert, die wir so weit wie möglich von Kürzungen ausnehmen. Zum Beispiel steigt der ganze Studienreformblock mit Bologna und interaktivem Lernen auch nach den Einsparungen auf 16,4 Mio. Franken pro Jahr an. Die Mittel für die universitären Forschungsschwerpunkte werden bis 2009 kontinuierlich auf 20 Mio. Franken angehoben. Weiter wollen wir die im vergangenen Jahr geschaffenen Stellen finanzieren und einige interne Projekte wie das operative Controlling und Open Access umsetzen. Diese Bereiche haben wir von den Kürzungen weitgehend ausgenommen. Der einzusparende Betrag wurde dann auf die Fakultäten und die Zentralen Dienste (ZDU) verteilt, wobei Letztere etwas mehr einsparen müssen als die Fakultäten.

Einsparungen von drei bis vier Prozent sind möglich, ohne dass die Erfüllung der Aufgaben in Frage gestellt würde.

Wo wird konkret der Rotstift angesetzt?

Gespart werden muss in allen Bereichen der Universität. Sparen ist letzten Endes sehr viel Kleinarbeit. Sie müssen jede einzelne Budgetposition durchgehen und entscheiden, ob die Mittel haushälterischer eingesetzt werden können. Wenn Sie das konsequent tun, ist es möglich, drei bis vier Prozent einzusparen, ohne dass deswegen die Erfüllung der Aufgaben in Frage gestellt würde. Das ist allerdings aufwändig und mühsam, weil es oft genau der letzte finanzielle Freiraum ist, der dem Sparen zum Opfer fällt.

Wer muss diese Kleinarbeit machen? Liegt dies bei den Fakultäten?

Bei den Zentralen Diensten hat die Universitätsleitung die Einsparungen vorgegeben, weil wir mit dem guten Beispiel vorangehen wollten. Die Fakultäten haben ihre Sparkonzepte im Frühjahr gemacht.

In der Wirtschaft ist Sparen meist auch mit einem Stellenabbau verbunden. Wie sieht es diesbezüglich an der Universität aus? Müssen Mitarbeitende entlassen werden?

Die Situation an der Universität ist insofern speziell, als ein grosser Teil der Anstellungen, insbesondere im Mittelbau, befristet ist. Dadurch haben wir eine grosse Flexibilität. Hinzu kommt, dass es sich bei MH 06 um eine Reduktion des Ausbaus handelt, nicht um einen Abbau. Deshalb sollten sich Entlassungen weitgehend vermeiden lassen. Insgesamt ist der Saldo ausgeglichen, weil zwar einerseits Stellen reduziert, andererseits aber auch neue Stellen geschaffen werden. Im Vergleich zur Wirtschaft bewegen wir uns zudem in kleineren Dimensionen. Dort wurde in den vergangenen Jahren eher im Bereich von zehn Prozent pro Jahr gespart.

Der Staatsbeitrag ist ja nur eine Finanzierungsquelle. Unternimmt die Universität jetzt besondere Anstrengungen, um andere Finanzierungsmöglichkeiten zu erschliessen?

Kurzfristig werden wir den Ausfall nicht aus anderen Quellen kompensieren können. Bei der Akquisition von Drittmitteln haben wir in den letzten Jahren grosse Fortschritte gemacht, und wir können hier mittelfristig noch ausbauen. Langfristig wird das Sponsoring eine grössere Bedeutung erhalten. Dazu brauchen wir aber ein gutes System, das die akademische Unabhängigkeit gewährleistet.

Ein gewisses, bisher eher vernachlässigtes Potenzial sehen wir bei den Alumni. Diesen Bereich wollen wir gezielt aufbauen, aber nicht in der Erwartung, dass uns hier sofort Mittel zufliessen. Wir müssen den Alumni zunächst etwas bieten, bevor wir etwas zurückerhalten. Diese Anstrengungen tragen aber, wie gesagt, erst mit der Zeit Früchte und können die aktuellen Kürzungen nicht kompensieren.

Im vergangenen Jahr betrugen die Einnahmen aus den Studiengebühren 23 Millionen Franken. Eine Verdoppelung würde die einzusparende Summe gerade ausgleichen. Der Kantonsrat hat zwar 2004 entschieden, die Studiengebühren nicht anzuheben. Muss eine Gebührenerhöhung nun wieder auf die politische Traktandenliste?

Wir verstehen den Entschied des Kantonsrates als klares Bekenntnis, dass die Universität auch ohne Gebührenerhöhung ausreichend finanziert werden soll. Solange diesem Bekenntnis nachgelebt wird, besteht aus unserer Sicht kein Anlass, das Thema Studiengebühren wieder auf den Tisch zu bringen.

Wie sehen die Aussichten längerfristig aus? Muss ab 2009 wieder deutlich mehr Geld vorhanden sein?

Wir müssen sicher haushälterisch mit unseren Mitteln umgehen. Andererseits wird es einen harten Wettbewerb um das beste Bildungsangebot geben. Wenn wir an der Spitze mithalten und insbesondere ab der Masterstufe auch international die besten Studierenden anziehen wollen, dann müssen wir mehr investieren, dazu reichen die jetzigen Mittel nicht. Die Finanzierung ist aber nur ein Aspekt in diesem Wettbewerb. Mit Universitäten in den USA, China oder Indien, die eine knallharte Selektion betreiben, können wir mit unserem Konzept des freien Zugangs nicht ohne weiteres mithalten.

Ist der Spagat zwischen Spitzenuniversität und breiter öffentlicher Bildungsinstitution überhaupt machbar?

Dieser Spagat ist meiner Meinung nach nur machbar, wenn wir zwischen der Bachelor- und der Masterstufe eine gewisse Selektion einbauen. Das heisst, der Zugang zum Bachelorstudium steht jedem offen, danach sollten wir nach Begabung und Leistung auswählen können. Dazu müsste der Bachelor als Basisstudium konzipiert sein, nach dem man ins Berufsleben übertreten kann. Diese wichtige und heikle Frage ist aber noch in keiner Weise ausdiskutiert.

Im Moment ist ja noch nicht klar, wie die Wirtschaft auf die neuen Abschlüsse reagiert und ob Abgängerinnen und Abgänger mit einem Bachelor eine Stelle finden werden.

Für uns ist es deshalb sehr wichtig, dass der Bachelor ein vollwertiges Studium ist. Denn nur so erreichen wir eine gewisse Reduktion der Studierendenzahlen auf Stufe Master. Wenn viele Studierende nur drei Jahre an der Universität sind, dann können wir ihnen auch eine bessere Betreuung bieten. Zunächst müssen wir die Studienreform aber erst einmal umsetzen und Erfahrungen sammeln. Danach sollten wir aber den Mut haben, diese Fragen zu überdenken.