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Schneller Professor werden

Immer häufiger führt eine akademische Laufbahn über eine Assistenzprofessur. Doch nur wer sehr gute Leistungen erbringt, hat eine Chance weiterzukommen. 
Felix Straumann

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Erklimmen die nächste Stufe auf der Karriereleiter: die Tenure-Track-Professoren Hans-Ueli Vogt (links) und Raimund Dutzler und die SNF-Assistenzprofessorin Julia Fritz-Steuber.

Vorerst haben es Hans-Ueli Vogt, Julia Fritz-Steuber und Raimund Dutzler geschafft: Sie sind glückliche Inhaber einer Professur an der Universität Zürich und können mit einer eigenen Forschungsgruppe ihre wissenschaftlichen Projekte verfolgen. Doch ihr Glück könnte von kurzer Dauer sein: Sind sie in den nächsten Jahren wissenschaftlich nicht erfolgreich, müssen sie ihren Platz räumen und eine neue Stelle suchen.

Rund 50 Assistenzprofessuren an der Universität Zürich

Vogt, Fritz-Steuber und Dutzler gehören zu den zurzeit rund fünfzig Assistenzprofessorinnen und -professoren an der Universität Zürich. Diese Art Stellen existiert schon länger, sie wurden aber vor allem in den letzten Jahren vermehrt geschaffen, um damit die akademische Laufbahn attraktiver zu machen und begabte junge Forschende nach Zürich zu holen. Denn der Weg von der Assistenz zur ordentlichen Professur ist lange, beschwerlich und mit zahlreichen Tücken belastet. Viele Universitätsabgänger scheuen sich deshalb oft, trotz Talent für die Forschung, vor einer Universitätskarriere und versuchen ihr Glück in der Wirtschaft oder bei den Behörden.

Die Assistenzprofessur gehört zu den Förderungsmassnahmen der Universität Zürich, welche die lange Durststrecke zum Professor verkürzen und erleichtern sollen. Gegenüber der Anstellung als Oberassistentin oder -assistent bietet die Assistenzprofessur vor allem mehr Freiheit. Die Forschenden verfügen über eigene Gelder, können eine Forschungsgruppe aufbauen und selbst bestimmen, welches ihre Projekte sind. Dies ist zwar eine grosse Chance – aber eben auch ein Risiko: Bereits nach drei Jahren wird die Qualität der Forschung evaluiert. Nur wer eine gute Leistung erbringt, kann seine Stelle um maximal drei weitere Jahre verlängern. Spätestens dann ist aber definitiv Schluss. «Die Assistenzprofessorinnen und -professoren müssen sich während ihrer Anstellung ein Renommee erarbeiten, um sich danach erfolgreich auf eine feste Stelle bewerben zu können», erklärt Alexander Borbély, Prorektor Forschung.

Den guten Ruf in die Welt hinaustragen

Für die Universität Zürich ist es natürlich schade, wenn Forschende, die sich mit ­einer Assistenzprofessur einen Namen gemacht haben, nach sechs Jahren wieder gehen. Doch die Vorteile überwiegen: «Für die Universität ist es ein Leistungsausweis, wenn unsere Assistenzprofessoren wegberufen werden», sagt Borbély. Die Forschenden würden den guten Ruf der Universität Zürich in die Welt hinaus tragen und die Institution für den neuen Nachwuchs noch attraktiver machen.

Jährliche Evaluationsgespräche

In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Assistenzprofessuren an der Universität mehr als verdoppelt. Der Grund: Die Stellen können einfacher geschaffen werden. Früher war die Assistenzprofessur Teil der langfristigen Planung. Heute kann auf Initiative eines Instituts hin eine Oberassistierendenstelle vergleichsweise kurzfristig umgewandelt werden.

«Das Institut muss die neue Stelle dann allerdings ausschreiben. Wir wollen nicht einfach den Oberassistenten befördern», so Borbély. Neu ist auch der von noch nicht allen Fakultäten umgesetzte Auftrag, Assistenzprofessorinnen und -professoren während ihrer Anstellung mit jährlichen Evaluationsgesprächen zu begleiten. «Es genügt nicht, jemanden zum Assistenzprofessor zu ernennen und dann nach einigen Jahren zu schauen, ob er erfolgreich war», sagt Borbély. In den Gesprächen können mögliche Probleme bei der Arbeit oder der Zukunftsplanung früh erkannt und angegangen werden.

Wählte die Universität Zürich als für sie besten Forschungsplatz: die SNF-Assistenzprofessorin und Biochemikerin Julia Fritz-Steuber.

Die 38-jährige Biochemikerin Julia Fritz-Steuber ist seit einem Jahr Assistenzprofessorin. Ihre Stelle finanziert jedoch nicht die Universität Zürich, sondern der Schweizerische Nationalfonds (SNF). Dieser vergibt seit 2000 jährlich die so genannten Förderungsprofessuren an den Schweizer Nachwuchs.

Förderungsprofessuren des Schweizerischen Nationalfonds

Gesamtschweizerisch wurden 216 solcher Förderungsprofessuren vergeben, 31 gingen an die Universität Zürich. Bei der Vergabe spielt die Frauenförderung eine wichtige Rolle: Der Frauenanteil liegt bei vierzig Prozent. Die SNF-Stellen sind für die Hochschulen interessant: Sie sind eine willkommene Geldquelle und zugleich ein Leistungsausweis, denn Förderungsprofessorinnen und -professoren können selber bestimmen, an welcher Schweizer Forschungseinrichtung sie mit dem gesprochenen Geld arbeiten wollen. Julia Fritz-Steuber, die vor ihrer Professur Oberassistentin an der ETH war, hat sich für die Universität Zürich entschieden: «Auf meinem Forschungsgebiet ist die Universität Zürich speziell gut und verfügt über eine exzellente Infrastruktur», so die Biochemikerin.

Wie bei den übrigen Assistenzprofessuren ist auch bei den Förderungsprofessuren die Anstellungsdauer beschränkt. Nach vier bis maximal sechs Jahren müssen hier die Forschenden an einem anderen Ort untergekommen sein. Mit dieser Situation kann Fritz-Steuber gut leben: «Das ist das normale Spiel, es geht allen ähnlich.» Klar müsse es in den nächsten Jahren mit der Forschung laufen, damit sie danach gute Chancen auf dem akademischen Stellenmarkt hat. Sie hält schon jetzt die Augen nach neuen, festen Stellen mit Perspektive offen. «Ich würde natürlich gerne auch später in der Schweiz bleiben», sagt die Förderungsprofessorin, «ich schaue mich aber überall auf der Welt um.»

Beschränkte Anstellungsdauer

Muss dank Tenure-Track-Stelle seinen Lebensunterhalt nicht in der Privatwirtschaft verdienen: der habilitierende Rechtswissenschaftler Hans-Ueli Vogt.

Diese Stellensuche fällt beim Rolls-Royce unter den Assistenzprofessuren, der Tenure-Track-Stelle, weg. Wer eine solche Position erhält, kann nach maximal sechs Jahren mit einer festen Professur als Extraordinarius rechnen – vorausgesetzt, dass die Leistungen in Forschung und Lehre auch im internationalen Vergleich hervorragend sind. Das Tenure-Track-Versprechen gibt die Universität Zürich allerdings nicht oft: Im Moment sind elf solcher Professuren besetzt – eine davon durch den 36-jährigen Rechtswissenschaftler Hans-Ueli Vogt. Er hat die Stelle seit Frühling 2003 inne und arbeitet an seiner Habilitationsschrift. Vogt freut sich darüber, dass er diese Stelle ergattert hat: «Um meine Habilitation zu schreiben, müsste ich sonst den externen Weg mit einer Anstellung bei einem Anwaltsbüro gehen.»

Hat dank Tenure-Track-Stelle die Universität Zürich den USA vorgezogen: der Biochemiker Raimund Dutzler.

Die meisten Tenure-Track-Stellen werden an der Medizinischen und der MNF-Fakultät angeboten. Raimund Dutzler vom Biochemischen Institut hat eine davon. «Ohne die Zürcher Professur hätte ich ein äquivalentes Angebot einer amerikanischen Universität angenommen», sagt der 37-jährige Forscher selbstbewusst. Er hatte dort eine attraktive Stelle im Team des Nobelpreisträgers Rod MacKinnon. Dank dem Tenure-Track-Angebot konnte die Universität Zürich ihn dennoch für sich gewinnen. «Die Stelle der Universität Zürich ist sehr attraktiv und entspricht dem, was in den USA angeboten wird», so Dutzler.

Auch beim Tenure Track wird nach drei Jahren die Qualität der wissenschaftlichen Arbeit evaluiert. Sowohl Vogt als auch Dutzler sind zuversichtlich, dass sie die Überprüfung bestehen werden; die Forschung läuft bei beiden gut. Dennoch, auch eine Assistenzprofessur mit Tenure Track ist ein Risiko. Nicht immer läuft ein Projekt so, wie man es sich vorstellt. «Es wurde kürzlich der Inhaber einer Tenure-Track-Stelle nicht befördert, weil er die hohen Anforderungen nicht voll erfüllte», sagt Prorektor Borbély.

Verlockend für den Nachwuchs

Tenure-Track-Assistenzprofessuren sind offensichtlich sehr verlockend für den Nachwuchs. Der Universität Zürich dienen sie vor allem dazu, bereits erfolgreiche Jungforscherinnen und -forscher zu holen und zu binden. Die wenigsten, die jetzt eine solche Stelle innehaben, wären sonst hier ohne das Versprechen einer späteren Professur. So auch Lukas Keller vom Zoologischen Museum: «Ohne Tenure Track hätte ich mich nie auf die Stelle beworben.» Der Schweizer Biologe hatte bereits eine attraktive Stelle an der University of Glasgow und konnte nur dank der Aussicht auf eine dauerhafte Rückkehr für Zürich gewonnen werden. Bleibt die Frage, warum nicht mehr dieser Stellen geschaffen werden. Der Grund liegt im Versprechen einer festen Anstellung, die eine langfristige Planung verlangt. «Wir können Tenure-Track-Stellen nur schaffen, wenn eine feste Professur frei wird», erklärt Borbély.

Ob Assistenzprofessuren mit oder ohne Tenure Track: Die Situation für den Wissenschaftsnachwuchs ist besser geworden. Die Forschenden, die eine solche Stelle innehaben, müssen sich nicht mehr in Abhängigkeit von Vorgesetzten hochdienen, sondern können sich selbständig bewähren. Den Konkurrenzkampf um die besten Stellen gibt es allerdings weiterhin – und damit auch das Risiko zu scheitern. Der Weg nach oben bleibt also steinig. Deshalb bilden ­neben hochkarätiger Forschung weiterhin ein gutes Netzwerk, eine grosse Bereitschaft zur Mobilität und auch eine rechte Portion Glück die wichtigsten Ingredienzien einer erfolgreichen Universitätskarriere.